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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (Die Linke): 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verglichen mit den emotionalen Höhepunkten einiger Debatten von gestern, 

(Lachen bei der Linken - Zuruf: Kommt noch!)

scheint es sich hierbei um ein sehr spezifisches Thema zu handeln, das noch nicht so richtig in der Lage ist, die Emotionen zu wecken. Auch der Humor kommt hierbei noch etwas zu kurz. Leider werde auch ich eine solche Erwartungshaltung heute wahrscheinlich nicht erfüllen. 

Ein Satz vorweg: Zur Entwicklung der KI braucht man zuallererst einmal NI. Wenn wir uns darüber unterhalten, wie wir in Sachsen-Anhalt gerade unter wirtschaftspolitischen Aspekten weiterkommen, dann sage ich: Die Basis all dieser Dinge ist eine vernünftige und gute Bildungspolitik. 

(Beifall bei der Linken)

Ich habe auch überlegt, Thomas Lippmann zu fragen, ob er hier zu diesem Thema spricht, aber die Sache mit den Lehrern kennen wir nun alle. Die Frage, wie intensiv die digitale Bildung in der Schule wirklich realisiert wird, hängt natürlich ganz stark davon ab, ob wir in der Lage sind, die Rahmendaten für die Schulsysteme überhaupt zu realisieren. Daran krankt es ziemlich stark. Ich wollte am Anfang zumindest kurz darauf hinweisen, dass wir ohne eine vernünftige Bildungspolitik auch auf diesem Feld nicht weiterkommen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Nun kommen wir stärker unter dem Aspekt der realen Entwicklungschancen unserer Wirtschaft auf dieses Thema zu sprechen. Ich glaube schon, dass wir in Sachsen-Anhalt ein paar Champions haben   möglicherweise Champions  , was noch nicht allen bewusst ist. Ich nenne einmal das Fraunhofer Institut in Magdeburg, das sich hier am Standort Sachsen-Anhalt seit vielen, vielen Jahren mit der Modellierung von Produktions- und Logistikmodellen im globalen Maßstab beschäftigt und in einigen Bereichen Vorreiter bei der Entwicklung von modellierten Produktionsmodellen ist, um Optimierungen bereits bei der Entwicklung von Anlagen zu realisieren, ohne dass die Anlagen überhaupt existieren. Ich finde, es ist durchaus erheblich, was dort getan wird. Darüber reden wir leider zu wenig.

Ich will ein zweites Beispiel anführen, und zwar das Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg, das tatsächlich mithilfe solcher Instrumente Diagnosemöglichkeiten eröffnet und unterstützende Maßnahmen und unterstützende Programme entwickelt, die uns auch im Kontext der Telemedizin weiterbringen können. 

Ich will aber in diesem Kontext darauf zurückkommen, dass vor ca. anderthalb Jahren in Magdeburg eine Veranstaltung dieses Instituts stattgefunden hat, in der ausdrücklich die Risiken der Anwendung von KI erläutert worden sind. 

Als ein Beispiel hat das Institut angeführt, dass für die Identifikation von bestimmten Lungenerkrankungen die Abhängigkeit von Rahmenbedingungen, unter denen die Menschen leben, für diese Lungenerkrankungen dadurch herausgefiltert worden sind, dass man eine riesige Menge von Röntgenbildern aus der gesamten Welt aggregiert hat und versucht hat, die Rahmenbedingungen festzustellen, die positive Faktoren für die Entwicklung dieser Krankheit darstellen. Die KI hat dann ausgespuckt, dass diese Krankheit besonders häufig in Afrika auftritt. Dann hat man sich die realen Daten angesehen und festgestellt: Das stimmt gar nicht. Sie hat keinen besonderen Schwerpunkt in Afrika. 

Nach langer, langer Analyse hat man herausbekommen, dass die Röntgenbilder, die aus Afrika kamen, häufiger von alten Röntgenapparaten stammten, die eine gewisse Unschärfe mit sich gebracht haben. Dies hat dazu geführt haben, dass die KI die These aufgestellt hat, dass diese Krankheit besonders häufig in Afrika aufgetreten ist. Man hat festgestellt, dass es an den Röntgenbildern liegt, die man aus Afrika bekommen hat. 

Die Frage, die in diesem Kontext gestellt worden ist, lautet: Wer ist am Ende eigentlich für das Ergebnis, das die KI liefert, verantwortlich? Ist es die KI oder ist es der Mensch, der sie programmiert, oder ist es die Firma, die diese KI an die Krankenhäuser verkauft? Das ist die eigentliche spannende und interessante Frage in diesem Bereich. 

Man könnte es im Politikerjargon, im Beamtenjargon formulieren: Am Ende einer Entscheidung muss ein Mensch schuld sein und nicht die KI. Wir brauchen die individuelle Verantwortung und die individuelle Verantwortung kann nicht an eine Maschine abgegeben werden. Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.

(Zustimmung bei der Linken)

An dieser Stelle haben wir es durchaus mit der Frage zu tun: Aus welchen Rahmenbedingungen heraus kann sich eine KI entwickeln? Ob sich die KI entwickeln kann oder nicht, hängt davon ab, welche Informationen ihr zugänglich gemacht werden. 

