Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit vorliegendem Antrag soll erreicht werden, dass die Landesregierung eine umgehende Aktualisierung der im Jahr 1994 veröffentlichten Heimrichtlinie vornimmt, welche insbesondere für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für stationäre Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung maßgeblich ist. Begründet wird der Antrag im Wesentlichen mit der Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie mit der Einschätzung, dass die Richtlinie fernab der lebensweltlichen Bedingungen sei.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist vorrangig die Begründung des Antrages, der an dieser Stelle zu widersprechen ist. Allein das Alter einer Richtlinie besagt nichts über deren Qualität. In diesem Fall würde ich sogar sagen: im Gegenteil. Sehr vorausschauend sind bereits damals die Inhalte angelegt worden, die der antragstellenden Fraktion so wichtig sind. So bestimmt etwa Punkt 3.2.8 der Richtlinie, dass jede Einrichtung institutionalisierte Mitsprache und Mitwirkungsgremien schaffen soll, dass Kindern und Jugendlichen Entscheidungen transparent zu machen sind und dass es der Kinder- und Jugendvertretung freisteht, in strittigen Fragen das Landesjugendamt anzurufen.
Insoweit wird man also sagen können, dass die Heimrichtlinie dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz voraus war. Die bereits in der Vergangenheit in der Richtlinie erfassten Standards wurden in weiten Teilen in der Praxis durchaus übertroffen. Deshalb und weil die Jugendhilfeeinrichtungen heutzutage hohe Spezialisierungsraten aufweisen, ist eine zu starke Vereinheitlichung von Leistungen in der Richtlinie über Mindeststandards hinaus zu vermeiden. Zudem fußt die Richtlinie auf einem breiten seinerzeitigen Konsens der relevanten Akteurinnen und Akteure der Kinder- und Jugendhilfe - ein Fakt, der für die Akzeptanz in der Praxis nicht zu unterschätzen ist.
Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gleichwohl hat die Landesregierung die Aktualisierung der sogenannten Heimrichtlinie auf ihrer Agenda. Die sachliche Zuständigkeit für die Überarbeitung der Richtlinie liegt beim Landesjugendamt als überörtlichem Träger. Damit ist die Mitwirkung des Landesjugendhilfeausschusses unabdingbar.
Mein Haus wird die Tätigkeit begleiten und unterstützen. Die Beteiligung der Spitzenverbände der freien wie der öffentlichen Jugendhilfe und - ich meine ergänzend zum Antrag der Fraktion DIE LINKE in Nr. 3 - idealerweise auch der in den Einrichtungen lebenden Kinder und Jugendlichen, die bei diesem avisierten Prozess der Bearbeitung der Richtlinie selbstverständlich zu beteiligen sind. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Zustimmung bei der SPD, von Stefan Ruland, CDU, und von Konstantin Pott, FDP)