Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sind unverzichtbarer Bestandteil der wehrhaften Demokratie.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD: Da sitzt ja der richtige Präsident vorn!)
Eine Demokratie kann nur dauerhaft Bestand haben, wenn deren Feinde rechtzeitig erkannt und bekämpft werden.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Wie wichtig und aktuell das ist, zeigt uns z. B., auch wenn Sachsen-Anhalt nicht betroffen war, der bundesweite Großeinsatz von Sicherheitsbehörden am 7. Dezember 2022.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Daniel Rausch, AfD: Jetzt kommt der Rollator! Das kann doch nicht wahr sein! - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Jetzt kommen Sie damit!)
Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben in den letzten Monaten eine unter Terrorverdacht stehende Gruppierung sogenannter Reichsbürger festgestellt
(Guido Kosmehl, FDP: Und Querdenker!)
und am 7. Dezember 2022 umfangreiche Durchsuchungsbeschlüsse der Generalbundesanwaltschaft vollstreckt.
Ich habe gelesen, dass Teile der AfD diese Durchsuchungsmaßnahmen als Ablenkungsmanöver bezeichnet haben. Ich glaube, allein die Vorstellung ist absurd, dass solche umfangreichen Durchsuchungsmaßnahmen in mehreren Bundesländern binnen weniger Stunden organisiert werden können. Sie trauen offensichtlich den Polizeien von Bund und Ländern eine Menge zu, aber ich sage Ihnen, dazu bedarf es doch eines längeren zeitlichen Vorlaufs.
(Oliver Kirchner, AfD: Ist doch klar!)
Die Durchsuchungsmaßnahmen waren notwendig, weil die Planungen für den Tag X, ein Synonym für einen Systemumsturz, konkrete Züge angenommen hatten.
(Oliver Kirchner, AfD, lacht)
Dieses Beispiel zeigt exemplarisch, wie das Zusammenwirken der Sicherheitsbehörden in Deutschland funktioniert. Die Verfassungsschutzbehörden beobachten Reichsbürger systematisch seit November 2016. Im Land Sachsen-Anhalt setzte die Beobachtung der sogenannten kommissarischen Reichsregierung wegen ihrer Verbindung zum Rechtsextremismus schon viel früher ein.
Deren Beobachtung erfolgte und erfolgt nicht, weil Reichsbürger eine andere Meinung als Vertreter von Bundesregierung oder Landesregierung haben, sie erfolgte, weil es sich um Bestrebungen handelt, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind.
Daher war und ist es der gesetzliche Auftrag der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, Informationen über diese Reichsbürger zu sammeln und auszuwerten. Dadurch werden die Verfassungsschutzbehörden ihrer Aufgabe gerecht, auch weit vor der Begehung konkreter Straftaten als Frühwarnsystem zu fungieren.
Was heißt das für den Phänomenbereich „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“? Auch hierbei können aus Worten Taten werden, und sie sind es bereits geworden. Im Frühjahr dieses Jahres konnte eine Gruppe, die sich über „Telegram“ zusammenfand, daran gehindert werden, Anschläge auf Stromleitungen und Umspannwerke sowie die geplante Entführung des Bundesgesundheitsministers in die Tat umzusetzen. Sie wollten so bürgerkriegsähnliche Zustände verursachen und schließlich das demokratische System in Deutschland stürzen.
Demzufolge ist die Beobachtung von Personenzusammenschlüssen und Einzelpersonen dieses Phänomenbereichs „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ notwendig und geboten. Nur so kann die Verfassungsschutzbehörde ihrer Aufgabe als Frühwarnsystem gerecht werden. Wer diese gesetzliche Aufgabe des Verfassungsschutzes abschaffen will, der will auch keine wehrhafte Demokratie.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Ich sehe keine Fragen.
(Ministerin Dr. Tamara Zieschang wendet sich dem Präsidium zu)
- Wir haben Sie gut verstanden, Frau Zieschang, also, zumindest akustisch, denke ich, hatten wir gerade kein Problem.