Natürlich fand ich es interessant   das muss ich ganz ehrlich sagen  , dass, als die Chinesen mit einem entsprechenden Modell auf den Weltmarkt kamen, das deutlich weniger Energie verbraucht, deutlich weniger Aufwand bedeutet und deutlich bessere Ergebnisse erzielt, alle vor dem Modell der Chinesen warten. Und sie warnten völlig zu Recht davor; denn diese KI ist nur mit einem bestimmten Informationszugang entwickelt worden. 

Ich habe mich dann wirklich gefragt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, dachtet ihr, dass das bei Herrn Musk bisher anders war? Natürlich ist es so   das sagt er auch dezidiert und das haben wir doch bei dem amerikanischen Wahlkampf erlebt  , dass alle Systeme, die in diesen amerikanischen Tech-Konzernen entwickelt worden sind, mit ausdrücklichen politischen Zielstellungen entwickelt worden sind. Der gibt doch nicht Milliarden zur Beeinflussung von politischen Entscheidungen, politischen Wahlen in der ganzen Welt aus, und ausgerechnet die Systeme aus den Tech-Konzernen werden politisch neutral gestaltet. 

Deswegen ist die logische Konsequenz, und zwar nicht nur bei den Chinesen: Wir brauchen eine öffentliche Kontrolle über die Entwicklung von KI und über den Zugang der Informationsmaterialien für die KI. Das ist die Aufgabe der Europäischen Union und auf diese müssen wir uns konzentrieren. Wer die Europäische Union zerstören will, der hängt uns ab,

(Beifall bei der Linken - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

denn dieser Rahmen ist die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt eine demokratisch kontrollierte KI-Entwicklung realisieren. 

Ich weiß, dass es bei dieser Debatte über die KI immer zwei Varianten gibt. Für die einen ist es eine herausragende technologische Möglichkeit, die uns alle Probleme vom Hals hält. Ich will klar sagen, dass es für mich bisher kaum möglich ist, die Entwicklungsmöglichkeiten, die sich innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre aus der Anwendung der KI ergeben, zu überschauen. 

Ich will auf einen Punkt hinweisen, für den die Entwicklung von KI extrem wichtig ist, und zwar unmittelbar bezogen auf Sachsen-Anhalt. Hierbei geht es z. B. um die energiepolitischen Debatten, die wir hier führen. Ich denke manchmal: Liebe Leute, wir tun hier so, als würden wir all diese Möglichkeiten, die uns die KI gerade in dem Bereich von Energiepolitik bietet, überhaupt nicht wahrnehmen. 

Es gibt z. B. die klare Aussage: Die wichtigste Speicherkapazität bei der Energieverwendung   ich rede von der Verwendung elektrischer Energie   ist das Netz. Warum? - Weil es natürlich die Möglichkeit gibt, zwischen einer unüberschaubaren Zahl von Produzenten auf der einen Seite und Konsumenten von Energie auf der anderen Seite mithilfe des Netzes Ausgleiche zu schaffen, die uns aus genau dieser wirklich völlig anarchischen Grundlastdebatte herausholen. Die optimale Orientierung, die optimale Koordinierung von Verbrauch und Erzeugung ist im Grunde genommen ein großer Speicher. Damit wird es uns ermöglicht, von den sogenannten alten, fossilen Grundlastenergien wegzukommen. 

(Zustimmung bei der Linken - Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Wenn wir uns darauf orientieren und diese Dinge erkennen, dann würden wir ganz andere Debatten führen. 

Ich will auch ein anderes negatives Beispiel nennen   ich mache das ganz bewusst; das mag den einen oder anderen aufregen  : Die Entscheidung über Leben und Tod wird zurzeit in den verschiedenen Kriegen dieser Welt entmenschlicht, und zwar übertragen auf KI. 

(Zustimmung bei der Linken)

Wir kennen die Debatten um die Drohnenkriege, die inzwischen nicht nur in der Ukraine, sondern an vielen anderen Orten auf dieser Welt existieren. Ich kann Ihnen empfehlen, sich die ausführlichen Analysen und Recherchen amerikanischer Zeitungen zur Anwendung eines Programms der IDF im Gazakrieg anzusehen, bei dem allein die Existenz von Handydaten dazu geführt hat, dass ein Computer entscheidet, welches Haus bombardiert wird, ohne dass es einen realen menschlichen Eingriff gab. Das wurde dann dementiert. Die IDF hat gesagt: Wir haben immer noch geguckt, ob das Handy einem Mann gehört. Das war das einzige Kriterium. Ansonsten hat eine KI aufgrund der Existenz von Handydaten darüber entschieden, wo ein Haus im Gazastreifen wann bombardiert wird. 

Das ist eine Entwicklung, vor der wir uns wirklich in Acht nehmen müssen. Wir brauchen eine demokratische KI-Entwicklung. 

(Beifall bei der Linken)

Wir brauchen eine Entwicklung von KI, die die Informationen zugänglich macht, und wir brauchen Menschen und Politiker, die am Ende die Entscheidung vertreten. - Danke.