Kathrin Tarricone (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Die GRÜNEN fordern die Vorlage einer Naturschutzstrategie und einen Aktionsplan Naturschutz. Eine Naturschutzstrategie gibt es seit ein paar Jahren in Baden-Württemberg und in Niedersachsen. Womöglich haben andere Länder ähnliches, nur mit anderen Bezeichnungen.
(Sandra Hietel Heuer, CDU: Ja!)
Sachsen-Anhalt hat bisher jedenfalls darauf verzichtet. Die GRÜNEN bemängeln, dass Aktivitäten der Landesregierung gegen das Artensterben kaum wahrnehmbar seien. Im Antrag wird beklagt, dass die Aktualisierung der Landesschutzgebietskonzeption seit Jahren nicht vorangekommen ist und eine Biodiversitätsstrategie überarbeitet werden muss. Ein Landesmoorschutzprogramm müsse eingerichtet werden.
Nun ist meine Frage: Warum ist all das nicht in den fünf Jahren vorangekommen, in denen die GRÜNEN das Umweltministerium geführt haben? - Ich verkneife mir diese Frage nicht wie der Minister, der es sehr freundlich gemacht hat. Ich wage aber am Ende meiner Rede auch eine These dazu.
Nun gut. Das Artensterben ist leider ein Thema, das nicht an Aktualität verliert. Ohne Frage kann die Mehrung von Ökosystemleistungen einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Dennoch heißt das nicht unbedingt, dass jeder dafür ausgegebene Euro auch ein erfolgreich investierter Euro ist.
(Zuruf: Ja!)
Inwieweit die Berechnungen der EU-Kommission, die sich die GRÜNEN im Antrag zu eigen machen, wirklich aussagekräftig sind, lasse ich einmal außen vor. Eine konzeptionelle Herangehensweise an den Naturschutz ist aber durchaus geboten. Das heißt dann aber auch - Herr Aldag, Sie haben es erwähnt , Prioritäten zu setzen und das Augenmerk auf die Flächen zu richten, die für die Biodiversität besonders wertvoll sind. Vernetzt man gekonnt diese Flächen, dann ist schon viel gekonnt.
(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)
In Ihrem Vortrag klang das an, in Ihrem Antrag leider nicht so.
Einen vor allem quantitativen Ansatz sehe ich hingegen kritisch, etwa eine pauschale Unterschutzstellung irgendwie geeigneter Flächen mit einem bestimmten Prozentsatz,
(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)
wie es die GRÜNEN im Antrag anklingen lassen, oder wie es mit dem Nature Restauration Law der Von-der-Leyen-Kommission womöglich auf uns zukommt. Wie auch immer das Ergebnis am Ende aussieht: Auf den Flächen, die keinem besonderen Schutz unterliegen, muss normale wirtschaftliche Aktivität möglich sein.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Im Wirtschaftswald muss Holz geschlagen und Äcker müssen bearbeitet werden können. Wenn man sich den Antrag und insbesondere die Begründung anschaut, dann gewinnt man allerdings den Eindruck, dass es den GRÜNEN mit der Naturschutzstrategie gar nicht so sehr um den Naturschutz an sich geht, sondern um Personal für Naturschutz. Das darf aber nicht die Hauptstoßrichtung eines solchen Unterfangens sein. Angesichts des demografischen Wandels werden wir in Sachsen-Anhalt überall vor der gewaltigen Herausforderung stehen, genügend Personal für die Verwaltungen zu finden, auch in den Naturschutzverwaltungen. Wir müssen es schaffen, durch Entbürokratisierung und digitale Verfahren die Aufgaben zu erledigen, und dabei trotz alledem einen passenden Ansatz zwischen Pauschalisierung und nötiger Einzelfallbetrachtung finden.
Auf die Tatsache, dass im Landesentwicklungsplan mehr Flächen für ökologische Verbundsysteme stehen als im bestehenden Plan, hat der Minister schon hingewiesen.
Ich würde mich jetzt, weil meine Zeit hier rast, mehr auf meine These konzentrieren wollen. Erfolge erreicht man nur im Miteinander durch Beteiligen und gegenseitiges Verstehen. Verbieten, Einschränken und Ausgrenzen führen zu Abwehrhaltungen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Meine Wahrnehmung im Gespräch mit vielen Menschen ist, dass der Arten- und der Naturschutz den Zauber, den er nach dem Zusammenbruch der DDR hatte, wieder verloren haben. Beides ist wieder unsympathisch geworden und wird überwiegend als Verhinderer von Entwicklungen empfunden. Da blutet mir das Herz. Ich möchte mithelfen, diesen Zauber wiederzuholen.
Wir Freien Demokraten streben an, dass der Schutz der Lebensgrundlagen als Chance und nicht als Last begriffen wird. Deshalb haben wir mit unseren Koalitionspartnern ganz bewusst im Koalitionsvertrag formuliert, dass Ökologie und Ökonomie nicht konfrontativ, sondern als gemeinschaftliche Aufgabe aller Verantwortungsträger verstanden werden sollen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Dazu müssen wir Partner suchen in der Forst-, in der Land- und in der sonstigen Wirtschaft und mit ihnen eine Win-win-Situation herstellen. Dazu müssen wir Umweltbildung stärken und mitgliederstarke, anerkannte Naturschutzverbände wie Jäger und Angler viel stärker einbeziehen und ihre Arbeit wertschätzen. Das geht ganz ohne Flächenziele. Das geht mit Vertrauen statt Misstrauen. Das ist nach unserer Auffassung eine erfolgsversprechende Strategie, auch im Naturschutz.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)