Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Rüdiger Erben (SPD):

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will eingangs überhaupt nicht darum herum reden: Ich bin einfach wütend. Wir haben eine Kette von Behördenversagen und am Ende dieser Kette gibt es zwei Tote, eine ermordete Frau und ihr toter Mörder, der sich selbst gerichtet hat. Ein schlimmeres Ergebnis von Behördenversagen kann man sich nicht vorstellen.

(Zustimmung bei der SPD, von Henriette Quade, DIE LINKE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Es darf   zumindest bei der Waffenbehörde habe ich den Eindruck   kein Beschwichtigen und kein Abtauchen geben. Vielmehr muss es eine schonungslose Offenlegung und Aufklärung dessen, was passiert ist,

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

was gemacht oder auch unterlassen wurde, geben.

Es erzürnt mich, dass Beamte ernsthaft auf die Idee gekommen sind, dass es doch eine gute Idee sei, dass die bedrohte Frau in ein Frauenhaus zieht, anstatt den Täter, den drohenden Ehemann zu entwaffnen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich konnte das zunächst gar nicht glauben; denn auf eine solche Idee kann man überhaupt nicht kommen. Dazu braucht man keine Rechtskenntnisse. Schon der gesunde Menschenverstand bringt einen zu dem Ergebnis, dass das nicht das zutreffende Ergebnis sein kann.

Es gehört letztlich dazu, dass die Waffenbehörden in diesem Land wirklich massiv dazu angehalten werden, ihre Arbeit zu machen. Das Instrument dafür heißt Fachaufsicht.

Verschiedene Mitglieder dieses Hauses haben über Jahre herausgearbeitet, dass in unseren Waffenbehörden die Säge klemmt.

(Zustimmung bei der SPD, von Henriette Quade, DIE LINKE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Auch schon vor Corona wurde kaum repressiv gehandelt. Die Statistiken sind heute etwas zuverlässiger. Zunächst hatte man gar keine Statistik, weil man nicht wusste, wie oft man kontrolliert hat. Irgendwann waren die Zahlen da. Sie sind aber nicht wirklich so, dass sich Rückschlüsse ziehen lassen, was tatsächlich passiert ist.

Wir müssen davon wegkommen, dass sich Waffenbehörden in diesem Land als Stempelstellen sehen, nämlich dass ich, wenn ich eine neue Waffe erworben habe, gegen Zahlung einer Gebühr die Waffe in meine Waffenbesitzkarte eingetragen bekomme. Waffenbehörden sind repressiv handelnde Sicherheitsbehörden. Sie haben das Gesetz durchzusetzen. Das gehört zu ihren Kernaufgaben.

Wenn wir eine Situation haben, dass es in großen Landkreisen teilweise zwei Leute gibt, die dort mehr oder weniger Innendienst machen und die zunehmende Zahl von Waffen registrieren, dann ist das nicht allein die Aufgabe der Waffenbehörde. Dabei brauchen wir dringend   absolut dringend!   einen Mentalitätswechsel.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich gehöre auch zu denen, die eine Reihe von Forderungen für eine Änderung des Waffengesetzes haben, aber dieser Fall ist, glaube ich, nicht der richtige Anknüpfungspunkt für eine Diskussion über das Waffengesetz.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Frau Quade, wir können sie gern führen. Es wird sicherlich Punkte geben, bei denen wir weit auseinanderliegen, aber auch Punkte, bei denen wir nah beieinanderstehen.

Wir haben die Situation, dass Rechtsgrundlagen vorhanden sind,

(Kathrin Tarricone, FDP: Richtig!)

sowohl im Sicherheitsrecht als auch im Waffenrecht, aber dass es die Behörden unterlassen haben, selbige anzuwenden. Ich glaube, das sollten wir sehr sauber herausarbeiten.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Mein Appell an Sie, Frau Ministerin: Machen Sie bitte den nachgeordneten Behörden klar, dass Erlasse auch dann, wenn sie sehr alt sind, keine netten Hinweise zum Handeln sind, sondern verbindliche Vorgaben, und dass die Behörden ihre Aufgaben zu erfüllen haben.

Im Bereich des Waffenrechts habe ich in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen, die Situation ist die, dass offensichtlich vor allem Vorgänge abgearbeitet, aber weniger die repressiven Aufgaben des Waffenrechts wahrgenommen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Schüßler, eine Intervention? - Dann, bitte sehr. Jetzt können Sie.


Xenia Sabrina Schüßler (CDU):

Danke schön. - Sie haben gerade erwähnt, dass es vielleicht nicht vorteilhaft gewesen ist   ich sage es einmal so; ich habe es so wahrgenommen  , dass die Polizei der Frau geraten hat, in das Frauenhaus zu gehen.

Aus der Sicht eines Mitglieds eines Frauenhausvereins, stellvertretende Vorsitzende, bin ich sehr froh darüber, dass die Polizei das erst einmal gesagt hat. Dafür kämpfen wir seit Jahren, dass die Polizei auch daran denkt, die Frauen nicht in die Frauenhäuser zu schicken, es ihnen aber anzubieten und sie dorthin zu begleiten. Es ist erst einmal ein sicherer Zufluchtsort und die Frauenhäuser sind besonders geschützt. Das darf man auch nicht vergessen.

Was dann im Nachgang passiert, dass dann auch verfahrensrechtlich geprüft werden muss, Waffenrecht etc. pp., das ist ein anderer Schuh, aber, wie gesagt, ich bin sehr froh darüber, dass die Polizisten sie darauf hingewiesen haben; denn viele kennen es einfach noch nicht und machen es nicht. Die Frauenhäuser machen sehr viel Arbeit in den Polizeistationen, um es den Polizisten mit auf den Weg zu geben. - Danke.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Rüdiger Erben (SPD):

Ja, ich würde Ihnen recht geben, wenn es nicht die Geschichte danach gegeben hätte. Natürlich war die Entscheidung richtig, die betroffene und bedrohte Frau auf die Möglichkeiten hinzuweisen, aber im Ergebnis ist das die einzige ernsthafte Handlung gewesen, nämlich die Frau war dann, zumindest zeitweise, in einem Frauenschutzhaus. Das ist doch das eigentliche Problem in dem Zusammenhang.

Es ist doch nicht falsch gewesen, dass sie zwischendurch im Frauenhaus war, und es ist auch nicht falsch gewesen, dass man sie auf das Beratungsangebot hingewiesen hat. Nach meiner Erinnerung ist die Polizei sogar dazu verpflichtet, auf dieses Beratungsangebot hinzuweisen. Aber das Problem in dem Fall ist doch, dass das das Einzige war, was am Ende zum Schutz der Frau getan worden ist. Das ist das eigentliche Problem.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)