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Plenarsitzung

Transkript

Oliver Kirchner (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Zunächst stelle ich fest, dass die Transparenz und die Kommunikationsstrategie des Wirtschaftsministers eine andere, eine bessere ist als die der Beigeordneten der Stadt Magdeburg. Denn wenn ich zu diesem wirtschaftspolitischen Vorgang hier eine Buchüberschrift erfinden müsste, die auf Magdeburg bezogen ist, dann würde sie lauten: Wie ein globaler Weltkonzern mit Umsetzungsamateuren den Deal seines Lebens abschließt. Der Untertitel lautete: Augen zu und durch.

Intel ist ein amerikanischer Weltkonzern, der vor allem den Interessen seiner Aktionäre verpflichtet ist. Intel ist kein Freund, sondern ein globaler Spieler, der seinen Vorteil sucht. Das ist auch in Ordnung. Doch natürlich und trotzdem wollen auch wir die Ansiedlung von Intel hier in Sachsen-Anhalt, und zwar zu Konditionen, die für beide Seiten passen, für Intel und für die Bürger Sachsen-Anhalts.

Der weltgrößte Chip-Auftragsfertiger ist der chinesische Konzern TSN. Die weltweite Nachfrage nach Chips normalisiert sich gerade. Der Halbleitermarkt war bis vor Kurzem noch rückläufig. Auch ohne Rezession hatte Intel bereits Probleme. Konzernchef Gelsinger will mit viel Geld die weltweite Führung in der Halbleiterbranche zurückerobern; das ist auch in Ordnung. Die Intel-Aktie hat im letzten Jahr ca. 42 % an Wert verloren. Intel hat aktuell eine Investition in Oregon im Umfang von 700 Millionen US-Dollar gestrichen. Ebenso soll eine Investition von 200 Millionen US-Dollar für Forschung und Entwicklung in den Matam-Businesspark in Haifa gestrichen worden sein. In Haifa bekommt das dortige Entwicklungszentrum   so berichtete die israelische Zeitung „Globes“   keine neuen Büro- und Laborräume, sondern lediglich einen größeren Parkplatz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Konzernergebnis nach Steuern betrug im Jahr 2021   19,8 Milliarden US-Dollar; das ist fast das Doppelte des Landeshaushalts von Sachsen-Anhalt. Intel verfügt über ein Eigenkapital von 95 Milliarden US-Dollar; das ist das Neunfache unseres Landeshaushalts.

Ein Wirtschaftsgigant mit einem Jahresetat von ca. 800 Millionen US-Dollar trifft mit Magdeburg aufeinander, und eine Kohorte von international erfahrenen Wirtschaftsjuristen trifft auf Sandra Yvonne S. aus dem Dezernat Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit. Frau S. ist immerhin Beisitzerin im CDU-Kreisvorstand. Davor war sie Geschäftsführerin der stadteigenen Marketing- und Tourismusgesellschaft. Der Informationsaustausch zwischen der AfD-Landtagsfraktion sowie der AfD-Stadtratsfraktion Magdeburg mit Frau S. gestaltet sich schwierig bis überhaupt nicht. Eine Anfrage der Landtagsfraktionen zu einer Kontaktaufnahme mit Intel wurde mit Zynismus und Widerwillen abgebügelt. Ein Schelm, wer die CDU und die AfD mit dem in Verbindung bringt, um das es dabei eigentlich geht. Das kann jeder machen, wie er will.

Diese Frau handelt also die Verträge mit Intel aus, was Magdeburg betrifft. Wer hierbei das Sagen hatte und hat, kann sich jeder vorstellen. Im Stadtrat wurde mehrfach beklagt, dass keinerlei Vertragsinhalte kommuniziert wurden. Es gibt keinerlei verbindliche Aussagen dazu, ob und wie viel Gewerbesteuer Intel nach Geschäftsaufnahme vor Ort zahlen wird. Der Kaufpreis für dieses Gewerbeland macht für Intel ca. 1 % des Gewinns nach Steuern für das Jahr 2021 aus. Das bezahlt Intel aus der Portokasse und nicht mit einem großen Scheck. Als Zuschuss sind vom deutschen Steuerzahler Fördermittel in Höhe von 6,8 Millionen € zu erwarten.

(Zurufe von der CDU: Milliarden!)

Das ist das 37-Fache des Grundstückspreises. Und das noch nicht genug - Intel erwartet einen Industriestrompreis von 6 bis 8 Eurocent. Der deutsche Steuerzahler muss für Strom deutlich mehr bezahlen: 40 ct. bis 50 ct. Wie ist das dem deutschen Bürger und dem Mittelstand zu erklären? Das kann man machen, man muss es aber nicht.

Wenn ich an eine Debatte mit Frau Frederking erinnern darf, die damals sagte, Intel komme nur nach Magdeburg, weil wir hier Strom durch erneuerbare Energien bereitstellen,

(Lachen bei der AfD)

dann muss ich wirklich lachen, Frau Frederking. Die kommen hierher, weil sie günstige Energie brauchen, und nicht erneuerbare. Das ist nämlich ein globaler Player.

Es bleiben darüber hinaus die Fragen: Sind die vertraglichen Bindungen so gefasst, dass Intel zwei Halbleiterfabriken bauen muss? Gibt es eine vertragliche Rückfallklausel für den Gewerbegrund oder für die staatliche Förderung, wenn Intel nicht liefert? Fragen über Fragen. Ist es für die Stadt Magdeburg für das Land Sachsen-Anhalt klug, die Mitgestaltungsmacht für ein so großes geschlossenes Gewerbegebiet aus der Hand zu geben? Das kann man sich auch einmal fragen.

Ein Beispiel, bei dem kleinere Brötchen gebacken wurden, sieht man bei dem Lkw-Hersteller Daimler Truck in Halberstadt. Dort sollen auf 26 ha Gewerbefläche 400 bis 600 Arbeitsplätze entstehen. Der Baustart ist noch für dieses Jahr geplant. - So kann man es auch machen. Ich muss sagen, ich bin wirklich ein bisschen enttäuscht von der Kommunikationsstrategie der Stadt Magdeburg - nicht von der des Wirtschaftsministers.

Damit es dort besser wird, stimmen wir dem Antrag der LINKEN zu. Denn der Alternativantrag der Koalition ist für uns keine Alternative, und ein „Weiter so“ wollen wir in dieser Frage nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)