Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Nach dem, was ich jetzt in der Debatte gehört habe, muss ich meinen Redezettel ein bisschen zur Seite legen. Aber ich will ganz deutlich an den Anfang stellen, dass wir in Sachsen-Anhalt im Bereich der Hochschulpolitik auf zwölf Jahre Wissenschaftspolitik, Hochschulpolitik zurückblicken, in denen an unseren Hochschulen tatsächlich Ruhe eingekehrt ist. Es gibt keine Demonstrationen wegen gekürzter Mittel,
(Hendrik Lange, Die Linke: Das stimmt aber nicht! Für Halle stimmt das nicht!)
sondern es gibt Stabilität. Das hat auch etwas in Gang gesetzt, wofür wir alle sehr dankbar sein können, nämlich: Die Hochschulen konnten sich besser auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren.
Ich glaube, wir alle erwarten den Termin im Mai mit Hochspannung, an dem die Entscheidung über die Exzellenzcluster gefällt wird. Warum sage ich das? - Weil es auch ein Zeichen dafür ist, dass manche Gesetze manchmal in Schnelligkeit angestrebt werden.
Vielleicht erinnert sich mancher noch daran: Die damalige Wissenschaftsministerin Wolff wollte damals ganz schnell noch das Hochschulmedizingesetz ändern. Das ist nicht geglückt; das lag auch an den unruhigen Umständen. Manchmal ist es gut, wenn man sich für wichtige Gesetze ein bisschen mehr Zeit nimmt, zumal der Bedarf zur Änderung an der Stelle anscheinend auch gar nicht mehr so groß war.
(Hendrik Lange, Die Linke: Oh, oh, oh!)
Nun komme ich zu den Punkten, die einige Kolleginnen und Kollegen eben angesprochen haben und die mich tatsächlich ein bisschen irritiert haben. Ich weiß, dass wir in der Koalition bei dem Thema Gleichstellungsbeauftragte einen Dissens haben. Aber, werte Kollegen,
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
nach dem geltenden Frauenfördergesetz des Landes Sachsen-Anhalt sind alle hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, z. B. bei den Kommunen, Frauen.
(Eva von Angern, Die Linke, zustimmend: Und so soll es bleiben!)
Das sagt das Gesetz.
(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei der FDP - Marco Tullner, CDU: Aber es gab auch Männer!)
Das sagt das Gesetz. Vor diesem Hintergrund kann die Landesregierung doch nicht einen nicht gesetzeskonformen Vorschlag machen. Genau an dieser Stelle müssen wir erst einmal sagen: Was ist denn jetzt das Recht? Das Recht ist im Frauenfördergesetz geregelt.
Ich will auch auf den Punkt vom Kollegen Tullner eingehen: Warum steht denn darin nichts zum Thema Krankenversorgung? Herr Tullner, ich glaube, aufgrund Ihrer Vorverwendung
(Oh! und Lachen bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)
- der hochkarätigen ,
(Lachen und Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD, und von Juliane Kleemann, SPD)
wissen Sie, dass wir im Hochschulmedizingesetz und auch mit dem Geld, das wir als Land natürlich freundlicherweise unseren Kliniken und den medizinischen Fakultäten zur Verfügung stellen, Forschung und Lehre finanzieren, und nicht die Krankenversorgung. Diese erwirtschaften sie durch die Betreuung und Versorgung von Patientinnen und Patienten. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir über die Entwicklung der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt debattieren, auch diesen Punkt mit in den Blick bekommen.
Ich gerate dabei jedoch ein bisschen in einen Disput mit dem Herrn Kollegen Pott; denn wir werden aufgrund der Veränderungen, die wir im Krankenhaussystem und in der Landschaft erleben,
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
auch aufgrund der Bundesgesetzlichkeit und es ist völlig egal, was in dieser neuen Konstellation jetzt noch passiert,
(Guido Kosmehl, FDP, lacht)
das ist nämlich alles schon beschlossen , auch erleben, dass sich unsere Krankenhausstruktur in Sachsen-Anhalt verändert
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
und dass möglicherweise viele Krankenhäuser tatsächlich in der Grundversorgung von Patientinnen und Patienten bleiben. Deshalb brauchen wir die Universitätskliniken, um genau an diesen Stellen unterstützend, bspw. über Telemedizin, dabei zu sein. Wir brauchen eine stärkere Vernetzung an der Stelle.
