Wulf Gallert (DIE LINKE):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht am Anfang: Natürlich unterstützen wir das Anliegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag. Dies dürfte wenig überraschen, weil auch die jeweiligen Stadtratsfraktionen gemeinsam mit der SPD die entsprechenden Anträge sowohl in Halle als auch in Magdeburg gestellt haben, und zwar jeweils unabhängig voneinander, wie es wohl bei jeder Partei der Fall sein dürfte.
Ich möchte trotzdem zwei, drei Bedenken äußern, die ich nicht gegenüber diesem Vorhaben an sich, aber gegenüber einer solchen Entwicklung habe. Es mag den einen oder anderen überraschen, aber ich habe mit meinem Vorredner aus der FDP durchaus eine Überschneidung. Wir haben folgende Situation: 200 Millionen € für ein neues Gebäude, 40 Millionen € für ein neues Forschungs- und Kommunikationszentrum, natürlich vom Bund finanziert, und das für Funktionen, die eigentlich sehr wohl schon entweder in bestehenden Einrichtungen vorhanden sind oder die wir integrieren könnten. Gleichzeitig haben wir die Situation, dass an der Universität Halle z. B. der einzige Lehrstuhl für Armenologie möglicherweise abgewickelt wird, weil wir kein Geld dafür haben.
(Zustimmung)
Das ist ein Problem. An den eigentlichen, an die Freiheit der Forschung gebundenen Einrichtungen haben wir kein Geld, um Forschung zu betreiben. Ich weiß auch, Armenien ist nicht Europa, aber es ist im Europarat. Dann haben wir aber solche superschönen Projekte: 200 Millionen € für eine neue Investition, 40 Millionen € jährlich für die laufenden Kosten, und das legen wir obendrauf. Wir haben keine vernünftige Basisfinanzierung mehr für Institutionen, die eigentlich langfristig solche Projekte realisieren sollten, aber wir haben eine Idee: 200 Millionen - was kostet die Welt? Das setzen wir obendrauf.
Dann wird diese Institution auch das will noch einmal ganz klar sagen eben nicht eigentlich nach den Standards freier Wissenschaft und Forschung organisiert, sondern sie bekommt Aufsichtsgremien, die ausschließlich mit Vertretern der Bundesregierung besetzt sind. Sie bekommt auch noch Beiräte das ist klar , aber entscheidend wären Ministerialvertreter. Das ist nicht unsere Vorstellung von Freiheit und Wissenschaft. Diese ist an der Uni gegeben,
(Zustimmung)
aber bitte nicht an einer Institution des Bundes.
Nun sitzen wir trotzdem alle gemeinsam in einem Boot. „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ - bevor das Zentrum nach Sachsen geht, kann es auch nach Sachsen-Anhalt kommen; darin sind wir uns nun wiederum alle einig.
Ich möchte auf noch eine Sache hinweisen: Eigentlich ist es fatal, wenn sich eine Kommune dafür bewirbt; denn wer sich einmal die Entscheidungskriterien für einen Standort angeschaut hat, der weiß, dass ganz klar gesagt wird: eine Kommune ich formuliere es einmal mit meinen Worten , die schwer vom Strukturwandel getroffen ist und eine solche zusätzliche Einrichtung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse braucht. Als nächstes Kriterium sagt man aber: erstens: sozialwissenschaftlicher Standort, zweitens: gut mit Verkehrsmitteln zu erreichen, drittens: eine schöne Hotellandschaft für die internationalen Gäste. Dabei merkt man übrigens, dass sich alle diese Kriterien eigentlich widersprechen; denn wer all diese Voraussetzungen hat,
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ich sage Ihnen einmal ein zeitliches Kriterium.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
der ist nicht derjenige, der am allerehesten ein solches Zentrum braucht.
Deshalb ist es ganz vernünftig, Herr Präsident, wenn wir diese Diskussion im Europaausschuss weiterführen und in diesen werden wir den Antrag überweisen. - Danke.
(Zustimmung)