Guido Kosmehl (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe einmal nicht auf die Rede von Herrn Büttner ein, sondern versuche, in der Sache etwas zu sagen. Sie haben einen Antrag gestellt, und wir wollen uns mit dem Antrag und der Sache beschäftigen, und das lohnt sich tatsächlich. Kollege Erben hat es schon gesagt, die Diskussion um den Einsatz sogenannter Taser oder von Distanzelektroimpulsgeräten, wie man sie formal bezeichnen sollte, ist auch in Sachsen-Anhalt nicht neu. Wir haben bereits vor vielen Jahren sehr intensiv diskutiert,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Seit über zehn Jahren!)
auch mit den Polizeigewerkschaften, auch mit dem Innenministerium, über den richtigen Weg im Umgang mit den Tasern als Ausstattungsgegenstand der Polizei. Ich sage ganz deutlich für die Freien Demokraten: Wir würden Einsatzkräfte im Streifendienst in der Polizei Sachsen-Anhalt gern auch mit Tasern ausrüsten wollen.
(Beifall bei der FDP)
Ich nehme zur Kenntnis, dass dies Stand heute keine Mehrheit in der Koalition findet, weil die CDU nicht bereit ist, diesen Weg mitzugehen. Ich glaube aber, dass es sich lohnt, eine Fachdebatte im Ausschuss zu führen, eine Fachanhörung durchzuführen, um das Ministerium davon zu überzeugen, dass sich viele Hinweise, über die wir reden müssen, entkräften lassen.
Frau Ministerin, Sie wissen: Die Diskussion um das Gewicht am Gürtel führen bei jedem zusätzlichen Ausrüstungsgegenstand. Jedes Mal kommen die Hinweise, das sei schon jetzt zu schwer. Trotzdem gibt es, weil wir davon überzeugt sind, dann immer doch die Entscheidung: Wir nehmen diesen zusätzlichen Ausrüstungsgegenstand auf.
Ich will an dieser Stelle nicht verheimlichen, dass wir auch viele fachliche Themen zu besprechen haben, über die Herr Büttner wahrscheinlich noch gar nicht nachgedacht hat, z. B. die Frage: Wie ordnen wir den Taser ein? Ist er eine Waffe, also quasi dem Schlagstock gleichgesetzt? Oder ist er ein Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und damit dem Pfefferspray gleichzustellen? Das hat auch unterschiedliche Auswirkungen. Die Bundesländer, die Erfahrung damit haben, gehen dabei auch unterschiedliche Wege. In Deutschland gibt es diesbezüglich keine einheitliche Zuordnung. Wir sollten darüber diskutieren, wie wir es machen. Denn das ist auch für die Beamten bei der Frage der Auswahl des richtigen Einsatzmittels wichtig.
Ich will an dieser Stelle einmal auf die aktuellen Erfahrungen in Rheinland-Pfalz hinweisen. In Rheinland-Pfalz sind seit 2021 die Streifenwagen mit Tasern ausgestattet. Sie sind also im Streifenwagen verfügbar. Das heißt, es müssen nicht alle Bediensteten einzeln - bei uns in Sachsen-Anhalt wären das 7 000 - damit ausgestattet werden. Das wäre eine Möglichkeit.
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 wurde der Taser in Rheinland-Pfalz 164-mal eingesetzt. Dies waren 24 Fälle weniger als in dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. In vielen Fällen, meine sehr geehrten Damen und Herren, reichte die bloße Androhung des Tasereinsatzes, damit sich die Situation entsprechend entschärfte bzw. der Täter festgenommen werden konnte. Das heißt, es geht nicht darum, dass der Taser jedes Mal auch zur Anwendung kommt, aber ihn als Möglichkeit zur Verfügung zu haben, bringt tatsächlich etwas.
Ich freue mich wirklich auf die Anhörung im Fachausschuss. Der Taser bietet viele Möglichkeiten. Er kann im Kontaktmodus verwendet werden, wie üblicherweise der Elektroschocker. Er kann im Distanzmodus verwendet werden. Da die Geräte mittlerweile besser geworden sind, können sie auch zweistufig zum Einsatz kommen. Man kann zuerst die Kontaktelektroden abschießen, um festzustellen, ob der Richtige getroffen wurde, um danach den Elektroimpuls aussenden.
