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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (Die Linke): 

Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst einmal bei der Ministerin für ihre Rede bedanken. Sie haben mir an vielen Stellen aus dem Herzen gesprochen, nicht an allen Stellen. Ich will nur sagen: Die Beschlussempfehlung lautet, diesen Antrag rundweg abzulehnen, und zwar ohne Alternativen. Das, was Sie hier gesagt haben, war gerade genau das Gegenteil. Ich bemerke das zwar, aber das hat offensichtlich keine politischen Konsequenzen. 

Genau das ist das Problem, vor dem wir hier stehen: Die Sonntagsreden zur Migration und zur Willkommenskultur haben in der Praxis eben kaum politische Konsequenzen. Politische Konsequenzen haben aber immer diejenigen, die den Ton verschärfen, die Diskriminierung das Wort reden und die versuchen, die Grenzen dieses Landes abzuschotten. 

Dabei reden wir bei Migration über eine sehr vielschichtige Situation. Der absolut größte Anteil der Migration in unserem Land ist die innereuropäische Migration. Das ist die Migration von Arbeitskräften, z. B. aus Rumänien, aus Polen, aus Bulgarien. Wir haben eine Situation, in der wir auf diese Migration angewiesen sind, genauso wie wir auf Migration an anderen Stellen angewiesen sind, und zwar nicht nur, weil das unsere permanente Perspektive eines humanistischen Weltbildes ist, sondern auch, weil das Land   ich sage es einmal ganz deutlich   ohne diese Migration keine Zukunft hat. 

(Beifall bei der Linken - Oh! und Lachen bei der AfD - Zuruf von der AfD: Meine Herren!) 

Migration zu gestalten ist unsere Zukunft. 

(Oliver Kirchner, AfD: Zehn Jahre macht ihr das schon! Es ist nichts dabei herausgekommen! Zehn Jahre! Meine Güte!)

Herr Krull, ich will mich einmal mit einem Satz auseinandersetzen, den Sie nicht jetzt gesagt haben, sondern in einer vorherigen Rede: Sie übernehmen dieses Thema Migration auf keinen Fall in unsere Sozialsysteme. Ich sage Ihnen einmal Folgendes: Wenn unsere Sozialsysteme in Deutschland keine Migration haben werden, werden sie zusammenbrechen. 

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der AfD: Nein! - Ach Gott! - Unruhe)

Wir brauchen diese Migration in die Sozialsysteme. Wenn man sich allein die demografische Situation anschaut, wenn man sich allein anschaut, dass ein Drittel aller Jugendlichen in dieser Bundesrepublik Deutschland einen Migrationshintergrund hat, dann frage ich mich: Wer soll denn unsere Pensionen verdienen, liebe Kolleginnen Abgeordneten, die wir alle uns schon genehmigt haben? 

(Zustimmung bei der Linken - Zurufe von der AfD: Gute Frage! Wer soll das tun? - Weitere Zurufe von der AfD)

Das wird ohne Migration nicht gehen. Man muss Migration gestalten wollen, wenn man sie wirklich erfolgreich hinkriegen will. Ja, das kostet Geld. Und ja, wir haben die Situation, dass Integrationskurse bei uns zurzeit mit riesigen Warteschlangen arbeiten müssen, weil wir nicht genug Kapazitäten dafür haben. Aber wenn man permanent nur darüber diskutiert, dass Migration gleich Kriminalität ist, dass Migration nur kostet, dann sieht man diese Möglichkeiten nicht. Das wollen wir ändern. Das sollte dieser Antrag ändern. 

Er ist abgelehnt worden. Damit ist eine wichtige Chance verpasst worden. - Wir lehnen die Beschlussempfehlung ab, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Beifall bei der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Krull. - Herr Krull, bitte.


Tobias Krull (CDU): 

Herr Kollege Gallert, wenn ich sage, dass es keine Einwanderung in die Sozialsysteme geben soll, dann wissen Sie schon sehr genau, wie ich das gemeint habe. Es geht nämlich nicht nur um die Sozialsysteme, sondern wir brauchen hier Arbeitskräfte. Sie selbst haben davon gesprochen, dass wir Migration für unseren Arbeitsmarkt brauchen. Ich habe in meiner Rede deutlich gemacht, dass das natürlich der Fall ist und dass wir das aufgrund der demografischen Entwicklung benötigen und auch, dass uns die Kinder willkommen sind. 

Es geht nicht nur um Einwanderung in unser Bürgergeld oder welche Leistung der neuen Grundsicherung dann später auch kommen wird, es geht darum, dass wir Menschen haben wollen, die ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten wollen. Ich sehe doch, dass Menschen mit Migrationshintergrund dies tun und dies leisten wollen. Diese Menschen sind uns herzlich willkommen, gerade auch uns von der CDU. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Dann verstehe ich nicht, warum Sie solche Sätze bringen. 

(Stefan Ruland, CDU: Weil Sie das absichtlich falsch verstehen! Gehen Sie einfach weg!) 

Sie wissen doch alle, dass wir ein umlagefinanziertes Rentensystem haben, ein umlagefinanziertes Gesundheitssystem. Wir wissen, wie die Altersstruktur der Bundesrepublik Deutschland ist, und wir wissen, wie die Altersstruktur von Migranten ist. Natürlich ist es zwingend nötig, dass sie in die Sozialsysteme einwandern. Sie wandern nämlich ein, indem sie Beiträge zahlen. 

(Stefan Ruland, CDU: Ja, Sie wollen das falsch verstehen, das ist alles!)

Sie wandern nämlich ein, indem sie hier Steuern zahlen. Sie sind Beitragszahler. Sie sind übrigens sogar benachteiligte Beitragszahler; denn: Jeder bei uns, der eine Krankenversicherung hat, hat auch seine Kinder mitversichert. Wenn ein Mensch aus Polen hier arbeitet und hier bei uns in die Krankenversicherung einzahlt, dann sind seine Kinder in Polen nicht mitversichert. Es gibt also einen Transfer von Migranten hin zu Deutschen innerhalb unserer sozialen Sicherungssysteme. 

(Zustimmung bei der Linken)

Das zu betonen, das auch einmal deutlich auszusprechen, ist vielleicht wichtig in dieser an sich rassistischen Debatte

(Markus Kurze, CDU: Oh!)

Danke.