Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder stehe ich vor Ihnen, um eine fremde Botschaft zu verkünden, stellvertretend für Frau Kollegin Grimm-Benne, die nach wie vor die Gesundheitsministerkonferenz leitet, die heute in Magdeburg stattfindet, was uns freut.
Gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung vorweg: Ich hätte mir übrigens nicht träumen lassen, dass so viele Jahre nach meinem Ausscheiden aus dem Wissenschaftsbetrieb der Begriff „Vorlesung“ für mich noch einmal so eine Bedeutung erlangen wird wie heute.
(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der SPD)
Mit dem Wiederaufbau der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Bitterfeld-Wolfen steht heute erneut ein Thema auf der Tagesordnung, das die Menschen innerhalb der Region in nachvollziehbarer Weise bereits recht lange und ganz besonders bewegt. Die Schließung der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Gesundheitszentrum Bitterfeld-Wolfen im April 2020 war auch ein Effekt der Pandemie, jedenfalls war dies die Schließungsbegründung des damaligen Landrates.
Im Ergebnis einer politischen Debatte haben sich sowohl der Kreistag des Landkreises als auch der neu gewählte Landrat für eine Wiedereröffnung ausgesprochen. Das Landesverwaltungsamt hat den Beschluss des Kreistages zur Wiedereröffnung der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe als zuständige Kommunalaufsichtsbehörde am 2. Juli 2021 beanstandet. Der Widerspruch des Landkreises wurde mit Verfügung vom 4. März 2022 vom Landesverwaltungsamt zurückgewiesen. Hiergegen hat der Landkreis Klage eingereicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung wurde durch das Landesverwaltungsamt um eine fachliche Stellungnahme zur beabsichtigten Wiedereröffnung gebeten. Dieses ist dem Ausschuss für Inneres und Sport sowie dem Sozialausschuss mit Schreiben vom 8. Juni 2022 übersandt worden. Das ist dieser besonders schnelle Prozess, der hier in Gang gesetzt wurde - mit gutem Ausgang, wie ich denke.
Das Gesundheitsressort hat sich aus fachlichen Gründen klar für eine Wiedereröffnung der Klinik ausgesprochen. So würde sich ein dauerhafter Wegfall der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit destabilisierend auf die qualitativ hochwertige Kinder- und Jugendmedizin auswirken. Auch ist die Wiedereröffnung Voraussetzung dafür, dass langfristig ein wohnortnahes Angebot vorgehalten werden kann. Letztlich wird es aller Voraussicht nach recht kurzfristig zu einer Reform für eine bedarfsgerechte und auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie-Notfallversorgung und Geburtshilfe kommen.
Die Rahmenbedingungen für eine Wiedereröffnung sind also nicht schlecht. Am 10. Juni 2022 haben sich Vertreter des Landkreises, des Gesundheitszentrums Bitterfeld-Wolfen gGmbH, des Sozialministeriums, des Innenministeriums und des Landesverwaltungsamtes dazu ausgetauscht, wie eine tragfähige Lösung für den Betrieb der Klinik aussehen könnte. Bei dem Treffen war man übereingekommen, dass der Landkreis prüfen solle, ob er die im neuen Wirtschaftskonzept der Fachklinik aufgezeigten, nunmehr geringer prognostizierten Defizite im Rahmen der Haushaltskonsolidierung erwirtschaften könne. Es wurde vereinbart, dass der Landkreis die entsprechend überarbeitete Haushaltsunterlage dem Landesverwaltungsamt bis zum 17. Juni 2022 zur Verfügung stellt.
Das Landesverwaltungsamt hat die vom Landkreis überarbeiteten Haushaltsdaten geprüft und konnte die Feststellung treffen, dass sich die Liquiditätslage nunmehr besser darstellt als zuvor. Sollte der Landkreis die zur dargestellten Verbesserung erforderlichen Schritte konsequent umsetzen, erscheint es grundsätzlich möglich, dass er auftretende Verluste im Rahmen seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit tragen kann. Das Landesverwaltungsamt wird dem Landkreis daher im Hauptsacheverfahren ein ruhendes Verfahren vorschlagen, um die Entscheidungen auf Bundesebene und das Gutachten zur bedarfsgerechten Krankenhauslandschaft abzuwarten.
Gestatten Sie mir daher namens Frau Kollegin Grimm-Benne abschließend, sowohl dem federführenden Sozialausschuss als auch dem mitberatenden Ausschuss für Inneres und Sport vielmals für die sehr zügige und inhaltlich positive Begleitung des Vorhabens zu danken. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU, bei der AfD, bei der SPD, bei der LINKEN und bei der FDP)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Willingmann. Herr Roi hat eine Nachfrage angemeldet. - Herr Roi, bitte.
Daniel Roi (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Willingmann, ich weiß, dass Sie nicht die Gesundheitsministerin sind.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Das beruhigt mich aber jetzt.
Daniel Roi (AfD):
Meine erste Frage geht zwar auch an die Landesregierung, aber sie zielt wahrscheinlich eher in die Richtung des Innenministeriums. Ich kein Jurist bin. Sie sagten jetzt, es wird ein ruhendes Verfahren vorgeschlagen. Also, es dreht sich um diese Verfügung und es gibt diesen sofortigen Vollzug, sodass es eben untersagt ist, dass der Kreistag dort weitere Maßnahmen einleitet. Jetzt ist meine Frage, ob dieser sofortige Vollzug jetzt zurückgenommen wird. Also: Im Klartext möchte ich wissen, ob die Klinik für die Geburtenstation jetzt einstellen kann.
Und die zweite Sache, die mich noch interessiert, ist die Folgende. Sie sprachen das Gutachten an. Gibt es hier Kriterien, die die Landesregierung hinsichtlich des Gutachtens anlegt, das für das ganze Land erstellt werden soll - das würde mich mal interessieren -, und wenn ja, wo kann man die einsehen? - Danke.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Zu diesem Thema Gutachten, das uns hier in letzter Zeit auch vielfältig beschäftigt hat, gibt es selbstverständlich einen Kriterienkatalog. Im Moment wird die Ausschreibung vorbereitet. Das ist die Sache des Ausschusses. Darüber können Sie im Einzelnen dann auch mit der Fachministerin reden.
Aber die erste aufgeworfene Frage, nämlich die zur Situation jetzt, nachdem der Vorschlag zum Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist, kann Ihnen ganz exzellent die Innenministerin beantworten. Deshalb danke ich Frau Kollegin Zieschang dafür, dass sie das jetzt übernimmt, wenn Sie, Frau Präsidentin, damit einverstanden sind.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Ich habe gesehen, dass Frau Zieschang schon aufgestanden ist, um Sie direkt abzulösen, ohne unnötigen Zeitverzug. - Frau Dr. Zieschang, bitte.
Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Ja, Frau Präsidentin. - Die Nachfrage ist berechtigt. Das war der Halbsatz, der jetzt hier noch fehlte. Das eine ist, dass das Landesverwaltungsamt das Ruhen des Verfahrens vorschlägt, aber im selben Atemzug dann auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufheben wird.
(Zustimmung bei der AfD)