Tagesordnungspunkt 17
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt als rechtlich selbstständige Förderbank
Gesetzentwurf Fraktion Die Linke - Drs. 8/5012
Einbringerin ist Frau Heiß für die Fraktion Die Linke. - Frau Heiß, Sie haben das Wort, bitte sehr.
Kristin Heiß (Die Linke):
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Im Dezember 2021 wurde hier im Parlament das Gesetz zur Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt als rechtlich selbstständige Förderbank beschlossen. Das Land wollte heraus aus der kriselnden NordLB und die Fördermittelverwaltung auf tragfähigere Füße stellen. Hauptaufgabe der IB ist seitdem die Bearbeitung von Förderprogrammen der Ministerien. Dazu gibt es im IB-Errichtungsgesetz einen Paragrafen, der genau regelt, für welche Themenbereiche die IB zuständig ist. Der Katalog umfasst 22 Punkte von A wie Ausbildung über G wie Gesundheitswesen bis W wie Wohnraumförderung.
Schauen wir uns die Auswirkungen des Gesetzes einmal genauer an. Die Ministerien müssen in der Regel bei jeder Förderrichtlinie einzelne Verträge mit der IB abschließen. Das führt in der Realität zu folgendem Szenario. Erstens. Aufseiten der Verwaltung entsteht ein zusätzlicher Aufwand, der eine Menge Personal und Zeit bindet. Zweitens. Mitunter liegen die geschätzten Kosten der Ministerien unter den Angeboten der Bank. Besonders blöd ist das dann, wenn schon eine Summe für die IB im Haushalt steht, die Kosten dann aber deutlich höher liegen. Drittens. Die Kosten der IB gehen meist von dem Budget der Fördervorhaben ab. Mitunter sind das 20 %, 30 % oder 40 % des Gesamtbudgets. Dieses Geld kann dann nicht für die Förderung verteilt werden.
Möchte ein Ministerium ein Fördervorhaben in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich bearbeiten, muss es mit einer Zweckmäßigkeitsuntersuchung darlegen, ob die Aufgabe besser und wirtschaftlicher in der Verwaltung bearbeitet werden kann. Davon wird aber nicht allzu oft Gebrauch gemacht. Ein Großteil der Förderung wird von der IB erledigt, und das ist teuer. Im Jahr 2025 werden über den gesamten Haushalt gesehen 80,4 Millionen € für die Verträge mit der Investitionsbank veranschlagt. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 lagen die Ansätze der IB-Titel noch bei 54 Millionen €.
An dieser Stelle könnte man jetzt fragen, ob die Erledigung dieser Fördervorhaben durch das Land günstiger gewesen wäre. Beispiel Musikschulrichtlinie des Kulturministeriums. Im Jahr 2023 hat die Umsetzung dieser Richtlinie im Landesverwaltungsamt 75 500 € gekostet. In den Haushaltsverhandlungen erfuhren wir, dass für die Kosten 2024, als die Investitionsbank das Programm übernommen hat, 150 000 € veranschlagt wurden. Die Kosten haben sich also mit dem Übergang zur Investitionsbank verdoppelt, obwohl die Richtlinie gleichgeblieben ist.
Höhere Kosten bei der Bewirtschaftung durch die IB entstanden auch bei der Förderung von Vereinsstättenbau, beim kommunalen Sportstättenbau und bei der Förderrichtlinie zum Erhalt des schriftlichen Kulturgutes in Sachsen-Anhalt.
In anderen Bereichen scheinen die Kosten bei der IB unter denen des LVwA zu liegen, z. B. bei der assistierten Ausbildung für die Pflegehilfe und bei der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht. Ich sage „scheinen“, weil uns die Regierung auch auf Nachfrage zwar die Jahreskosten für die Landesverwaltung gegeben hat, nicht aber die Jahreskosten für die IB. Dabei sind die Kosten in den Angeboten der IB fixiert, aber das wollte man uns so transparent lieber nicht zur Verfügung stellen.
Der Finanzminister hätte Ihnen jetzt gleich erklärt, dass man die Angebote von LVwA und IB gar nicht vergleichen kann.
