Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist etwas mehr als ein Jahr her, als wir hier im Hohen Hause über die Ausstattung und die Finanzierung der Schulsozialarbeit debattiert haben.
Damals konnte sich die Koalition, auf Betreiben meiner Fraktion, während der Haushaltsverhandlungen dazu entschließen, den kommunalen Finanzierungsanteil, der für das ESF+-Programm vorgesehen war, zu übernehmen und weitere 14 Stellen zu finanzieren. - Dafür noch einmal ausdrücklich herzlichen Dank an alle, die diesen Weg mitgegangen sind.
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)
In dem damaligen Entschließungsantrag zum Haushalt für das Jahr 2022 in der Drs. 8/1172, auf den möchte ich gern noch einmal verweisen, heißt es:
„Das Land bekennt sich zu einem verlässlichen Finanzierungsanteil. Zudem sichert es einen geordneten Dialog mit den Landkreisen und kreisfreien Städten über eine kommunale Mitfinanzierung des Projektes ‚Schulerfolg sichern‘ und die qualitativen Ansprüche an die Schulsozialarbeit ab dem Schuljahr 2024/25.“
Wir stellen fest, leider, das, zumindest bis jetzt, der geordnete Dialog mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten noch in den Kinderschuhen steckt.
(Ministerin Eva Feußner: Der findet schon statt!)
Denn ansonsten wäre es für mich nicht erklärbar, dass der Kreistag in Stendal - auch mit den Stimmen von hier sitzenden Abgeordneten - in dieser Woche einen Beschluss gefasst hat, der deutlich besagt: Wir haben in der Perspektive keine Schulsozialarbeit mehr, weil wir diese 20 % nicht erbringen können, und zwar aus Gründen der Haushaltskonsolidierung.
Ich glaube, keiner der hier sitzenden Landtagsabgeordneten, der auch Mitglied im Kreistag ist, hat diesen Beschluss mit der Idee gefasst: Wir wollen keine Schulsozialarbeit mehr. Nein, ganz im Gegenteil: Es ist ein Hilferuf. Es ist ein Hilferuf der kommunalen Ebene. Ich glaube, diesen müssen wir hören und ernst nehmen.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Ich will nicht sagen, die kommunale Ebene habe keine Mitverantwortung, ganz im Gegenteil. Sie hat eine Mitverantwortung.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)
Denn die Schulsozialarbeit ist - ich höre das Argument immer wieder von meinen Kolleginnen und Kollegen - auch Bestandteil des SGB VIII. Aber sie ist auch Teil unseres Schulgesetzes. Beide Seiten haben eine Verantwortung. Deshalb stelle ich nur eine Frage. Unser gemeinsames Ziel an dieser Stelle, werte Kolleginnen Kollegen, muss es doch sein, durch die ESF-Förderung und durch einen klugen Einsatz von kombinierten Mitteln hinterher mehr Schulsozialarbeit im Land zu haben, als wir aktuell haben.
Die Finanzierung der kommunalen Ebene darf doch nicht dazu führen, dass z. B. eigenfinanzierte Stellen abgebaut werden müssen. Sie darf auch nicht dazu führen, dass sich Kreistage und Landkreise von der Mitfinanzierung und damit von den Stellen der Schulsozialarbeit verabschieden müssen, weil die Finanzlage der Landkreise so aussieht, wie sie gerade aussieht. Wir könnten auch - in Anführungsstrichen - einfach das Problem über eine Finanzierung im FAG lösen. Ich schaue dazu in die Gesichter der Finanzer und auch der Innenpolitiker. Aber das gemeinsame Ziel dürfen wir doch dabei nicht aus dem Auge verlieren. Ziel muss es sein, Schulsozialarbeit an den Schulen einzusetzen, die Bedarf haben, und in der Perspektive sogar an allen Schulen.
Ich möchte auch ganz deutlich sagen: Wir waren schon sehr überrascht, als wir uns den Schulleiterbrief angeschaut haben. Denn die Orientierung auf Merkmale zur Projektauswahl, die auf Maßnahmen aus dem SGB VIII oder aus der Jugendgerichtsbarkeit abstellen, ist eine neue Herangehensweise. Ich habe tatsächlich die Frage im Kopf, was denn dieser Sozialraum ist, um den es dabei geht. Der Sozialraum Halle-Neustadt, der südliche Teil, umfasst mehrere Schulen. Er umfasst Schulen im Grundschulbereich mit Kindern, die in diesem Sozialraum leben, und weiterführende Schulen mit Kindern, die nicht in diesem Sozialraum leben. Gelten für alle die gleichen Bedingungen? Wird alles über einen Kamm geschoren? Ist die freie Schule in diesem Stadtteil automatisch mit einbezogen, weil es den gleichen Sozialraum und damit die gleichen Auswahlkriterien betrifft? Wie soll die Abfrage dieser Kriterien bei der Vergabe operationalisiert werden? Was ist die Idee dahinter, zumal die bisherigen Vergabevoraussetzungen und Vergabekriterien es nicht vorgesehen haben? Wird die Förderrichtlinie geändert?
All diese Dinge müssen seitens des Ministeriums geklärt werden. Ich hoffe, das erfolgt sehr transparent. Noch haben wir ein wenig Zeit. Ich glaube, wir werden das gemeinsam auf einen guten Weg bringen. Deshalb bitte ich das Hohe Haus um die Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Ich bin mir sicher, es wird heute nicht der letzte Tag sein, an dem wir über Sozialarbeit diskutieren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der FDP)