Guido Kosmehl (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass dies eine emotionale Debatte wird, habe ich vermutet. Dass die AfD-Fraktion meiner Vermutung sozusagen noch die Krone aufsetzt, macht mich fassungslos.
Herr Kirchner, Ihr Anti-Amerikanismus ist gerade mit Blick auf die Situation in Afghanistan und 20 Jahre und sechs Tage nach den Anschlägen von New York und Washington völlig deplatziert.
(Zuruf)
Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie glauben, dass dies Anschläge waren, die nur der amerikanischen Bevölkerung bzw. dem amerikanischen Staat gegolten haben, dann sind Sie völlig frei von jeder Kenntnis. Das waren am 11. September Anschläge auf unsere Lebensweise, auf unsere Art und Weise, auf unsere westlichen Demokratien. Deshalb sind wir vor 20 Jahren alle angegriffen worden, und deshalb mussten wir alle gemeinsam reagieren.
(Zustimmung)
Ich will Ihnen auch noch dieses sagen - das schließt dann den Kreis : Nicht nur die Linksfraktion im Bundestag hat die Evakuierung mehrheitlich abgelehnt, sondern auch die AfD-Fraktion.
(Widerspruch)
- Sie haben sich mehrheitlich enthalten, Sie haben aber keine mehrheitliche Zustimmung zum Evakuierungseinsatz gegeben.
(Zurufe)
Aber ich sage Ihnen ganz klar: Das ist der Ausgangspunkt, warum wir als Staatengemeinschaft in Afghanistan tätig geworden sind. Ich sage Ihnen auch - damit bin ich beim Kollegen Erben - sehr deutlich: Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass wir auf diese Weise den Einsatz in Afghanistan beenden.
(Zurufe)
Deshalb ist es unsere gemeinsame Pflicht, auch jenen zur Seite zu stehen, die in den letzten 20 Jahren der internationalen Staatengemeinschaft und den Entwicklungsorganisationen geholfen haben. Denen müssen wir die Möglichkeit geben, Leib und Leben zu retten und hierher zu kommen.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich sagen - Herr Krull hat es ebenfalls bereits erwähnt : Ich danke allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die im Einsatz in Afghanistan waren, insbesondere jenen und deren Familien, die ihr Leben gelassen haben, auch den US-amerikanischen Soldaten, die bei der Sicherung des Flughafens dafür gesorgt haben, dass wir Evakuierungen vornehmen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen. Die Widersprüchlichkeit bei der Argumentation der LINKEN haben wir mehrfach erlebt. Ich will aber einen ganz aktuellen Punkt aufgreifen. Die Kommissionspräsidentin hat in dieser Woche in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union einen Punkt für mich sehr deutlich herausgestellt, den ich absolut unterstütze: Wir brauchen eine Stärkung der Europäischen Verteidigungsunion, damit wir als Europa auch zukünftig in Einsätzen autark handeln können. - Vielen Dank.
Vizepräsident Wulf Gallert:
War das eine Zwischenintervention? - Okay. Herr Kosmehl, dann müssen Sie überlegen, ob Sie reagieren. - Bitte, Herr Roi.
Daniel Roi (AfD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kosmehl, Sie haben hier gerade falsche Abstimmungsergebnisse vorgetragen. Ich will Ihnen wenigstens noch einen Hinweis geben, weil Sie hier so tun, als habe niemand vorhergesehen, was in Afghanistan passiert ist. Vielleicht schauen Sie sich einmal die Debatte über den Mali-Einsatz aus dem November 2017 an. Damals hat Oberst Rüdiger Lucassen von der AfD, der selbst in Afghanistan gedient hat, über Mali und Afghanistan gesprochen. Er hat schon nach dem Einzug der AfD in den Bundestag unsere Position glasklar dargelegt und genau das vorhergesagt, was in diesem Jahr passiert ist. - Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Kosmehl, Sie können antworten.
