Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können die Aufregung gleich wieder etwas herunterkochen. Es ist völlig selbstverständlich: Für die Lehramtsausbildung ist der Wissenschaftsminister zuständig.
(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von Ministerin Eva Feußner - Frank Bommersbach, CDU: Bravo!)
Allerdings werden diejenigen, die in diesem System ausgebildet werden, im Anschluss in das Bildungsministerium überführt und dort exzellent betreut.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Wir haben allerdings Überschneidungen. Das werden Sie in meinem kleinen Beitrag auch gleich erkennen. Wir haben Überschneidungen; das ist auch richtig so. Es gibt beim Lehramtsstudium eine engere Verzahnung als in anderen Studiengängen. An dieser Stelle muss es eine engere Abstimmung geben; deshalb redet die Bildungsministerin übrigens bei den Zielvereinbarungen für die Lehrerbildung auch immer mit und sie darf sie auch mit unterschreiben.
(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der CDU)
Meine Damen und Herren! Von den 1 200 Erstsemesterstudienplätzen in Sachsen-Anhalt sind bei etwa 4 800 Abiturienten und Abiturienten erst etwa 900 Erstsemesterstudienplätze besetzt. Das heißt, wir haben noch Luft nach oben, wie es gern genannt wird. Daher ist es sinnvoll, darüber nachzudenken, ob es Ausbildungsmodelle gibt, die anders sind als die bisherigen und herkömmlichen, die möglicherweise nicht hinreichend attraktiv sind oder jedenfalls manchen hemmen und zurückhalten, das Lehramtsstudium aufzunehmen.
Deshalb ist grundsätzlich über das Modell Stufenlehrer genauso nachzudenken und genauso zu reden wie über andere Modell. Das geschieht sinnvollerweise auch im Bildungsausschuss ebenso wie im Wissenschaftsausschuss.
Liebe Frau Sziborra-Seidlitz, da Sie gerade so schnell gesagt haben, das sei alles bewegungslos und wir täten zu wenig, gestatten Sie mir folgenden Hinweis: Wir, dieser Minister, haben im Bildungsgipfel im Januar vorgeschlagen, dass wir als zweites Bundesland überhaupt in Deutschland ein duales Ausbildungsmodell für das Lehramt einführen wollen.
(Zustimmung bei der CDU und von Ministerin Eva Feußner)
Hierbei geht es um ein Anwärtermodell, das die hinreichende Attraktivität für junge Menschen hat, die schon in der Ausbildungsphase wie Anwärter bezahlt werden. Sie kennen das Ganze; ich will es nicht weiter ausführen. Wir sind nicht ganz so fantasielos, wie Sie es vielleicht meinen. Ich vermute sogar, dass wir etwas schneller fertig werden als das andere Bundesland, das auch solche Erwägungen anstellt. Dann werden möglicherweise die anderen Bundesländer schauen, wie es bei uns funktioniert.
Ich bin ganz optimistisch. Dieses Lehramt, dieses Anwärtermodell bzw. dieses duale Studium - darunter verstehen manche etwas mehr , dieses Modell adressiert bewusst das Sekundarschullehramt; denn das ist in der Tat unsere große Baustelle. Hierbei ist die Attraktion offenbar zu niedrig oder zu gering; deshalb wird dieses Fach nicht angewählt.
Das Modell des Stufenlehrers ist durchaus vernünftig. Es wird andernorts auch schon praktiziert. Wir müssen nicht so tun, als ob wir grundstürzend alles neu machen. Aber wir sollten auch ganz offen über Vor- und Nachteile reden.
De facto absolviert in einem Stufenlehrermodell jeder Student den Sekundarstufe-II-Abschluss, um ein nach den KMK-Standards bundesweit anerkanntes Examen absolvieren zu können; das ist das Ziel des Ganzen. Daran halte ich auch fest. Es mag den einen oder anderen im Raum geben, der gelegentlich der Verlockung erliegt, zu sagen, wir bilden nur für unser Land aus, damit die jungen Menschen nicht weggehen können und hierbleiben. Nein, das wollen wir nicht. Wir sind attraktiv an unseren Universitäten und Hochschulen, weil wir Abschlüsse vermitteln, die in der ganzen Bundesrepublik anerkannt sind und dazu führen, dass man seinen Beruf ausüben kann.
(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, von Guido Heuer, CDU, und von Ministerin Eva Feußner)
Gut an dem Modell des Stufenlehrers ist, dass der spätere Einsatzort, ob Sekundarschule oder Gymnasium, dadurch tatsächlich offener wird und dass wir im Gegensatz zum bisherigen lehramtsbezogenen Modell sagen, wir haben eine größere Verwendungsbreite, wie es heißt. Das ist für uns natürlich von Interesse, insbesondere im ländlichen Raum. Jenseits unserer beiden Großstädte Halle und Magdeburg ist es nämlich durchaus schwieriger, Lehrkräfte zu gewinnen.
Allerdings gibt es ein paar technische Unterschiede. Bislang ist das Studium für das Sekundarschulehramt, wie es bei uns eingerichtet ist, ein Semester kürzer als das für das Gymnasiallehramt. Das muss man wissen. Aber das ist kein entscheidender Grund. Man kann das anders aufziehen. Man muss über die einzelnen Modelle diskutieren. Das haben die Hochschulrektorenkonferenz und die Friedrich-Ebert-Stiftung auch schon getan. Andere Länder haben ähnliche Modelle bereits eingeführt.