(Zuruf von Konstantin Pott, FDP)
Wir brauchen sie als mitwirkende Player in dem Feld. Denn wir haben, gerade wenn es um kurze Hilfsfristen geht und um die Notwendigkeit, den Patienten in kurzer Zeit in einem Krankenhaus zu haben, vielleicht gar nicht all die Fachärzte, die man brauchte, an Bord. Wir müssen die Kooperation mit der Universitätsklinik hier im Land hinbekommen, damit die überhaupt versorgt werden. Ich glaube, wir haben da unterschiedliche Sichtweisen.
Ich persönlich bin sehr froh über die damals getroffene strukturelle Entscheidung in Bezug auf zwei Universitätsklinika hier im Land. Wir brauchen sie für Studienangebote, wir brauchen sie jetzt erst recht für die Versorgung von Patientinnen und Patienten. Wer sich ganz tief in die entstehende Kooperation zwischen den beiden Standorten einlesen möchte das war jetzt rede ich schon wie eine alte Frau früher alles ganz anders ,
(Lachen bei der SPD und bei Minister Prof. Dr. Armin Willingmann)
dem empfehle ich einen Blick in das vorgelegte Hochschulmedizinkonzept Sachsen-Anhalt 2030, das ein deutliches Zeugnis davon ablegt, wie dicht diese beiden Universitätsklinika zusammengerutscht sind, und zwar in Abgrenzung ihrer Bereiche und mit klaren Prioritätensetzungen, insbesondere im Bereich der Forschung.
Von dieser Warte ist es, glaube ich, gut, wenn wir über all diese Dinge im Ausschuss noch einmal debattieren können. Deshalb beantrage ich eine Überweisung in den dafür zuständigen Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und in den Ausschuss für Finanzen. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Dr. Pähle, Sie haben es jetzt geschafft,
(Dr. Katja Pähle, SPD: Es tut mir leid!)
eine erhebliche innerkoalitionäre Debatte anzuregen.
(Konstantin Pott, FDP, lacht)
Es gibt zuerst eine Frage von Herrn Borgwardt. Lassen Sie die zu?
Dr. Katja Pähle (SPD):
Ja.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Okay. - Dann bitte, Herr Borgwardt.
Siegfried Borgwardt (CDU):
Sehr geschätzte Frau Dr. Pähle, liebe Katja! Ich möchte nur eines verbessern: Es gibt einen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Sachsen-Anhalt,
Dr. Katja Pähle (SPD):
In Wittenberg, ja.
(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)
Siegfried Borgwardt (CDU):
das ist nämlich der im Landkreis Wittenberg. Der ist mit Sicherheit männlich.
(Eva von Angern, Die Linke: Das wissen wir, und Frau Pähle weiß es auch!)
Es stimmt also nicht,
(Eva von Angern, Die Linke: Doch, im Gesetz steht das drin!)
dass alle kommunalen hauptamtlichen Beauftragten Frauen sind.
(Eva von Angern, Die Linke: Nein! Das steht aber im Gesetz und das ist eine besondere Geschichte!)
Das wollte ich hier nur einmal sagen. - Ehre, wem Ehre gebührt.
(Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können antworten.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Werter Kollege Siegfried Borgwardt, lieber Siggi!
(Lachen bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)
Ich weiß das. Ich habe ausformuliert, was im Gesetz steht. In § 14 des Gesetzes ist geregelt, dass es Frauen sind.
(Guido Kosmehl, FDP, an die CDU gewandt: Ja, weil ihr umgefallen seid! - Siegfried Borgwardt, CDU: Hä? Umgefallen? Der erzählt einen Mist!)
Deshalb habe ich nur darauf verwiesen. Aber ich kenne die besondere Situation in Wittenberg.
(Minister Prof. Dr. Armin Willingmann, lacht)
Vielen Dank für die Frage.
(Guido Heuer, CDU: Siggi, die Frage war gut!)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Dann können wir fortfahren. Als Nächster hat Herr Tullner eine Frage.
(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)
Wollen Sie die auch zulassen?
Dr. Katja Pähle (SPD):
Gerade so.
(Guido Heuer, CDU: Du bist halt nicht Siggi, Marco! - Unruhe)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Tullner, Sie haben das Wort.
Marco Tullner (CDU):
Liebe Frau Dr. Pähle, Ihre Beiträge sind ja immer sehr inspirierend, aber dieser war es nun besonders, was man auch an der großen Zahl der Fragestellungen sieht. Ich will nur die Frage stellen, die ich stellen muss: Sind Sie mit mir der Meinung, dass das Hochschulmedizingesetz an sich einen engen Rechtskreis regelt, dass aber gerade wir als regierungstragende Fraktionen manchmal vielleicht auch in der Verantwortung stehen, das Regierung-Tragen als motivierend zu sehen?
