Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schulenburg, Ihr Beitrag lässt mich nach Ihren Zwischenrufen doch etwas irritiert zurück.
(Chris Schulenburg, CDU: Ach so!)
Wir haben eine Situation das ist, glaube ich, in der Debatte deutlich geworden, auch Ihre Koalitionspartner haben das deutlich gemacht , dass wir, egal, welcher politischen Richtung wir uns zuordnen können, Defizite haben.
(Ulrich Siegmund, AfD: Was?)
Wir mögen über das Ausmaß streiten, wir mögen über die konkreten Orte streiten, wo diese Defizite liegen, aber sich hier mit so einer plattitüdenhaften Ansage hinzustellen, es gibt überhaupt kein Problem, und wenn es eins gibt, dann bekommen wir das schon geregelt, das, finde ich, ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen von Hass im Netz.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)
Das sollten gerade Sie als Polizeibeamter außer Dienst nicht machen. Es wäre mir wirklich peinlich vor den Kolleginnen und Kollegen in der Landespolizei, so etwas zu tun, weil ich gerade von denen höre, an welchen Stellen die Defizite bestehen, wo sie sagen, wir wünschten uns an dieser oder jenen Stelle Veränderungen, wünschten uns Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die wirklich intensiver mit uns in den Austausch gehen, wir wünschten uns, dass wir beweissichere Screenshots sichern können.
Das sind alles Punkte, die wir uns als GRÜNE nicht ausgedacht haben, sondern sie sind im Dialog mit den Praktikerinnen und Praktikern entstanden. Ich wünschte mir, dass das auch bei Ihnen in der CDU-Landtagsfraktion ankommt.
Ja, der Polizei in Sachsen-Anhalt ist zu danken, Frau Innenministerin. Aber wenn Sie hier aus dem Bereich sexualisierte Gewalt gegen Kinder oder BTM-Kriminalität vortragen, dann frage ich mich schon, was das mit dem Gegenstand zu tun hat.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie bspw. auf das absolut sinnvolle Handeln von Polizei und Staatsanwaltschaften in Sachsen-Anhalt Bezug nehmen, das einen Rechtsextremisten aus Halle betrifft, wo es endlich gelungen ist, dem Typen rechtsstaatlich einmal auf die Füße zu treten und deutlich zu werden, auch seine Tatbegehungsmittel zu beschlagnahmen und dafür zu sorgen, dass Hass im Netz Grenzen aufgezeigt werden. Ich hoffe, dass diese Verfahren zu einem guten Ausgang kommen und dass wir es schaffen, in Sachsen-Anhalt zu Verbesserungen zu kommen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das Problem ist, dieser Mann hat über fast ein Jahrzehnt nahezu ungehindert agieren können. Das kann doch nicht sein! Da müssen wir uns als Rechtsstaat fragen, wieso das so läuft.
(Ulrich Siegmund, AfD: Ach, Herr Striegel, auf einmal haben Sie mit dem Rechtsstaat was am Hut!)
- Herr Büttner, das mit dem Rechtsstaat haben wir verstanden, ganz im Gegensatz zu Ihnen.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das war Herr Siegmund! - Ulrich Siegmund, AfD: Ja, ich!)
Ihr Redner, Herr Büttner, obwohl die AfD nun wirklich regelmäßig Gegenstand von Satiresendungen wie „extra 3“, „Magazin Royale“ und der „heute-show“ ist, hat das Konzept Satire offensichtlich nicht verinnerlicht. Das hat Ihr Redebeitrag heute sehr deutlich gezeigt.
(Zurufe von der AfD)
Wir haben strukturelle Probleme bei der Bekämpfung von Hasskriminalität. Ich gebe Frau Kollegin Quade absolut recht. Das ist nicht auf das Netz beschränkt, ohne Frage. Aber da liegt ein sehr massiver Schwerpunkt und da liegen aufgrund der Spezifika der Tatbegehung eine ganze Reihe weiterer Probleme.
Ich hoffe, dass der Weg, der hier beschrieben worden ist, nämlich den Antrag in den Ausschuss zu verweisen, ein Fachgespräch miteinander zu führen und zu schauen, was wir in Sachsen-Anhalt sinnvoll tun können, was verändert werden muss, tatsächlich gegangen wird.
