Guido Henke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! In dieser Wahlperiode ist das die zweite Änderung
(Unruhe)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Pscht!
Guido Henke (DIE LINKE):
der Landesbauordnung.
(Unruhe bei der AfD)
Frau Ministerin, ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich hatte Sie bei der letzten Änderung
(Unruhe bei der AfD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Könnt ihr euch jetzt bitte auf die Sache konzentrieren, die wir hier vorn
(Unruhe bei der AfD)
- Herr Rausch! Herr Rausch, jetzt machen wir erst mal hier weiter, ja? - Bitte, Herr Henke.
(Tobias Rausch, AfD: Ach, das da interessiert mich doch nicht!)
Guido Henke (DIE LINKE):
Frau Ministerin, bei der letzten Novellierung der Landesbauordnung habe ich Sie gebeten, dem Landtag im Zuge der Zuleitung des Gesetzentwurfs auch Informationen zukommen zu lassen über die vorher erfolgte Abstimmung und Abwägung mit den anzuhörenden Kammern und Verbänden. Sie hatten mir das hier feierlich zugesagt. Das habe ich jetzt sehr schmerzhaft vermisst. Ich sage einmal ganz böse: Ein Anfängerfehler kann das nicht mehr gewesen sein. Das kann es nicht gewesen sein.
(Siegfried Borgwardt, CDU: Ein Versäumnis!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Im Vorjahr, also bei der letzten Änderung, enthielt die Novelle nur ein Thema, das waren die straßenbegleitenden Mobilfunkmasten, auf die wir uns dann verständigt haben. Heute sind mit dem Entwurf vier Schwerpunkte vorgelegt worden, über die aber wieder in einem Gesamtpaket abzustimmen sein soll.
Es geht erstens um die Abstandsflächen für Windenergie und Fotovoltaikanlagen, zweitens um die Abstandsfläche von technischen Anlagen auf Dächern, d. h. um Brandschutz, drittens um die Verfahrensfreiheit für freistehende Fotovoltaikanlagen und viertens um den in der Kabinettspresseerklärung nur verschämt am Ende enthaltenen Hinweis auf Regelungen zur Bauvorlageberechtigung.
Das war tatsächlich das vorletzte Wort in der Presseerklärung. Allerdings umfasst der Gesetzentwurf ca. zwölf Seiten und zehneinhalb Seiten davon befassen sich mit der Bauvorlageberechtigung. Angesichts dessen wäre ein bisschen mehr Aussage in der Presseerklärung schon notwendig gewesen.
Schon bei der Novellierung der Landesbauordnung in der vergangenen Wahlperiode wurde die zu ändernde Themenbreite von Brandschutz samt Eignungsnachweisen über Schottergärten bis hin zur kleinen Bauvorlageberechtigung in einer einzelnen Entscheidung gebündelt. Das war nicht gut; denn meine Fraktion hätte einzelnen Teilen sehr wohl zustimmen können, dem Gesamtpaket aber nicht; denn das Abzulehnende überwog aus unserer Sicht.
Geehrte Damen und Herren! In der erwähnten Presseerklärung der Landesregierung vom 23. Mai 2023 werden Anhörungen der kommunalen Spitzenverbände sowie der Interessenvertretungen für erneuerbare Energien und für die Wohnungswirtschaft erwähnt. Jetzt wissen wir, es waren deutlich mehr.
Nicht nur der Landesregierung, sondern auch den Mitgliedern des Fachausschusses gingen zeitgleich die kritischen, d. h. ablehnenden Stellungnahmen zu der beabsichtigten Änderung der §§ 64 f. der Musterbauordnung bzw. Landesbauordnung zu. Diese schwerwiegenden und nachvollziehbaren Einwände der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer blieben unerwähnt.
Frau Ministerin, meinen Sie wirklich, dass mit einem Hinweis auf verbindliches EU-Recht, auf ein Vertragsverletzungsverfahren eine Debatte darüber entbehrlich ist? Zumal die Auswirkungen dessen auf die §§ 64 und 65 sehr wohl unterschiedlich zu gewichten sind.
Zwischen der im März vom Kabinett verabschiedeten, dann im LIV veröffentlichten und danach bei den genannten Interessenvertretungen angehörten Fassung, zu der Ihnen dann die Stellungnahme der Architekten und Ingenieure zuging, und der uns heute vorliegenden Fassung vom 23. Mai gibt es bei den Regelungen zu den §§ 64 f. keine Veränderungen.
Gut, das ist nicht ganz korrekt von mir. Es gab redaktionelle Änderungen bezüglich gendergerechter Sprache, aktualisierter Normenbezeichnungen und rechtssystematischer Einordnungen. Das heißt, zwischen der März- und der Maifassung erfolgte tatsächlich eine Überarbeitung des Entwurfs, nicht jedoch eine inhaltliche Auseinandersetzung, selbstredend gab es auch keine Darstellung eines Abwägungsverfahrens. Aber ich habe der Rede der Ministerin entnommen, dass das Dialogangebot der Kammern sehr wohl angenommen wurde.
Auch hätte es für Sorgfalt gesprochen, wenn der Gesetzentwurf der Landesregierung eine Auswertung der Anwendererfahrungen mit der sogenannten kleinen Bauvorlageberechtigung gegeben hätte. Einer zügigen Befassung und Entscheidung dieses Gesetzentwurfes im Landtag ist das nicht wirklich dienlich. An einem aufwendigen Anhörungsverfahren, zu dem auch Brandschutzsachverständige, Feuerwehrleute und Dachdecker gehören müssen, führt kein Weg vorbei.
Ich hab den Ausführungen meines Vorredners entnommen, dass wir dazu im Fachausschuss gewissenhaft beraten wollen. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir uns auf ein solches Verfahren verständigen können. Das benötigt natürlich Zeit. In diesem Sinne befürwortet auch meine Fraktion eine Überweisung in die vorgeschlagenen Ausschüsse. - Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)