Wenn wir schon das Thema Medizin im ländlichen Raum in Sachsen-Anhalt mit den vielen Problemen und Erwartungshaltungen, die wir von der Bundesebene über die Landesebene bis hin zu der ganz konkreten Frage, ob man einen Arzttermin bekommt, in den Blick nehmen, dann erwarten die Bürger von uns vielleicht auch ein Konzept dafür.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Ja.
Marco Tullner (CDU):
Natürlich kann man auf Berlin warten und kann immer sagen, die anderen müssen auch etwas machen. Aber ich glaube, dass jetzt die Kritik ja nicht an Herrn Willingmann, sondern an die Landesregierung an sich geht und dass wir dabei eine stärkere Erwartungshaltung haben. Das war mein Punkt. Stimmen Sie mit mir darin überein?
Dr. Katja Pähle (SPD):
Sehr geschätzter Kollege Tullner, ja, ich freue mich das habe ich jetzt quasi als Angebot mitgenommen ; denn genau das können wir im Hochschulmedizingesetz nicht regeln. Aber ich bin gespannt auf die Vorlage aus dem Gesundheitsministerium zum Thema Krankenhausplanung. Dabei ist insbesondere der Versorgungsaspekt ein zentraler Aspekt. Den können wir dann vielleicht auch in den Wissenschaftsausschuss überweisen;
(Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)
dann kann man dort darüber beraten.
Aber das sage ich an dieser Stelle auch ich glaube, wir alle haben trotz alledem bei dem Thema auch ein Interesse daran, dass es schnell und zügig geht. Aber ja, der Versorgungsaspekt spielt für viele, viele, viele Menschen in Sachsen-Anhalt eine zunehmend große und wichtige Rolle.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Jetzt gibt es noch eine Intervention von Herrn Pott. - Bitte.
Konstantin Pott (FDP):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau Dr. Pähle, ich möchte nur eine Sache richtigstellen. Wir haben gar nichts und auch ich habe gar nichts gegen Kooperationen zwischen Unikliniken und den Krankenhäusern im Land. Ich habe aber etwas dagegen, wenn Universitätskliniken plötzlich einen koordinierenden Auftrag bekommen und dann faktisch sagen: Krankenhaus A macht dies, Krankenhaus B macht jenes.
Das ist in meinen Augen eine Planungsaufgabe der Landesregierung und das sollte es auch bleiben. Deswegen habe ich diesen Punkt kritisch angemerkt. Ich denke, wir sollten darauf achten, dass das am Ende nicht passiert. Universitätskliniken nehmen einen wichtigen Teil in der Gesundheitsversorgung wahr und das sollen sie auch tun. Aber sie sollen nicht am Ende die Planungsaufgaben des Landes erfüllen.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Herr Kollege Pott, an dieser Stelle sind wir beieinander. Vielleicht sollten wir bei der Beratung zu dem Gesetzentwurf auch über den Begriff Planungsfunktion oder Planungsaufgabe diskutieren. Denn, ganz ehrlich: Auch wenn das Land darstellt, wie die unterschiedlichen Akteure miteinander arbeiten sollen, und die Planung vorlegt, braucht es nachher eine Stelle da sehe auch ich die Universitätsmedizin , die in der Kooperation mit anderen Krankenhäusern z. B. am Anfang der Woche sagt: Wir haben an dem Krankenhaus aufgrund der Krankenwelle keinen Kardiologen; wir haben das an dieser Stelle nicht und an jener auch nicht; wir schlagen daher vor, dass wir das jetzt wie folgt machen …
Oder aber, man sagt in der Kooperation mit anderen Krankenhausstandorten, wie man bestimmte Leistungen im Extremfall so miteinander abstimmen kann, dass diese 24/7 für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen, damit es nicht dazu kommt wie wir es aktuell an manchen Stellen haben , dass es zwar statistisch und in den Dokumenten belegt z. B. einen Herzkathetermessplatz gibt, aktuell aber keinen Facharzt zur Verfügung steht.
Dann brauche ich aber den Patienten nicht dorthin zu fahren. Ich glaube, das ist nachher eine Frage, wie man Planungsaufgabe definiert und was man darunter versteht. Aber darüber können wir sicherlich noch einmal im Ausschuss beraten. - Vielen Dank.