Es wäre angemessen; denn wir brauchen neue und koordinierte Ansätze. Es reicht eben gerade dann nicht aus, auf bestehende Instrumente zu verweisen, Frau Ministerin, gerade dann, wenn sie zum Teil gar nicht mehr genutzt werden. Also, die Internet-Streife ist nach meiner Kenntnis in Sachsen-Anhalt inzwischen nahezu inaktiv. Es wäre notwendig, dass wir an der Stelle nachsteuern. Ich glaube, da gibt es Dinge zu tun. Aber das können Sie im Ausschuss ja noch einmal erläutern.
Von Hass im Netz Betroffene haben einen Anspruch darauf, dass der Staat ihnen zur Seite springt und sie auch gegen Kriminalität schützt.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Diesen Anspruch lösen wir derzeit nicht in ausreichendem Maße ein. Das wollen wir als GRÜNE ändern. Wir hoffen auf eine Zusammenarbeit mit den anderen demokratischen Fraktionen bei diesem Thema. Von der AfD erwarten wir nichts.
(Oliver Kirchner, AfD: Niemals!)
Sie übernehmen keine Verantwortung. Sie sind ein Teil des Problems.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ulrich Siegmund, AfD: Herr Striegel! - Oh! bei der AfD - Weitere Zurufe von der AfD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Striegel, es gibt eine Frage von Herrn Schulenburg. Wollen Sie die beantworten?
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Ich will es versuchen.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Dann können Sie sie stellen, Herr Schulenburg.
Chris Schulenburg (CDU):
Sehr geehrter Herr Striegel, ich glaube, es wurde noch einmal deutlich, wie unterschiedlich wir argumentieren. Wir sagen eben, das Verhalten eines Einzelnen ist kein strukturelles Problem. Und so, wie ich mich erinnere, soll es auch in Ihrer Partei, ich sage mal, einzelne Probleme mit Pädophilen gegeben haben.
(Lachen und Unruhe bei der AfD)
Jetzt frage ich Sie ganz konkret: Haben Sie ein strukturelles Problem mit Pädophilie innerhalb Ihrer Partei gehabt? Oder war es eher das Verhalten eines Einzelnen oder von mehreren Einzelnen?
(Zuruf von der AfD: Das ist möglich!)
Das ist nämlich die deutliche Unterscheidung zwischen uns beiden.
(Lebhafter Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können antworten.
(Unruhe bei der AfD)
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Schulenburg, dass Sie auf ein anderes Feld wechseln, zeigt, dass es mit Ihren Argumenten nicht weit her ist. Trotzdem will ich Ihre Frage beantworten,
(Oh! bei der CDU - Unruhe bei der AfD)
und zwar sehr konkret. Die GRÜNEN hatten offensichtlich zu einem Zeitpunkt in den 80er-Jahren ein strukturelles Problem mit Pädophilie,
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
und wir haben es aufgearbeitet.
(Ulrich Siegmund, AfD: Nee! - Unruhe bei der AfD)
Genau deshalb finde ich es schlichtweg entlarvend, was Sie hier tun. Sie haben keine Argumente. Ich habe nicht davon gesprochen, dass alle Polizistinnen und Polizisten in Sachsen-Anhalt bei diesem Thema nicht korrekt arbeiten.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das steht in Ihrem Antrag, strukturell!)
Das Gegenteil ist der Fall. Sie müssen mir zuhören. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe sogar davon gesprochen, dass Polizistinnen und Polizisten in Sachsen-Anhalt ein Problem mit diesen strukturellen Defiziten in unserer Landespolizei und bei Staatsanwaltschaften haben und dass sie es ändern wollen.
Dieses Änderungsbedürfnis greifen wir als GRÜNE mit auf. Ich habe gehofft, wir haben die CDU an unserer Seite, wenn es um die innere Sicherheit geht. Das ist offensichtlich nicht der Fall, weil das, was Sie hier heute getan haben, nicht für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt sorgt. Es ist beschämend, was Sie hier machen.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ulrich Siegmund, AfD: Gar nichts haben Sie aufgearbeitet! Sie haben das voll toleriert bei den GRÜNEN - Weitere Zurufe von der AfD)