Die flexiblen Einsatzmöglichkeiten sind für das Land attraktiv und für die jungen Leute möglicherweise auch, weil sie sehr früh einen hinreichenden Praxisbezug bekommen und an den Schulen ihrer Wahl, so möchte man sagen, oder auch an den Schulen der Wahl des Landes tätig sein können. Denn wir möchten es schon ein Stück weit steuern. Ich glaube, es ist auch im Interesse der Kollegin Feußner, dass wir dafür sorgen, dass das Interesse für das notleidende Sekundarschullehramt an der Stelle gesteigert wird.
(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, und von Ministerin Eva Feußner)
Ich glaube nicht, was gelegentlich gesagt wird, dass die Zahl der Studienabbrecher dadurch steigt, dass möglicherweise alle nunmehr auf einen fachwissenschaftlich höheren Anteil im Studium verwiesen werden. Ich freue mich übrigens über die Innovationskraft der Martin-Luther-Universität, die sich ihrerseits immer wieder dafür ausgesprochen hat und anregt, die Lehrämter an Grund- und Förderschulen ebenso wie an Sekundarschulen und Gymnasien miteinander zu verbinden. Das wird in der praktischen Lehre übrigens schon an anderer Stelle getan, und das ist auch gut so.
(Zustimmung bei der SPD)
Meine Damen und Herren! Das ist ein guter Ansatz, über den wir reden müssen. Wir befinden uns in einer Zeit des bundesweit bestehenden erheblichen Fachkräftebedarfs im Lehramt. Ich darf Ihnen verraten, das Wissenschaftsministerium und auch der Wissenschaftsminister halten viel davon, in dieser Zeit nicht nur die ausgetrampelten Pfade zu begehen, sondern auch neue Wege zu versuchen,
(Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD, und von Guido Heuer, CDU)
um dadurch unseren Lehrkräftebedarf decken zu können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Hört, hört! bei der CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Willingmann, ich glaube, Frau Dr. Schneider wollte eine Frage stellen.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Die Frau Dr. Schneider.
Dr. Anja Schneider (CDU):
Das ist aber nett. Es freut mich unwahrscheinlich, zu hören, dass Sie bereit sind, neue Wege zu versuchen. Ich denke, das gebietet auch das gute Miteinander; das habe ich auch erwartet. Sie sprachen gerade von dem dualen Studium und von dem Bildungsgipfel. Ich möchte anmerken: Die CDU-Fraktion hat das Thema des dualen Studiums zwar nicht erfunden, aber wir bringen das seit mehreren Monaten - um nicht zu sagen, seit fast schon einem Jahr - ganz massiv nach vorn. Es freut mich sehr, dass wir uns dabei ein Stück weit näherkommen.
Eine weitere Anmerkung. Wir haben nicht nur im Sekundarschulbereich große Bedarfe. Das ist eine recht schwierige Schulform. Auch der Grundschulbereich benötigt dringend mehr Strukturen und mehr Lehrer. Ich bin sehr froh über Ihre Darstellung, dass Sachsen-Anhalt nicht nur aus Halle und Magdeburg besteht; denn gerade der ländliche Bereich hat enorme Schwierigkeiten.
Sie haben auch davon gesprochen, dass sich andere mehr vorstellen. Können Sie noch einmal kurz darstellen, was Sie selbst unter diesem „Mehr“ verstehen? Vielleicht sagen Sie auch, was geht und was gar nicht geht. Aus meiner Sicht kann es nicht das Ergebnis sein, dass das, was beim Bildungsgipfel vorgeschlagen wurde, also 30 duale Studenten, bedeutet, dass 30 bestehende Studenten in ein duales Studium überführt werden. Denn dadurch ergibt sich kein Mehr; das wäre nur ein Verschiebebahnhof.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Frau Schneider, es fällt mir schwer, darauf zu antworten. Aber es zeigt, wie richtig es war, am Anfang meiner Rede noch einmal die Zahlen zu nennen. Wir haben von 1 200 Studienplätzen nur 900 besetzt. Ein Hin-und-her-Schieben spielt daher überhaupt keine Rolle. Ob diese 30 zusätzlichen Studenten aus den 1 200 Studenten generiert werden oder ob es die Studienplätze 1 201 bis 1 230 sind, ist für uns uninteressant. Entscheidend ist: Wenn es Anwärterstudienplätze sind, werden sie künftig im Einzelplan des Bildungsministeriums geführt werden müssen. Denn das sind junge Menschen, die von der ersten Stunde an ein Salär erhalten; über die Höhe müssen wir reden. Das ist ein völlig anderes Modell als das, was wir bisher kennen. Das hat auch nichts mit einem Stipendium zu tun, sondern das sind Beschäftigte, die vom ersten Tag ihrer Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst an auch einen Alimentationsanspruch haben. Das muss man sich klar machen.
Lassen Sie uns nicht ringen über die Frage, ob wir noch mehr Studienplätze brauchen als die 1 200. Ich sage Ihnen: Wir brauchen zunächst diese 30 Anwärterplätze. Für den Fall, dass das gut funktioniert, habe ich die Botschaften aus Ihrer Fraktion gehört. Auch der Fraktionsvorsitzende war so freundlich, darauf hinzuweisen, dass er sich noch viel mehr vorstellen könnte.
Ich mache einen Vorschlag: Füllen wir zunächst die 30 Studienplätze. Und wenn wir diese gefüllt haben und sehen, der Andrang wird riesig und wir sind bereit, die Kosten dafür zu tragen, dann können Sie das von mir aus ausweiten. Dann bin ich der Erste, der dafür ist. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)