Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir knüpfen nahtlos an die Debatte zum Tagesordnungspunkt zuvor an. Deshalb will ich versuchen, es etwas abzukürzen.
Wir haben vorhin über die Heizungskeller und die Zeitenwende im Heizungskeller geredet. Ich will nur in Erinnerung rufen, bei der, wie ich finde, sehr berechtigten Kritik, die wir vorhin, jedenfalls in weiten Teilen dieses Hauses, am Projekt des Bundeswirtschaftsministeriums geäußert haben: Dass wir mehr Klimaschutzmaßnahmen brauchen, ist unter den Parteien dieses Hauses fast durchgängig Konsens. Wir streiten über die Frage der Umsetzung, wir streiten über die Frage der Maßnahmen und ihrer Zeitfolge, aber dass wir grundsätzlich mehr Klimaschutz brauchen, daran kann es auch nach den Feststellungen des Weltklimarates eigentlich keinen Zweifel geben.
(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Otto Lizureck, AfD: Doch!)
- Ja, für Menschen, die den menschengemachten Klimawandel nicht wahrhaben wollen, mag das anders sein, aber das ist weiß Gott nicht Common Sense.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Aber wir dürfen dabei das möchte ich wiederholen die Menschen nicht überfordern. Das droht auch leider jetzt wieder.
Dieser Beschluss aus dem EU-Parlament, der allerdings noch mit den Ländern ausverhandelt werden muss, wirft schon einige Fragen auf. Die EU geht davon aus, 15 % der Gebäude jedes EU-Mitgliedstaates befinden sich in dieser schlechtesten Gebäudeklasse G und müssten upgegradet werden, müssten also verbessert werden, in Deutschland etwa 7 Millionen Eigenheime, möglicherweise auch dieselbe Anzahl von Wohnungen. Das ist ein gewaltiger Umfang.
Wir reden von sehr umfangreichen Maßnahmen, die erforderlich sind. Nicht mehr nur über die Heizung, nein, jetzt reden wir über durchgreifende Sanierungsmaßnahmen: Fenster- und Haustürtausch, Dämmung der Außenwände, des Daches, der Kellerdecke usw. Das sind erhebliche Investitionen und die lassen sich nicht so einfach stemmen. In der Rede vorhin wurde durchaus richtig darauf hingewiesen, welche Probleme dabei auftauchen. Das will ich gar nicht leugnen. Dafür gibt es auch gar keinen Grund.
Was wir brauchen, das ist ein vernünftiger Sanierungsfahrplan für die jeweiligen Eigentümerinnen und Mieterinnen. Das muss alles sozialverträglich gestaltet werden. Wir brauchen eine vernünftige Lastenverteilung.
Dann jetzt komme ich wieder zu etwas, was ich vorhin auch gesagt habe müssen wir einfach wieder auf ein paar handwerkliche Dinge achten. Wenn so eine Regelung kommt, dann greift die in Eigentumsrechte ein.
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)
Das kann man politisch schlankweg sagen, verfassungsrechtlich ist das eine außerordentlich schwerwiegende Maßnahme. Sie muss eine Rechtfertigung erfahren.
(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Dr. Falko Grube, SPD)
Deshalb an alle, die sich so etwas vorstellen: So geht es natürlich nicht. Das Eigentumsrecht darf an dieser Stelle nicht ausgehöhlt werden.
Für junge Menschen deshalb finde ich es sehr hilfreich, dass der Abg. Grube vorhin darauf hingewiesen hat entsteht eine übermäßig hohe finanzielle Belastung, die die Möglichkeit des Erwerbs von Wohneigentum außerordentlich erschwert. Das kann man nicht wegdiskutieren und das ist auch nicht wünschenswert. Deswegen werden wir auch an dieser Stelle darauf achten müssen, dass die jungen Menschen nicht ausgegrenzt werden, von den Älteren, die Schwierigkeiten mit der Finanzierung haben, ganz zu schweigen.
Es wird das ist ohne Frage so, wenn Sie so eine gesetzliche Anordnung haben zu einer Explosion der Sanierungskosten kommen. Es ist völlig absehbar, wenn man so etwas normativ festlegt, dass der Markt darauf reagiert. Er tut es an anderer Stelle auch.
Deshalb: Natürlich sind die Vorstellungen des EU-Parlaments unter Klimaschutzaspekten gut nachvollziehbar, aber die Umsetzung erscheint an dieser Stelle genauso unausgereift wie das, was wir vorhin über die Vorschläge aus dem Bundeswirtschaftsministerium gehört haben.
(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)
Deshalb: Ich empfehle, dass wir uns zwischen EU, Bund und natürlich den Ländern enger abstimmen. Es müssen Nachbesserungen getroffen werden, insbesondere im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung von Betroffenen. Wir brauchen klare Empfehlungen, wie man denn tatsächlich einen solchen Gebäudebestand und Gebäudestandard erreicht. Wir brauchen Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen.
Last, not least, liebe FDP, ich sage es noch einmal in eure Richtung, wird man wieder Förderung brauchen. Dann wird der Bundesfinanzminister sagen müssen, wie er es sich vorstellt.
(Tobias Rausch, AfD: Macht doch die Steuergesetze einfach anders!)
Es ist völlig richtig, was hier gerade vom Abgeordneten aus der AfD gesagt wurde, man könnte es auch über ein vernünftiges Abschreibungsprogramm machen. Das setzt allerdings voraus, dass man tatsächlich Steuerpolitik und an dieser Stelle Klima- und Energiepolitik in Einklang miteinander bringt. Das sind Abstimmungsprozesse, die wichtig sind.
Deshalb schlage ich ganz zum Schluss vor, wir müssen diese neuen EU-Anforderungen wie gesagt, die noch mit den Mitgliedstaaten auszuhandeln sind und die geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in Einklang miteinander bringen. Wir brauchen keine kontraproduktive getrennte Diskussion über diese Dinge. Wir müssen verhindern, dass die Verunsicherung unserer Bevölkerung weiterhin zunimmt. Das ist durch diese beiden normativen Vorschläge bereits geschehen.
Den Widerspruch zwischen den Klimaschutzzielen und den Umsetzungsmöglichkeiten im Gebäudebereich müssen wir gemeinsam lösen. Dafür sollten wir uns auch gemeinsam einsetzen. - Vielen Dank.