Tagesordnungspunkt 25
Energiepreise jetzt senken! Inflation stoppen!
Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5015
Frau Eisenreich bringt diesen Antrag für die Fraktion DIE LINKE ein. Sie ist auf dem Weg an das Rednerpult und erhält jetzt das Wort. - Bitte sehr.
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Derzeit flattern zahllose Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen, unter anderem für Strom und Gas sowie Fernwärme, ins Haus. Und ja, sehr oft steht dann der Satz darunter, dass eine Nachzahlung in nicht unerheblicher Höhe und damit auch eine Erhöhung der monatlichen Vorauszahlung erforderlich sei.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, treibt vielen Menschen den Angstschweiß auf die Stirn, weil sie gerade nicht wissen, wie sie das bezahlen sollen; denn die Lebenshaltungskosten sind ohnehin schon sehr hoch. Und jede zusätzliche Ausgabe bringt die Menschen in Bedrängnis, weil sie schon nicht mehr wissen, wo sie überhaupt noch sparen sollen.
Besonders betroffen davon sind natürlich Menschen mit geringem bis mittlerem Einkommen. Und davon haben wir ja in Sachsen-Anhalt nicht wenige, unter anderem Alleinerziehende, Familien mit Kindern, Menschen, die soziale Leistungen beziehen, Auszubildende, Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner. Die meisten müssen sich aufgrund der seit Jahren steigenden Energiepreise einschränken und extrem Strom sparen.
Millionen Haushalte bundesweit können ihre Wohnungen nicht angemessen heizen. Das ist in der derzeitigen Jahreszeit absolut untragbar.
(Zustimmung bei der Linken)
Von den gesundheitlichen Folgen insbesondere für vulnerable Gruppen, Kranke, Kleinstkinder und Senioren will ich da noch gar nicht sprechen. Können diese Rechnungen nicht beglichen und können dann auch die monatlichen Vorauszahlungen nicht geleistet werden, wird im schlimmsten Fall der Strom oder das Gas abgestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Energiepreise sind immer noch sehr hoch. Diesen Zustand beklagen wir auch hier im Hause seit Jahren. Gleichzeitig unterliegen sie aber auch sehr großen Schwankungen, insbesondere an der Strombörse. Aber hierbei stellt sich doch als Erstes die Frage: Warum muss Strom überhaupt an der Börse gehandelt werden?
Die Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen eine gesicherte Versorgung mit Energie. Das tun sie völlig zu Recht, indem sie langfristige oder längerfristige Verträge mit ihren Versorgungsunternehmen abschließen.
Auch diese Unternehmen, insbesondere kommunale, sichern ihre Beschaffung und ihren Versorgungsauftrag auf der Grundlage von mittel- und langfristigen Verträgen und nur zu einem geringen Teil auf den sogenannten Spotmärkten. Allerdings sind bei den kommunalen Versorgern die Preise häufig höher als bei zahlreichen privaten Versorgungsunternehmen, die mit günstigen Einstiegspreisen locken. Das klingt natürlich erst einmal gut.
Aber wie schnell das auch nach hinten losgehen kann, haben wir erst in den letzten Jahren bei den Energiepreisexplosionen gesehen. Denn in der Folge mussten die kommunalen und regionalen Versorger einspringen und die Ersatz- und Grundversorgung von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern übernehmen, die von der Insolvenz ihrer Versorger betroffen waren und mitunter auch dann noch ihre Vorauszahlung einbüßten. Dadurch mussten aber nunmehr die kommunalen Versorger wieder Energie zu sehr hohen Preisen beschaffen und diese an die Kundinnen und Kunden weitergeben.
Hieran wird deutlich, dass der marktgetriebene Ansatz und die Liberalisierung und Deregulierung komplett versagt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die bis zum Jahr 2007 übliche Preisgestaltung durch die öffentliche Hand wurde abgeschafft. Der Preis wird an Strom- und Gasbörsen bestimmt. Es dominieren kurzfristige Geschäfte, die über die - ich habe sie schon genannt - Spotmärkte abgewickelt werden, auf denen es auch zu preistreibenden Spekulationen kommt.
Deshalb müssen aus unserer Sicht die Energiemärkte reguliert und die Energiepreise auf einem bezahlbaren Niveau gedeckelt werden.
(Zustimmung bei der Linken)
Energiearmut, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist also ein echtes Problem für viele Menschen. Deshalb müssen insbesondere einkommensschwache Haushalte entlastet werden.
(Zustimmung bei der Linken)
Das soll aber aus unserer Sicht eben nicht nur kurzfristig und in Krisensituationen greifen; denn auch das haben die jüngsten Krisenjahre gezeigt: Einmalzahlungen und befristete Mehrwertsteuerabsenkungen können nicht wirklich entlasten, weil die Wirkung nach der Wiedereinführung z. B. des höheren Mehrwertsteuersatzes komplett wieder aufgefressen wurde.
Damit aber Energie kein Luxusgut ist und allen Menschen der bezahlbare Zugang zu Strom und Gas auch gewährleistet wird, wollen wir ein für verschiedene Haushaltgrößen angemessenes Grundkontinent für Strom und Heizung bzw. Gas einführen.
(Zustimmung bei der Linken)
Dieses muss kostengünstig und vom Preis her gedeckelt sein. Das schützt langfristig vor Energiearmut.
