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Plenarsitzung

Transkript

Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Historisch ist der moderne Sozialstaat als Antwort auf die Arbeiterfrage zu verstehen. Insbesondere die Industrialisierung erzeugte eine zunehmend prekäre soziale Lage der Arbeiterklasse, die einzig über die Lohnarbeit ökonomisch notdürftig abgesichert war. Die sozialverträgliche Gestaltung der Lohnarbeit und die Absicherung für die Fälle, in denen Lohnarbeit nicht oder nicht mehr möglich ist, also Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit, waren die großen sozialpolitischen Herausforderungen und die großen sozialpolitischen Errungenschaften ihrer Zeit. 

Aber diese klassische, auf Erwerbsarbeit bezogene Sozialpolitik war auf einem Auge blind und ist es zum Teil heute noch immer. Denn neben der Arbeiterfrage stellt sich seit Beginn des Sozialstaates auch die Care-Frage. Aber erst seit einigen Jahren wird diese Frage sozialpolitisch wirklich dringlich behandelt und teilweise beantwortet. Die Frage lautet: Wer sorgt sich um die Älteren, die Pflegebedürftigen und die Kinder?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es genügt nicht, die Sphäre der Produktion sozialpolitisch zu flankieren, auch die Sphäre der Reproduktion ist hochpolitisch. Klassisch war die Antwort auf die Care-Frage einfach und vermeintlich apolitisch: Na, die Frauen kümmern sich halt. All die Mütter und Ehefrauen waren selbstverständlich auch Pflegekräfte und dabei ganz auf sich gestellt. Diese Antwort ist auch heute noch, zumindest empirisch, oftmals richtig, gerade im Bereich der Pflege. Die Mehrzahl der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause gepflegt, und zwar meist von Ehefrauen und Töchtern. 

Für Sozialpolitikerinnen ergeben sich daraus zwei Fragen: Wie können wir diesen größten Pflegedienst der Republik bestmöglich unterstützen? Wie können wir professionelle Pflege bestmöglich organisieren, finanzieren und bedarfsgerecht ausbauen mit dem zweifachen Ziel, dass diejenigen, die privat pflegen wollen, dies bestmöglich tun können und dass in den Fällen, in denen Ehefrauen und Töchter nicht pflegen wollen oder können oder schlicht keine Familie da ist, die Pflegebedürftigen dennoch die bestmögliche, dann professionelle Pflege erhalten? 

Die Vorschläge der Linken beziehen sich auf die erste Frage: die Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöriger - und das völlig zu Recht. Genau darauf zielte z. B. auch unser erfolgreicher Antrag zur Schaffung der Heimfinder-App. Die von den Linken vorgeschlagenen Maßnahmen sind sinnvoll und sollten weiter erörtert werden,

(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke)

wobei es z. B. mit der vernetzten Pflegeberatung in Sachsen-Anhalt durchaus schon Angebote gibt, wenn auch nicht flächendeckend. Hierzu zu evaluieren, das weiterzuentwickeln und Unterstützung für die wertvolle Arbeit der pflegenden Angehörigen wirksam zu organisieren, dabei haben Sie uns voll auf Ihrer Seite. - Vielen Dank.