Guido Kosmehl (FDP):
Sehr geehrter Herr Roi, ich habe in meiner Rede gesagt wenn Sie mir zugehört hätten, wäre Ihnen das auch deutlich geworden , ich hätte mir nicht vorstellen können, dass der Einsatz so zu Ende geht, weil ich davon ausgegangen bin - ich war nicht in Afghanistan; aber nach allem, was man an Daten und Fakten gelesen hat , dass eine ausgebildete Armee, die auch technisch gut ausgerüstet ist, gegenüber den Taliban länger Widerstand leisten würde. Dass das nicht passiert ist, ist bedauerlich.
(Zuruf - Beifall)
Ich will, weil Sie das Stichwort „Mali“ genannt haben, ausdrücklich sagen: Wir alle werden gemeinsam, auch als Staatengemeinschaft, überlegen müssen, wie wir die Einsätze in solchen Ländern erfolgreich so abschließen können, dass eine Wertvermittlung möglich ist. Dass Sie nicht wollen, dass mehr Menschen auf dieser Welt Grundrechte, Freiheitsrechte, freie Presse, aber auch eine freie Wahl der geschlechtlichen Identität haben, ist mir klar. Aber das sind nun einmal universelle Menschenrechte. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen.
(Zuruf)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Siegmund, haben Sie eigentlich schon gestanden, als der Kollege Kosmehl geredet hat?
(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)
Na ja. Seien Sie froh, dass wir hier keine Videoaufnahmen vom Plenum haben. Wir machen das jetzt einmal.
Ich will aber gleich am Anfang sagen: Häufig beschließen wir bei solchen Debatten drei Minuten und reden dann drei Stunden. Damit hebeln wir den Zeitplan völlig aus. Deswegen macht es sich häufig ganz gut, wenn drei Minuten gesagt wird, dass z. B. pro Fraktion nur eine Intervention gemacht wird. Das alles ist heute nicht dramatisch. Wir sind gut in der Zeit. Deswegen bekommt Herr Siegmund auch das Wort. Ansonsten versucht man häufig bei Debattenbeiträgen von drei Minuten, in der Fraktion abzustimmen, wer aus der Fraktion noch eine Frage stellt oder eine Intervention macht. Das ist ein Hinweis. Das muss nicht immer so sein. Aber dann bleiben wir im Zeitplan.
Jetzt haben Sie das Wort, Herr Siegmund.
Ulrich Siegmund (AfD):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Kollege, da Sie gestern für einen Diskurs nicht zur Verfügung standen, möchte ich zunächst anmerken, dass mein erster Eindruck von der FDP-Fraktion ist, dass Sie hier völlig falsch platziert sind. Sie müssten ganz hinten sitzen, hinter den LINKEN.
(Beifall)
Mit Ihnen ist eine Fraktion in den Landtag eingezogen, die so links-grün versifft ist, dass mir da wirklich die Worte fehlen.
(Lebhafter Beifall)
Unsere Aufgabe ist es auch, den Wählern das darzustellen.
Jetzt aber kurz zur Sache. Sie haben eben die Augen verdreht und gesagt: Herr Kirchner, wie können Sie das nur behaupten? - Herr Krull hat auch Schaum vor dem Mund gehabt. Hier bleibt ja keiner vor Ort. - Sie müssten nur einmal zwei Minuten googeln: Von den 34 000 eingeflogenen Afghanen sind noch immer 14 000 in Deutschland. Die USA verwehrt ihnen die Einreise. Alle stellen aktuell Anträge hier in Deutschland. Wie das ausgeht, wissen Sie selbst. Die werden hierbleiben.
(Zuruf: Jawohl! - Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Kosmehl, Sie können antworten.
Guido Kosmehl (FDP):
Manchmal muss man im Leben auch träumen, um sich Ziele zu formulieren. Bei Ihnen habe ich das aufgegeben.
Ich will Ihnen nur eines sagen: Weder habe ich die Augen verdreht noch hat der Kollege Krull hier Schaum vor dem Mund.
Dass Sie mich als links-grün Versifften bezeichnen, ist mir in meiner Partei auch noch nicht vorgekommen.
Ich kann Ihnen eines sagen: Ich stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, und zwar in der Mitte der Parteienlandschaft.
(Beifall)