Die Berechnungen für ein solches Grundkontingent müssen sich an den entsprechenden durchschnittlichen Verbräuchen der verschiedenen Haushaltsgrößen orientieren. Im Übrigen gibt es dazu zahlreiche Modelle von verschiedensten Einrichtungen und Organisationen. Auch für die Gestaltung der Preise für die darüberhinausgehenden Verbräuche gibt es zahlreiche Modelle, wie das aussehen kann.
Ja, auch Strom- und Gassperren sind nach wie vor ein Thema in Sachsen-Anhalt. Auch wenn die Zahlen insgesamt rückläufig sind: Nach dem aktuellen Monitoring-Bericht der Bundesnetzagentur für das Jahr 2023 ist nur Nordrhein-Westfalen bei Stromsperren noch schlechter als Sachsen-Anhalt. Bei Gassperren sieht es ein bisschen besser aus. Aber hierbei liegen wir im unteren Drittel, und das ist auf keinen Fall ein Ruhmesblatt für unser Land.
Dass diese Zahlen rückläufig sind, ist sicherlich den Anstrengungen der Verbraucherzentralen, der Schuldnerberatungsstellen, der kommunalen Energieversorger und anderen zu verdanken, die den Menschen beratend und mit konkreten Maßnahmen bei dieser schweren Situation zur Seite stehen, um diese dann abzuwenden und zu meistern.
(Marco Tullner, CDU: Vielen Dank!)
An dieser Stelle verdient also ihre Arbeit unsere Anerkennung und auch Dank.
(Zustimmung bei der Linken)
Es gibt aber auch Situationen, in denen Mieterinnen und Mieter überhaupt keine Chancen haben, weil die Energiesperre vom Vermieter verursacht wurde, der die Zahlungen an den Versorger nicht geleistet hat. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht auf gar keinen Fall.
(Zustimmung bei der Linken)
Mit der neuen Grundversorgungsverordnung sind die Hürden für Strom- und Gassperren höher geworden. - Richtig. Aber sie sind immer noch nicht gänzlich verboten. Es wird sich in den nächsten Monitoring-Berichten zeigen, ob diese rechtliche Lösung in der Realität wirklich gut wirkt. Da für Die Linke Strom und Wärme zur Daseinsvorsorge gehören, wollen wir eine gesetzliche Untersagung von Strom- und Gassperren erreichen.
Und dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, fehlt ja auch immer noch das Klimageld, mit dem sozial gerecht die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bevölkerung ausgezahlt werden sollten, um so die durch den CO2-Preis verursachten Mehrkosten zu kompensieren.
So sah es der Koalitionsvertrag der als Ampel auf Bundesebene gestarteten Koalition vor. Dies würde die Menschen entlasten. Doch hierbei sah sich zwar die ehemalige Bundesregierung in der Lage, den CO2-Preis umzusetzen und zu erhöhen. Für die Auszahlung des Klimageldes gab es aber unüberwindliche Hürden.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz ehrlich: Wenn man sich in solch einem wichtigen Koalitionsvertrag vornimmt, ein Klimageld auszuzahlen, weil der CO2-Preis erhöht werden soll, dann aber die Auszahlung des Klimageldes am politischen Willen scheitert, dann muss eben auch die Erhöhung des CO2-Preises ausgesetzt und gestoppt werden.
(Zustimmung bei der Linken)
Damit sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Energiekosten tatsächlich endlich bessert, müssen auf der Bundesebene die richtigen Weichen gestellt werden. Da helfen absolut keine Versprechungen, sondern nur noch Taten. Die Menschen sind inzwischen zu Recht sauer. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
(Zustimmung bei der Linken)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Eisenreich, es gibt noch ein Fragebegehren von Herrn Staudt. Wollen Sie dieses beantworten? - Offensichtlich.
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Wenn ich es kann, ja.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Na, da schauen wir mal. Herr Staudt hat das Wort. - Bitte sehr.
Thomas Staudt (CDU):
Sehr geehrte Frau Eisenreich, nur eine Frage. Sie haben in Ihrer allgemeinen Schwarzmalerei eben von Strom- und Gassperren und davon, dass wir ziemlich schlecht sind, gesprochen. Haben Sie einmal Zahlen? Über wie viele sprechen wir in Sachsen-Anhalt? Es soll also nicht nur mitgeteilt werden, dass wir schlecht sind, sondern wir wollen absolute Zahlen sehen. Können Sie uns da vielleicht ein bisschen mit in Ihre Welt holen? - Danke.
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Ich habe sie heute schon drei Mal gelesen. Vielleicht habe ich sie jetzt nicht wirklich auf den Punkt genau zur Verfügung. Bei Strom liegen wir ungefähr bei fast 7 000. Aber wir müssen auch auf die Prozentwerte gucken. NRW liegt bei weit über 10 000. Im Vergleich dazu liegen wir prozentual, also im Verhältnis zur Bevölkerung, schlecht.
Beim Gas im Verhältnis zu denjenigen, die Gas beziehen - man muss auch sagen, dass nicht mehr alle Gas beziehen -, sind wir auch schlecht. Aber absolut sind wir unter 1 000.
Thomas Staudt (CDU):
Unter 100 000?
Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Unter 1 000, ja.
Thomas Staudt (CDU):
Danke.