Monika Hohmann (Die Linke):
Recht schönen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag basiert nicht nur auf populistischen Unterstellungen, sondern auch auf einer moralischen Diskreditierung sowohl deutscher als auch migrantischer Sozialleistungsempfängerinnen. Die Information aus der Antwort der Landesregierung zu der Kleinen Anfrage der AfD zur Vermögensfeststellung bei ukrainischen Staatsbürgerinnen und -bürgern zeigt, dass ich zitiere :
„Der Landesregierung sind auch in Rücksprache mit den Leistungsträgern keine Fälle bekannt, in denen Rückzahlungen von Sozialleistungen aufgrund unzureichender oder fehlerhafter Vermögensangaben erfolgten.“
Damit scheint sich die AfD nicht abzufinden.
(Tobias Rausch, AfD: Es wird doch gar nicht geprüft, Mensch! Die Unfähigkeit in Person! - Zurufe von der AfD: Unfähig! - Wenn ich nichts prüfe, dann kann auch nichts dabei herauskommen! - Zustimmung bei der AfD)
Juristische Hürden oder Herausforderungen zur Überprüfung möglichen Besitzes, die einen Anspruch auf Sozialleistungen verwehrt hätten, bestanden ebenfalls nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die ständige und auch unerträgliche Hetze der AfD ist mittlerweile wirklich nur noch schwer zu ertragen.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Wahrheit kann unerträglich sein! - Thomas Korell, AfD: Wahrheit tut weh!)
In der politischen Debatte verwendet sie nur zu gern populistische Rhetorik, um Ängste zu schüren, um Stereotypen zu verbreiten, und
(Frank Otto Lizureck, AfD: Tatsachen sind doch populistisch! - Zuruf von der AfD: Bla, bla, bla!)
misst - hören Sie gut zu - dabei, wie wir heute aus der Presse erfahren haben, mit zweierlei Maß.
(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei den GRÜNEN)
In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und sozialer Spannungen wird gern und sehr schnell ein Sündenbock gesucht. Die Behauptung, dass Ausländer oder Ausländerinnen Sozialleistungen missbrauchen, schürt nicht nur weiterhin Ängste,
(Zuruf von der AfD: Fakt!)
sondern beeinflusst auch die öffentliche Wahrnehmung negativ. Diese Debatte um Sozialbetrug befeuert die politische Agenda, indem sie Ausländer als Bedrohung für unser Sozialsystem darstellt.
(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)
Der Versuch, damit Wählerstimmen zu mobilisieren, ohne sich mit den tatsächlichen Problemen auseinanderzusetzen, richtet sich in diesem Fall nicht nur gegen ausländische, sondern auch gegen deutsche Sozialleistungsempfängerinnen und -empfänger,
Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das ist Schwachsinn! Das wissen Sie genau!)
die dem Generalverdacht des Betruges unterstellt werden,
(Zuruf von der AfD: Da wird es ja genau geprüft!)
trotz zahlreicher Kontrollinstanzen auf Landes- und Bundesebene. Die reißerische Berichterstattung über Einzelfälle
(Zurufe von der AfD: Alles Einzelfälle! - Einzelfälle!)
oder die nun hier geführte Debatte im Landtag schaffen eine verzerrte Realität. Die komplexen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren, die zu Sozialbetrug führen können, werden oft ignoriert. Stattdessen wird der Fokus auf die Nationalität gelegt. Das stellt die Problematik vereinfacht und verzerrt dar. Diese Art von Rhetorik führt zu Spaltungen in der Bevölkerung, in der Ausländer als Gegner
(Jan Scharfenort, AfD: Nein, das ist nicht unser Gegner! Sie sind unser Gegner!)
und nicht als dringend benötige Fachkräfte zur Festigung unseres Sozialsystems wahrgenommen werden.
Zurück zu Ihrem Antrag. Wie so oft fehlen auch hier - es wurde von meinen Vorrednern bereits gesagt - die Fakten. Aber Fakten sind ja für Sie überflüssig. Laut einer „ZDF“-Anfrage an die Bundesagentur für Arbeit und an den Zoll wurden im Jahr 2022 bundesweit etwa 119 000 Fälle von Leistungsmissbrauch oder Verdacht darauf im Bereich der Grundsicherung dokumentiert. Dies umfasst z. B. das Verschweigen von Einkommen und das Unterlassen von Meldungen über Änderungen persönlicher Verhältnisse. Die Missbrauchsquote lag dabei bei 4 % - ein Wert, der sowohl deutsche als auch ausländische Empfängerinnen und Empfänger umfasst.
Wenn wir uns die Zahlen genauer anschauen, dann wird die Verhältnismäßigkeit der Debatte deutlich. Der durchschnittliche Schaden durch Sozialbetrug - dazu zählen nicht nur Bürgergeld und Grundsicherung, sondern auch Kindergeld, Schwarzarbeit usw. - betrug im Jahr 2022 ca. 20,5 Milliarden €.