(Zuruf: Ja! - Zuruf von Stefan Ruland, CDU)
Außerdem hätte er gesagt, dass es auch gar keine vergleichenden Angebote geben muss, nicht einmal eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Mal schauen, was Herr Robra uns erzählt.
Kurz gesagt: Die Ministerien müssen eh das zahlen, was die IB vorgibt. Wirkliche Verhandlungen finden kaum statt. - Na ja, es sei denn, man hat den Staatskanzlei-Bonus. Und so leistet ein kleines gallisches Ministerium im Palais am Fürstenwall immer noch Widerstand gegen die übermächtige Bank 400 m entfernt.
(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)
Kulturminister Robra hat sich in den Haushaltsberatungen ausführlich zu der Thematik geäußert und erläutert, dass der Personaleinsatz bei der IB für die Umsetzung einer Förderrichtlinie im Kulturbereich siebenmal höher liegt als der Personaleinsatz im LVwA. Das will er so nicht akzeptieren. Wir hoffen, Herr Robra hat noch genug Zaubertrank im Keller der Staatskanzlei, um den Invasoren entgegenzutreten.
Spannend daran ist übrigens auch, dass der Kulturminister offensichtlich davon ausgeht, dass man die Kosten von LVwA und IB sehr wohl vergleichen kann, der Finanzminister aber nicht. Aber wer weiß: Vielleicht sparen wir die Kosten, die bei der IB entstehen, auf der Verwaltungsseite wieder ein. Immerhin muss ja jetzt nicht mehr so viel Personal eingesetzt werden für den Fördermittelbereich, oder? Wir wollten also wissen, wie viele Einsparungen sich in der Landesverwaltung ergeben haben.
(Unruhe)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Heiß, warten Sie einmal kurz. - Ich bitte jetzt einmal darum, dass der Geräuschspiegel im Raum insgesamt reduziert wird. Wenn Sie ein anderes Thema haben, gehen Sie bitte raus. Es wird schwer, hier diese Geschichte weiter nachvollziehen zu können, wenn der Geräuschspiegel so hoch ist. Danke. - Sie können weitermachen.
Kristin Heiß (Die Linke):
Die zusammenfassende Antwort des MI auf mehrere Kleine Anfragen von uns: Knapp 9,5 Stellen konnten reduziert werden. Da kratzt man sich dann schon am Kopf. Also, im Landesdienst verdient man schon ganz gut, aber mit 9,5 gestrichenen Stellen spart man keine 80 Millionen €. Massive Einsparungen gab es also in der Landesverwaltung nicht.
Aber vielleicht sind eine Menge kompetenter Leute von der Landesverwaltung in die IB gewechselt. Das Angebot gab es. So hätte die Verwaltung weniger Kosten und die IB hätte fachlich versierte Mitarbeiter. Tolle Lösung. Auch hierzu haben wir gefragt, wie viele Personen gewechselt sind. Die Antwort? - Eine. Keine Einsparungen, kein Kompetenztransfer. Schade.
Aber vielleicht ist ja die Bearbeitung durch die IB viel besser, schneller und unkomplizierter für die Antragsteller. Möglicherweise ist die IB sehr gut darin, standardisierte Verfahren abzuarbeiten, Vorgänge zu digitalisieren und Prozesse online zur Verfügung zu stellen. Hierbei wirkt die Landesverwaltung deutlich behäbiger und technisch nicht up-to-date. Daher glauben wir, dass die IB genau in diesem Bereich als Förderbank richtig ist: bei der Unternehmensförderung, bei kommunalen Vorhaben, teils bei EU-Programmen, bei der Mittelstandsförderung, bei dem Einsatz von Risikokapital und bei der Infrastrukturförderung.
In anderen Bereichen dagegen wird es deutlich schwieriger. Gerade der Kultur- und der Sozialbereich bereiten beiden Seiten Sorgen. Das liegt daran, dass die IB eben eine Bank ist. Sie muss vieles sehr formalistisch bearbeiten und ist an andere rechtliche Grundlagen wie z. B. das Geldwäschegesetz gehalten. Das führt nun dazu, dass die sozialen Träger plötzlich mit zusätzlichen und schwierigen Anforderungen konfrontiert sind.
