Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht können wir wenigstens diesen Tagesordnungspunkt einigermaßen sachlich abhandeln. Wir haben es mit zwei Problemkreisen zu tun. Das erste Problem ist die Finanzierung der Meisterqualifikation. Die AfD möchte, dass nicht nur die bisherigen Zuschüsse weitergezahlt werden, die es dafür an verschiedenen Stellen gibt, sondern dass die Meisterqualifikation praktisch völlig kostenfrei gestellt wird. Dazu wird ein Bundesratsbeschluss genutzt, der im Wesentlichen auf eine bayerische Initiative hinausgeht. Ganze Textpassagen aus dieser Bundesratsinitiative Bayerns sind in diesen Antrag übernommen worden. 

Inzwischen hat sich der Bundesrat insgesamt zu dieser Initiative bekannt. Was hat er gemacht? - Er hat das gemacht, was man immer gern macht. Er hat gesagt, jawohl, das ist eine gute Idee, die Meisterausbildung soll grundsätzlich kostenfrei sein, unter einer Bedingung: Der Bund bezahlt es. Das ist in einem föderativen Staat eine geliebte Übung, allerdings noch nicht der wirkliche Erfolg, weil der Bund natürlich nicht unbedingt die Forderungen der Länder erfüllen wird, selbst dann, wenn sie berechtigt sind, wie wir zurzeit sehen.

Es stellt sich natürlich auch die Frage, wollen wir es als Land selber machen. Einer der zentralen Punkte in der Argumentation, man müsse die Meisterausbildung kostenfrei machen, ist zumindest im Bundesrat immer gewesen, die Studiengänge seien es ja auch alle. Das stimmt eben nicht. Bei der Meisterqualifikation haben wir folgende Geschichte: Es wird ein Berufsabschluss erreicht. Dann arbeiten die Leute und erst danach machen sie diese Qualifikation. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wenn Sie genau dasselbe im Studienbereich sehen, dann wissen Sie, dass das Studium, das dann wieder aufgenommen wird, in Sachsen-Anhalt eben nicht studiengebührenfrei ist, sondern nur dann, wenn es konsekutiv, sofort nach dem ersten Studiengang folgt. Wenn es eine Pause dazwischen gibt, dann gibt es keine generelle Studiengebührenfreiheit bei uns. Das bedeutet, dass schon dieses Argument nicht treffen kann.

(Guido Kosmehl, FDP: Was? Der Masterstudiengang?)

- Ja, Herr Kosmehl, ist gut. - Jetzt haben wir aber folgende Situation: Wir haben nicht nur Meisterqualifikationen, wir haben nicht nur volle Studienabschlüsse, sondern wir haben eine ganze Reihe von Angeboten im qualifizierenden Bereich, die natürlich für die Fachkräftegewinnung weiter notwendig sind, die aber zum Teil kostenpflichtig sind und bezahlt werden, zum Teil bei privaten Bildungsträgern, zum Teil auch bei Hochschulen. 

Wenn wir uns wirklich dieses Themas des lebenslangen Lernens annehmen wollen, dann brauchen wir ein Gesamtkonzept, und zwar nicht nur für Handwerksmeister, sondern auch in allen anderen berufsqualifizierenden Bereichen. Deswegen ist unser Alternativantrag, die Landesregierung dazu aufzufordern, ein Konzept zu entwickeln. Wenn wir uns ernsthaft mit diesem Thema des lebenslangen Lernens beschäftigen wollen, dann brauchen wir ein Konzept dafür, wie wir berufsqualifizierende Weiterbildungen, Studien, solche Dinge, generell kostenfrei stellen wollen. 

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen wollen wir gerne, dass die Landesregierung ein Konzept dafür entwickelt. Das würde das beinhalten, was die AfD-Fraktion beantragt hat, allerdings noch deutlich darüber hinausgehen.

So. Jetzt haben wir ein zweites Problem. Das ist das Nachwuchsproblem im Handwerk generell. Das ist völlig unbestritten. Ich glaube, wir brauchen darüber nicht zu diskutieren; die Zahlen liegen klar auf dem Tisch. Wir können uns noch einmal über die Ursachen dafür unterhalten. Natürlich ist es die demografische Situation. Es ist leider so - darüber kann man jammern oder nicht  , dass Handwerksbetriebe und Handwerksberufe oftmals nicht die allererste Wahl derjenigen sind, die sich das aussuchen können. Inzwischen können es sich fast alle Jugendlichen aussuchen, zumindest diejenigen, die einen Schulabschluss haben.

Wir haben noch ein zusätzliches Problem. Ich würde gar nicht so sehr auf die Handwerksbetriebe gucken, dass sie mehr ausbilden sollen. Sie haben nämlich ein reales Problem. Sie haben ein reales Problem damit, dass die Schüler, die jetzt von der Schule kommen, häufig tatsächlich nicht die entsprechenden Qualifikationsniveaus aufweisen. Einer der Gründe dafür ist, dass es im Lehrerbereich in den Sekundarschulen inzwischen eine Unterdeckung von sage und schreibe 20 % gibt. Übrigens ist die Lücke doppelt so groß wie im Gymnasium. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, Herr Gürth, warum die Leute ihre Kinder lieber zum Gymnasium schicken als zur Sekundarschule. Dort fällt nämlich doppelt so viel Unterricht aus. 

Deswegen gibt es von Frau Hohmann ein Konzept, die sagt, wir brauchen eine Ausbildungsumlage, die die Leute in die Lage versetzt, auch mit diesen Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, und die denjenigen, die die Arbeit auf sich nehmen, auch die Kosten dafür ersetzt. 

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist für einen Handwerksmeister nämlich ein hartes Stück Arbeit, so jemanden auszubilden.

Dann haben wir noch ein Problem. Dafür brauchen wir die Ausbildungsumlage auch. Viele Leute sagen mir: Dann haben wir mit dem geackert. Dann haben wir den drei Jahre lang durchgezogen, und es war ein hartes Stück Arbeit. Dann kommt das größere Industrieunternehmen und sagt, hier, Arbeitsvertrag, Bombeneinkommen, gesichert, Wochenende, alles klar, und wir sind ihn los. Deswegen brauchen wir das gerade für das Handwerk. 

Ich sage noch einmal ausdrücklich, das gilt nicht nur für Lehrlinge. Das gilt auch für diejenigen, die wir ansonsten als Fachkräfte anwerben. Deswegen sagt z. B. die Handwerkskammer hier in Magdeburg ganz klar, es ist ein Fehler, dass ich ein 4-Millionen-Fachkräfte-Anwerbungsprogramm nur auf Großansiedlungen und Intel beziehe. Nein, es muss sich auf alle beziehen. Das ist Gerechtigkeit für das Handwerk, liebe Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)