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Plenarsitzung

Transkript

Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Na ja, die Anträge und auch die Redebeiträge lassen vermuten, der Untergang des Abendlandes stünde einmal wieder unmittelbar bevor. Diesmal hat Winnetou zum Glück Verschnaufpause und die Bundesjugendspiele müssen herhalten; denn hierbei, so lässt sich nachlesen, solle der Wettkampfgedanke abgeschafft werden. Das zeichne ein falsches Bild von der Lebenswirklichkeit des Alltags. Jetzt einmal im Ernst: Wirklich? Ist das wirklich die Lebensfrage, zu der sie Herr Silbersack hier hochstilisiert? Schauen wir doch einmal auf die Fakten.

Künftig sollen die Bundesjugendspiele erst ab Klasse 5 als Wettkampf durchgeführt werden. In den Grundschulen soll es für die Klassen 3 und 4 statt eines Wettkampfs einen Wettbewerb geben. Was heißt das nun konkret? Ich habe Fragen, ob wirklich alle im Saal den Unterschied zwischen Wettkampf und Wettbewerb sauber benennen können. Deswegen noch ein bisschen zur Erklärung:

Beim Weitsprung wird die tatsächliche Weite nicht mehr per Maßband abgetragen, sondern die Sprunggrube wird in Zonen eingeteilt. Je weiter - je weiter! - ein Kind springt, desto mehr Punkte bekommt es. Die Bewertung der Leistung wird also freier. Am Ende erhalten alle Kinder, wie bisher auch, je nach Leistung eine Ehren-, Sieger- oder Teilnehmerurkunde - ein Reförmchen, keine Reform, die übrigens von der Kultusministerkonferenz bereits im Jahr 2021 beschlossen wurde.

Fragt man die Profis, also die Sportlehrerinnen und Sportlehrer, die die Reform im Übrigen begrüßen - Sie scheinen in der Minderheit zu sein, Herr Borchert  , dann braucht es für die Bundesjugendspiele vor allem eine gute Vorbereitung im Sportunterricht. Doch was sehen wir hierbei? - Wir sehen in Zeiten des Lehrermangels zu wenig Sportlehrer*innen vor allem an den Grundschulen, wir sehen fachfremd erteilten Unterricht oder gar Ausfall und wir sehen marode Turn- und Schwimmhalle. Dafür trägt die Landesregierung Verantwortung. Sie könnte an dieser Stelle deutlich mehr tun.

(Zuruf von Tim Teßmann, CDU)

Ziel der Bundesjugendspiele ist es, gerade in der Grundschule einen spielerischen Zugang zu Sport, Spiel und Bewegung zu ermöglichen. Wir erreichen das bislang viel zu selten. Aktuell, ganz ohne Reform der Bundesjugendspiele - die beschriebene Misere ist ohne diese Reform zustande gekommen; denn die Neuerungen gelten erst ab dem nächsten Jahr  , sind 19 % der erwachsenen Einwohner*innen Sachsen-Anhalts behandlungsbedürftig adipös. Wir müssen uns doch die Frage stellen, wie schaffen wir es, Freude und Spaß an der Bewegung zu fördern und zu erhalten. 

Mit dieser Forderung sollte sich die Ministerin an die Kultusministerkonferenz wenden: dass ein Wettbewerb geschaffen wird, der nicht nur auf schneller, höher und weiter zielt, sondern auch die Werte in den Blick nimmt, die der Sportunterricht laut Lehrplan vermitteln sollte: Teamgeist, Freude an der Bewegung, Belastbarkeit und Fairness.

Auch wenn hier immer wieder anderes behauptet wird, natürlich spielt Leistung weiterhin eine Rolle, im Wettbewerb von Anfang an, bei den Bundesjugendspielen ab Klasse 5 und bei den zahlreichen reinen Leistungswettbewerben sowieso: bei den Kreis- und Landesmeisterschaften in den verschiedensten Sportarten, bei Vereinswettkämpfen, bei „Jugend trainiert für Olympia“, beim Deutschen Sportabzeichen oder beim Deutschen Schwimmabzeichen. 

Deswegen appelliere ich an die Koalition ganz dringend, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Sport und Spitzensport in Sachsen-Anhalt weiterhin möglich werden, indem wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Das tun wir, indem wir in die Sportinfrastruktur investieren, Turnhallen sanieren, Trainerinnen gut bezahlen und Sportlehrerinnen ausbilden, aber nicht, indem wir über die Frage Wettkampf oder Wettbewerb für Dritt- und Viertklässler diskutieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)