Dazu folgende Beispiele. Die Vereine müssen nachweisen, wer wirtschaftlich Berechtigter ist. Wer sich ein bisschen im Sozialbereich auskennt, weiß, dass solche Begrifflichkeiten dort gar keine Rolle spielen. Die Vereine mussten sich erst einmal belesen, was das überhaupt bedeutet.
(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)
Diese Anforderung führte übrigens dazu, dass der Evangelische Jugendverband nachweisen musste, dass er zur evangelischen Kirche gehört - überraschenderweise ja.
Weitere Hürden. Die Unterschrift der Geschäftsführung reicht der IB bei Anträgen nicht. Es muss immer der Vereinsvorstand selbst unterschreiben. Das stellt die Verbände aber vor Herausforderungen, da die Vorstandsmitglieder mitunter gar nicht vor Ort sind, sondern in ganz Deutschland verteilt. Dafür eine schnelle Originalunterschrift hervorzuzaubern wird schwierig, darum ist die Geschäftsführung vor Ort.
Noch schwieriger wird es, wenn Vorstandsmitglieder für die Förderung ihres Vereins ihre persönliche Steuer-ID bei der Bank abgeben müssen. Das ist eine krasse Hürde für ehrenamtliches Engagement. Hierbei geht es um die Abfrage personenbezogener Daten. Es will doch aber keine Privatperson ein Darlehen von der Bank, sondern ein Verein will öffentliche Fördermittel erhalten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir glauben, dass bestimmte Bereiche einfach nicht zur IB passen. Und das ist ja auch gar nicht schlimm. Warum müssen sich denn beide Seiten verbiegen, wenn die Landesverwaltung auch fördern kann? Die kennen ihre Träger schon seit vielen Jahren und wissen, was dort inhaltlich gemacht wird und ob jemand zu einer Kirche gehört oder zu einem weltlichen Dachverband. Wir glauben, dass mit dem schnellen und stufenlosen Übergang von so vielen Vorhaben in die IB eine gewisse Überforderung auf allen Seiten eingetreten ist. Die Träger sind mit neuen Anforderungen überfordert und die IB muss sich auf eine komplett neue Klientel einstellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Offenbar ist der Wechsel zur IB weder in jedem Fall sparsamer noch zweckmäßiger. Und offenbar kostet es mehr Geld und wird komplizierter, wenn zwischen den Zuwendungsempfängern und dem Land noch ein Dritter agiert. Und es ist schon schwer zu erklären, dass die Landesregierung in ihrer Not auf der einen Seite einen experimentellen Nachbesetzungsstopp in fast allen Bereichen beschließt, dessen negative Auswirkungen wir noch gar nicht kennen, auf der anderen Seite aber das Personal der IB überteuert bezahlt. Wir haben über Monate versucht herauszufinden, ob die IB in der Aufgabenerledigung teurer ist als die Verwaltung. Die Antworten der Landesregierung waren schmallippig, manchmal verwirrend und mitunter unvollständig.
Aber eigentlich wird doch andersherum ein Schuh daraus. Wenn die IB günstiger, besser und schneller wäre, dann hätte die Landesregierung das der Öffentlichkeit sicher schon mitgeteilt nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir möchten daher sechs der 22 Förderbereiche aus dem Gesetz herausnehmen, weil wir der Meinung sind, dass die Betreuung dieser Programme durch die Verwaltung unkomplizierter und sachgerechter ist. Das betrifft die Bereiche Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung, Umweltschutzinvestitionen, Förderung des Gesundheitswesens, Förderung von Kunst, Kultur und Medien, Sportförderung und Förderung der Integration. Sicher gibt es noch andere Möglichkeiten, um bestimmte Vorhaben in den Zuständigkeitsbereichen der Ministerien zu belassen, wenn sie das denn wollen. Lassen Sie uns gerne über verschiedene Möglichkeiten im Finanzausschuss sprechen. Wir würden uns über eine Überweisung freuen. - Herzlichen Dank.