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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! 

„Alt werden ist wie Bergsteigen: Sie kommen ein wenig außer Atem, aber die Aussicht ist viel besser.“ 

(Lachen bei der SPD)

Ein schönes Zitat von Ingrid Bergman. Aber nur wenige haben Hollywoodgagen als Grundstock für die Finanzierung des Lebens im Alter. Viele brauchen im Alter Pflege, sei es zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung.

Mit dem Thema Pflege älterer Menschen oder auch jüngerer, behinderter haben sicherlich die meisten von uns schon im persönlichen Umfeld Erfahrungen gemacht.

Deutschland hat eine alte Bevölkerung. Unter den Bundesländern ist Sachsen-Anhalt diesbezüglich Spitzenreiter. Zudem steigt der Bevölkerungsanteil alter und sehr alter Menschen weiter an.

Auch wenn die Menschen länger fit bleiben als in früheren Generationen, nimmt der Bedarf an Pflege zu. Die meisten Pflegebedürftigen wollen zu Hause bleiben, solange es nur geht. Aber häusliche oder teilstationäre Pflege ist aufgrund der jeweiligen Lebensumstände nicht immer möglich. Die vollstationäre Pflege ist dann oft die bessere oder praktisch einzige Option.

Während es also immer mehr pflegebedürftige Menschen gibt, geht auch der Trend der Kosten steil nach oben. Bereits jetzt berichten mir Einrichtungsleiterinnen, dass Pflegebedürftige, die ihre Eigenanteile von der Rente bezahlen können, die absolute Ausnahme sind. Der Weg über die Sozialhilfe ist in vielen strukturschwachen Regionen die Normalität.

Wenn Menschen nach zig Arbeitsjahren ihren Rentenbescheid mit den voraussichtlichen Pflegeheimkosten vergleichen, dann stellen sie fest, dass der Gang zum Amt vorprogrammiert ist. Pflegebedürftigkeit wird zur Armutsfalle. Dieser Trend geht in die falsche Richtung.

Bereits heute haben viele Einrichtungen Finanzierungslücken, die sie nur mit Krediten überbrücken können. Die Energie wurde teurer, die Lebensmittelpreise und die Investitionskosten stiegen. Seit mehr als einem Jahr sind alle Pflegeheime verpflichtet, Tariflohn oder Lohn in vergleichbarer Höhe zu zahlen. Und das ist richtig so.

Lassen Sie mich eine Sache ganz deutlich machen: Diese Debatte darf nicht auf dem Rücken der Pflegekräfte geführt werden.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Die tarifgebundenen Gehaltserhöhungen der Pflegerinnen und Pfleger sind verdient und notwendig. Wir müssen die richtigen Anreize schaffen, um weitaus mehr Pflegepersonal auszubilden und anzustellen, Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Menschen, die diese Verantwortung übernehmen, auch angemessen zu bezahlen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Pflegeheime verhandeln in erster Linie mit den Pflegekassen oder der Sozialagentur. Auch hierbei müssen wir die Organisationen dringend mit Personal und geeigneter Digitalisierung unterstützen, um schnellere Verhandlungen zu ermöglichen. Dazu wurde in Sachsen-Anhalt schon viel eingeleitet.

Wenn wir die Entscheidungen in den letzten Jahren im Bund betrachten, dann sehen wir auch dort die richtige Stoßrichtung zur Entlastung von, ja, steigenden Kosten: 5 % mehr Pflegegeld, eine gestufte Erhöhung des Pflegekassenzuschusses, weitere niedrigschwellige Unterstützungsangebote. Gleichzeitig wird die Einnahmenseite erhöht durch eine moderate Anpassung der Pflegebeiträge für Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, verbunden mit einer Entlastung für kinderreiche Familien.

Das am 1. Juli 2023 in Kraft getretene Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege ist ein wichtiger Schritt. Aber die Weiterentwicklung darf dabei nicht stehen bleiben. Beispielsweise sollte die Ausbildungsumlage nach dem Pflegeberufegesetz aus den Eigenanteilen herausgelöst werden, wie Frau Ministerin Grimm-Benne hier ausgeführt hat.

Ich unterstütze die Forderung nach einer Pflegevollversicherung im Antrag der Fraktion DIE LINKE, sehe jedoch ihre Durchsetzbarkeit derzeit nicht gegeben.

Mit dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen wir die Landesregierung gebeten, auf der Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die Steigerung der Eigenbeiträge in stationären Pflegeeinrichtungen möglichst gering gehalten bzw. vermieden wird. Vorgesehen ist auch die Prüfung von Pflegemodellvorhaben vor Ort und im Quartier. Dazu gibt es auch noch einiges zu sagen; die Zeit reicht nicht.

Betonen möchte ich darüber hinaus die Bedeutung der Prävention, z. B. Angebote für gesundheitliche Bildung, Seniorensport und Geselligkeit, um Selbstständigkeit und Lebensfreude zu erhalten

(Zustimmung bei der SPD)

und vermeidbarer Pflegebedürftigkeit vorzubeugen.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)