Das ist z. B. in einer Situation wie in Solingen relevant. In Solingen wäre kein Polizeibeamter auf die Idee gekommen, die Schusswaffe zu ziehen; denn dadurch hätten zu viele unbeteiligte Menschen gefährdet werden können. Aber ein Taser hätte in dieser Situation unter Umständen dafür gesorgt, dass der Täter hätte getroffen werden können. Durch das Auslösen des Elektroimpulses hätte er dann unschädlich gemacht und verhaftet werden können.
(Beifall bei der FDP)
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, würden wir gern über den Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten bei der Landespolizei Sachsen-Anhalt reden. Deshalb bitte ich um eine Überweisung des Antrags in den Innenausschuss.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ich bitte Sie darum, kurz vorn zu bleiben, sofern Sie eine Frage von Herrn Striegel beantworten wollen.
Guido Kosmehl (FDP):
Gern.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Dann machen wir das jetzt.
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Kollege Kosmehl, Ihr engagiertes Werben für den Taser ist durchaus zur Kenntnis genommen worden. Auf der Grundlage der mir vorliegenden Informationen komme ich fachlich allerdings zu einer anderen Schlussfolgerung. Ich würde auch ganz grundsätzlich nicht auf der Grundlage eines AfD-Antrags im Ausschuss diskutieren. Ich glaube, das verbietet sich.
(Oh! von der AfD)
Aber ich habe eine Frage an den Vertreter einer Fraktion, die in der Vergangenheit doch mit einigem Stolz den Namen Bürgerrechtspartei im eigenen Claim geführt hat. Ich möchte konkret fragen zum Einsatz von Bodycams und Tasern. In anderen Polizeien, auch international, ist es guter fachlicher und guter polizeilicher Standard, dass man den Taser, wenn man ihn als Ausrüstungs-, als Einsatz- und Führungsmittel am Gürtel bei sich trägt, in der Ausübung auch koppelt an die Aktivierung der Bodycam, um die Einsatzsituation hinterher für alle Beteiligte rechtssicher auswerten zu können.
Meine Frage ist: Wenn Sie hier so engagiert für den Taser streiten, sind Sie dann auch bereit zu sagen: Das muss aus bürgerrechtlicher Perspektive dann zwingend mit der Bodycam gekoppelt sein, sodass die Einsätze hinterher auch ausgewertet werden können?
Guido Kosmehl (FDP):
Sehr geehrter Herr Striegel, erlauben Sie mir eine zweigeteilte Antwort. Erstens. Die Freien Demokraten hier im Landtag entscheiden über eine Überweisung von Anträgen vor dem Hintergrund, ob wir über den Sachverhalt diskutieren wollen.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Deshalb überweisen wir von Zeit zu Zeit auch grüne Anträge an die Ausschüsse
(Lachen bei der AfD - Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Sehr selten!)
und diskutieren darüber, weil es uns um die Sache geht, wie bspw. jüngst bei Ihrem Antrag zur juristischen Ausbildung.
Zweitens. Selbstverständlich, das ist eigentlich eine logische Konsequenz. Die Koalition hat sich darauf verständigt - Sie sind ja dagegen , die Polizei mit Bodycams auszurüsten. Dann stellt sich die Frage, ob das technisch möglich ist. Es kommt darauf an, welche Bodycams angeschafft worden sind und ob diese mit dem Gerät, das dann ausgeschrieben werden würde, harmonieren. Aus meiner Sicht sollte das harmonieren; denn es wäre natürlich von Vorteil, dass man, sobald man das Einsatzmittel wählt, auch das Einsatzgeschehen aufnehmen kann.
Gerade weil wir eben nicht einfach sagen, wir setzen das jetzt um, sondern weil wir Bedenken und Hinweise ernst nehmen, wollen wir eine Sachdebatte im Ausschuss führen. Wir wollen mit Experten, auch mit den Polizeigewerkschaften, bei denen das nicht unumstritten ist - das hat Frau Ministerin richtig gesagt , darüber sprechen, ob, wie, wann und in welcher Weise wir unsere Landespolizei an dieser Stelle noch verbessern können. Deshalb gehen wir den Weg über eine Anhörung im Ausschuss. - Vielen Dank.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ich danke Ihnen auch.