Michael Scheffler (CDU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Seit beinahe einem Jahr steht die Energiepolitik unter enormen Druck. Die Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland hat Deutschland angreifbar gemacht. Der aufgezwungene Feldversuch zur Bewältigung der Energiekrise, also sozusagen der Realversuch, hat leider gezeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien Lücken hat.
Die Lücken zeigen sich nicht zwingend an der Anzahl der Anlagen zur Energieerzeugung, nein, sie zeigen sich vielmehr in der Grundlastfähigkeit und der Speicherfähigkeit. Die erneuerbaren Energien haben den Stresstest im Realversuch nicht zufriedenstellend bestanden. Man könnte auch sagen, dass sie durchgefallen sind.
(Zuruf von der AfD: Ja!)
In der derzeitigen Situation kann es nicht mehr um Ideologien gehen, sondern es muss um die Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger gehen.
(Zustimmung bei der CDU)
Es muss um unsere Wirtschaft gehen. Es muss darum gehen, dass es eine sichere und bezahlbare Energieversorgung in unserem Land gibt.
Um dies zu erreichen, ist es nötig, alle Energieerzeugungsmethoden und alle erdgasunabhängigen Methoden, und zwar gerade jetzt, zu nutzen - alle! Das schließt die Kernkraftwerke ein.
Durch das Hochfahren der Braunkohlekraftwerke aus der Sicherheitsbereitschaft hat die Bundesregierung reagiert. Dies bedeutet aber gleichzeitig eine Produktion von CO2, wie wir sie lange nicht kannten. Es ist unbegreiflich, dass die Bundesregierung CO2-intensive Kohlekraftwerke und nicht CO2-neutrale Kernkraftwerke unterstützt. Hier wird gerade der von den GRÜNEN geforderte Klimaschutz geopfert.
(Zustimmung bei der CDU - Tobias Rausch, AfD: Richtig!)
Seit dem Hochfahren der Kraftwerke sind ca. vier Monate vergangen und doch ist kein nennenswerter Fortschritt erkennbar. Die Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Kernkraftwerke bis zum 15. April 2023 ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aktuell wird vermutet, dass nicht dieser Winter das Problem für uns darstellt, sondern der kommende. Noch ein Grund mehr, die Laufzeit zu verlängern.
(Zustimmung bei der CDU)
Meine Damen und Herren! Diese Forderung ist keineswegs der Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie, sondern vielmehr der einzig gangbare Weg, um das Land nicht ins Chaos zu stürzen.
(Zustimmung bei der CDU)
Unsere Bürgerinnen und Bürger leiden unter den hohen Energiepreisen, und das nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch beim Wocheneinkauf. Die Verbraucherpreise von Nahrungsmitteln sind um 20 % gestiegen. Wir haben eine Inflationsrate von fast 10 % und eine Erhöhung der Verbraucherpreise für Energie um ca. 25 %. Das kann so nicht weitergehen. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Mittelstand und Handwerk wissen nicht mehr, wie sie ihre Strom- und Gasrechnungen bezahlen sollen. Ich möchte nicht wissen, wie groß die Sorgen im Winter 2023/2024 werden.
Jeder, der dieses Problem sieht, kann nur zu einer Lösung gelangen: Lasst unsere Kernkraftwerke am Netz und gebt den Betreibern eine Planungssicherheit! Denn der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland kann den Strompreis um bis zu 12 % senken.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Hannes Loth, AfD)
Ich sagte bereits, dass dies nicht der Ausstieg aus dem Ausstieg der Kernenergie sei; es ist die Nutzung vorhandener klimaneutraler Energieerzeugungsmethoden, bis die erneuerbaren Energien auf ganzer Linie erfolgreich sein können. Hierzu müssen Forschung und Entwicklung bei den Speichertechniken, der Energieeffizienz, bei der Digitalisierung der Stromsysteme, bei synthetischen Kraftstoffen und in der Wasserstofftechnologie vorangebracht werden. Die Umstellung von einer konventionellen zu einer regenerativen Stromerzeugung muss sich daran orientieren, ob Deutschland trotz seines künftig noch höher prognostizierten Stromverbrauchs in der Lage ist, Spitzen- und vor allem Grundlast über das gesamte Jahr zu garantieren.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir brauchen eine schnelle und pragmatische Umstellung der deutschen Energieversorgung. Dafür müssen wir bestehende Kernkraftwerke länger als geplant in unsere Stromversorgung einbeziehen. Eine gesicherte Versorgung ist nur dann gewährleistet, wenn die Produktion von Energie auf möglichst vielen und unabhängigen Säulen basiert, wenn die Grundlast 24/7 sichergestellt ist und die Bedarfsspitzen gut und zuverlässig bedient werden können. Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt handeln.
(Zuruf der CDU: Oh ja!)
Als Land sind unsere Mittel begrenzt, aber wir können vom Bund fordern: Lasst die Kernenergie als Brückentechnologie und zur Absicherung der Grundlast am Netz, bis die erneuerbaren Energien durch Speicherung grundlastfähig sind und die Stilllegung der Kernenergie vollständig auffangen könnten.
Nun empfehle ich Ihnen einen Blick aus dem Fenster: keine Sonne, kein Wind, und das seit mehreren Tagen. Kommen Sie in der Realität an! Wir brauchen zuverlässigen Strom. - Danke.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)