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Plenarsitzung

Transkript

Guido Kosmehl (FDP): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir teilen uns in der FDP-Fraktion die Redezeit, weil wir das Thema natürlich einerseits inhaltlich und fachlich besprechen wollen, aber andererseits natürlich den juristischen Kontext dabei nicht dabei vergessen wollen. 

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ich darf den Part des juristischen Rahmens übernehmen. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten. Das entspricht einem Anteil von 32,3 % aller Opfer von Tötungsdelikten.

Betrachtet man die Zahl der weiblichen Opfer von Tötungsdelikten, die mit partnerschaftlichen Beziehungen im Zusammenhang stehen, so liegt der Anteil sogar bei 80,6 %. Führt man sich diese Zahlen von Augen, dann wird die Bedeutung des Themas dieser Aktuellen Debatte sehr deutlich. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das an anderer Stelle bereits mehrfach erklärt. Auch aus der Sicht der Freien Demokraten kann man nicht nur, sondern muss man bei einem Tötungsdelikt an einer Frau, das maßgeblich mit dem weiblichen Geschlecht des Opfers im Zusammenhang steht, von einem Femizid sprechen. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Aber der Femizid ist kein eigener Tatbestand innerhalb des Strafgesetzbesuches, sondern er wird entweder als Mord nach § 211 des Strafgesetzbuches oder als Totschlag nach § 212 des Strafgesetzbuches eingeordnet.

Für die Verurteilung eines Femizides als Mord muss zwingend eines der Mordmerkmale vorliegen. Relevant ist hierbei insbesondere das Mordmerkmal „aus niedrigen Beweggründen“. Niedrige Beweggründe sind solche Tatmotive, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf niedrigster Stufe stehen und besonders verwerflich sind. Der Beweggrund muss im Verhältnis zum Todschlag sehr viel verachtenswerter sein. Für die Beurteilung der Tat müssen also die Richter alle äußeren und inneren Faktoren berücksichtigen, die zu dem Femizid geführt haben. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat teilweise die niedrigen Beweggründe bei einem Femizid dann verneint, wenn die Trennung von der Frau ausging. Aus menschenrechtlicher Sicht ist es das Recht jedes Menschen, frei darüber zu entscheiden, mit wem er eine Partnerschaft eingeht oder aufrechterhält. 

Mit der Verletzung oder Tötung der trennungswilligen Partnerin setzt sich der Täter über diese grundlegende gesellschaftliche Wertentscheidung hinweg. Dies sollte bei der Strafzumessung des Täters als bestimmender und in den Urteilsgründen zu erörternder Strafzumessungsgrund berücksichtigt werden und bei Tötungsdelikten regelmäßig zur Einordnung in die Fallgruppe „niedrige Beweggründe“ führen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund der Häufigkeit der Femizide ist es zu begrüßen, dass durch das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionsrechtes, das am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten ist, in § 46 Abs. 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches nun das Merkmal „geschlechterspezifisch“ eingefügt wurde und daher bei der Strafzumessung besonders berücksichtigt werden kann.

Das bedeutet - das sage ich jetzt als Innenpolitiker  , dass bei den Ermittlungen bei Gewalttaten auch die Möglichkeit, dass es sich um einen Femizid handeln könnte, von Anfang an mitgedacht werden muss und mit ermittelt werden muss, weil nur dann bei den Gerichten diese Einordnung stattfinden kann. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN) 

Deshalb, glaube ich, ist es aus strafrechtlicher Sicht zunächst eine gute Entwicklung, die wir haben. Sie muss aber auch Anwendung finden.

Gleichwohl liegt es an uns allen, in ganz verschiedener Art und Weise dafür zu sorgen, dass diese gesellschaftlich festzustellenden Taten, die Femizide, weniger werden und verhindert werden können und dass wir stärker als bisher darauf hinweisen, dass Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben darf. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der SPD und bei der Linken)