Guido Henke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Geehrte Damen und Herren! Das Thema des Antrages erfasst das eigentliche Problem nicht, wie wir eben gerade schon gehört haben. Zur Erinnerung: Die Forderung nach einer Abschaffung der Höchstsätze bei Parkgebühren ist wiederholt unter anderem vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hier: dem VDV Ost vorgebracht worden.
Ziel und Zweck dieser Initiative bestanden darin, die von niemandem angezweifelte absehbare Erhöhung des Verkehrsaufkommens in Einklang mit einem ÖPNV-Wachstum und dem dafür erforderlichen Finanzierungsbedarf zu bringen. Laut Koalitionsvertrag sollen längst bekannte Vorschläge wie die Änderung der Parkraumverordnung auf deren Umsetzbarkeit geprüft werden. Aber mit welchem Ziel und bis wann?
Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag wurde auch gleich in den Medien die Idee der Erprobung des Modellprojektes nach Vorbild der Wiener 365-€-Jahreskarte diskutiert. Auf eine Nachfrage der „Volksstimme“ hält sich die Ministerin eine Erprobung offen.
Nach einer im Auftrag des VDV veröffentlichten aktuellen Studie, wie der Nahverkehr seinen Anteil zur Klimawende schafft ich erinnere an das steigende Verkehrsaufkommen , müssten bundesweit 48 Milliarden € allein bis zum Jahr 2030 zusätzlich aufgewendet werden, um das notwendige Mehrangebot im ÖPNV zu finanzieren.
Selbst wenn der heutige Leistungsumfang im ÖPNV-Angebot unverändert bis zum Jahr 2030 bliebe, werden dessen Kosten um ein gutes Drittel steigen. Gründe: Kostensteigerungen bei Personal und Energie, Investitionen für Infrastruktur, Fahrzeugpark und digitale Ertüchtigung.
Ganz nebenbei, Frau Ministerin: In der vergangenen Wahlperiode hat sich der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr mit einer Studie zum Wiener Modell auseinandergesetzt. Der damalige Erkenntnisgewinn scheint bei vielen, die sich zu Wort melden, nicht angekommen zu sein. Das Modell ist absehbar auf hiesige Bedingungen nicht übertragbar.
Die Stadt Wien hat über Jahrzehnte das Nahverkehrsangebot so umfangreich ausgestattet, dass vielerorts der Privat-Pkw nicht erforderlich ist. Von diesen Bedingungen, wie einem dichten Haltestellennetz, Taktung, Fahrzeugqualität und langfristige Planungs- und Finanzierungssicherheit, sind wir hier noch Jahrzehnte entfernt.
(Zustimmung)
Der Koalitionsvertrag bleibt vage, wie der Rückstand aufzuholen und der ÖPNV auszubauen ist.
Geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Lüddemann, mit Ihrem Antrag haben Sie etwas gut Gemeintes schlecht beantragt und so den selbst ernannten Verteidigern von freier Fahrt für freie Bürger eine Vorlage geboten. Mit unserem Alternativantrag, der kein Gegen-, sondern ein Ergänzungsantrag ist, bieten wir Ihnen an, diesen Mangel zu heilen, um, wie es unser Antrag besagt, die kommunale Mobilitätswende durch eine Stärkung des ÖPNV zu erreichen.
Es geht um Grundsätzlicheres als die zusätzliche kommunale einnahmen- und kostengesteuerte Verkehrslenkung in den Gemeinden. Böse gesprochen hieße das: freie Fahrt für Reiche, Arme parken am Rand. - Das lehnen wir als LINKE ab.
(Zustimmung)
Geehrte Damen und Herren! Die Anfang dieses Monats vorgestellten Vorschläge des Umweltbundesamtes zur Beendigung der Bevorzugung des Autoverkehrs sind da bedeutend attraktiver: Straßen für den ÖPNV zu reservieren oder überall Tempo 30 einzuführen, um die Fußgänger zu schützen.
Dann waren da noch die von einigen als skandalös, wenn nicht gar als umstürzlerisch angesehenen Forderungen nach dem Abbau klimaschädlicher Subventionen, z. B. der Pendlerpauschale, Dienstwagen- und Dieselprivileg, die Milliardensummen freisetzen würden.
Jedoch spricht sich die gleiche Behörde an gleicher Stelle für mehr E-Antriebe in allen Fahrzeugklassen aus. Diese werden bekanntlich mit Verkaufsprämien subventioniert. Damit werden neue Märkte für Privat- und Dienst-Pkw geschaffen, was einer Förderung des Nahverkehrs und einer Verkehrsvermeidung nicht dienlich sein kann.
Auch die vom UBA geforderte Abgabenerhöhung für fossile Energieträger folgt der Logik von Marktgesetzen, ist in den Auswirkungen zutiefst unsozial und abzulehnen.
(Zustimmung)
Sie ist deshalb abzulehnen, weil für den Nutzer, insbesondere hier im Lande der frühaufstehenden Pendler, keine andere Wahl besteht, als den teurer werdenden Privat-Pkw zu nehmen - mangels nicht ausreichenden Verkehrsangebots. Wir haben es gehört: Die meisten Menschen hier leben im ländlichen Raum.
Eine Anhebung der Parkgebühren käme erschwerend hinzu, ohne andere, sozial gerechtere, Angebote für Verkehrsteilnehmer anzubieten. Auch diese immer wieder genannten Modellprojekte für autofreie Tage oder zur Innenstadtbelebung setzen eben immer attraktive ÖPNV-Angebote voraus, die uns fehlen.
Ich bitte Sie daher um Unterstützung für unseren Alternativantrag, gern auch um eine Überweisung zwecks weiterer Diskussion im Fachausschuss, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)