Das ist schon eine Hausnummer, aber eine größere Hausnummer ist die Steuerhinterziehung. Sie wird auf eine Summe von etwas mehr als 100 Milliarden € jährlich beziffert, also fünfmal so viel. Schätzungen zufolge werden zwei Drittel der Schwarzarbeit und auch des Sozialbetruges von Einheimischen, also von Deutschen, begangen.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Sozialbetrug, egal von wem auch immer, muss natürlich bekämpft werden. Gleichzeitig lohnt es sich aber auch, mit der gleichen Intensität, wie man den Sozialbetrug ahndet, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen.
(Zustimmung bei der Linken - Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Denn dahinter steht deutlich mehr Geld. In der öffentlichen Wahrnehmung ist es aber umgekehrt. Auch hier haben wir wieder im Diskurs bei der AfD gesehen, dass Sie wirklich nur auf den Schwächsten herumhacken, anstatt das dort Geld zu holen, wo es sich wirklich lohnt.
(Zustimmung bei der Linken)
Es kommt von der AfD kein Wort zu dieser Thematik und kein Wort zur Stärkung der Finanzaufsichtsbehörden. Vielleicht haben Sie ja auch Angst, dass durch diese Kontrollen Unternehmen oder Multimillionäre zur Verantwortung gezogen werden könnten,
(Guido Kosmehl, FDP: Ach, Frau Hohmann! Frau Hohmann, meine Güte!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Hohmann, kommen Sie bitte zum Schluss.
Monika Hohmann (Die Linke):
die absichtlich versuchen, den Staat und damit uns alle um Millionen zu betrügen. Es ist schon augenscheinlich. Statt pauschale Beschuldigungen zu erheben, sollten Sie darauf blicken, wie wir die Herausforderungen unabhängig von Herkunft und Nationalität in unserem Land bewältigen können. Daran hat die AfD aber kein Interesse.
(Zustimmung bei der Linken)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Es folgt eine Intervention von Herrn Büttner, Staßfurt. - Herr Lizureck stehen Sie da nur so
(Lachen)
oder wollen Sie auch eine Intervention tätigen? - Ja, gut. - Herr Büttner.
Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es ist sehr traurig, dass Frau Hohmann das Rednerpult verlässt und hier für Fragen oder Interventionen nicht zur Verfügung steht. Das ist ja typisch für Die Linke. Sie wollten uns immer inhaltlich stellen. Passiert ist bis heute nichts. Wenn das Ihre Art ist, uns inhaltlich zu stellen, dann herzlichen Glückwunsch.
Ich komme jetzt zum Kern der Sache. In der Stadtratsfraktion in Staßfurt haben wir einen Ukrainer als Mitglied. Er ist mit sechs oder sieben Jahren nach Deutschland gekommen, hat hier Maschinenbau studiert und bringt sich sehr gut ein. Er ist Mitglied der AfD-Fraktion. Darauf bin ich besonders stolz.
Er hat vor kurzem Anfragen bekommen von Arbeitgebern für einen Lohn von 18 € je Stunde und wurde gefragt, ob er Leute organisieren kann, die vielleicht arbeiten wollen. Er hat in der ukrainischen Community gefragt, wer für 18 € pro Stunde arbeiten gehen würde. Wissen Sie, wie viele sich darauf gemeldet haben? - Gar keiner. Wissen Sie, warum die sich nicht gemeldet haben? - Die haben klar und deutlich ausgeführt, dass sie für ihre Familie mit Kindern, wenn sie nicht arbeiten gehen, vielleicht 200 € oder 300 € weniger haben, als wenn sie für 18 € je Stunde arbeiten gehen. Da fängt doch der Leistungsbetrug schon an.
Wenn jemand arbeiten gehen kann und damit sogar mehr Geld hätte, z. B. 200 € oder 300 € mehr, es aber nicht tut, weil er weiß, dass er sich seine Nahrungsmittel vielleicht noch bei der Tafel holt und am Ende bloß 200 € oder 300 € weniger hat, dann ist das für mich ein untragbarer Zustand, der sofort beendet werden muss. Es darf nicht mehr passieren, dass Ukrainer einfach hierherkommen, ihren ukrainischen Pass zeigen und dann sofort einfach so Geld bekommen.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Büttner!
Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):
Es muss konsequent festgestellt werden, was die haben und was die nicht haben. Das ist nichts anderes als das, was wir wollen. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der AfD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Interventionen sind auch zeitlich begrenzt. - Herr Lizureck, bitte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Frau Hohmann, Sie haben uns unterstellt, wir wären populistisch. Wir haben das Recht zu monieren, dass in Deutschland nur 21 % der Ukrainer arbeiten, aber in Polen z. B. 70 % bis 80 %. Erklären Sie mir doch einmal, was daran populistisch ist. Das ist doch ein Missstand und das ist ein Versagen der Politik ohne Gleichen.
(Zustimmung bei der AfD)