Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne einmal formal: Aus Arbeitnehmerinnensicht entspricht der Erlass zum Präventionstag Arbeits- und Gesundheitsschutz an den Schulen in Sachsen-Anhalt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Das Land als Dienstherr der Lehrerinnen und Lehrer ist - wie alle Arbeitgeber - gehalten, gute Arbeitsbedingungen zu ermöglichen und dafür Sorge zu tragen, dass Lehrertätigkeit nicht nur nicht krankmacht, sondern dass die Lehrkräfte gesundheitsfördernde Angebote bekommen. Das ist der Kern betrieblichen Gesundheitsmanagements. Und es ist total gut, dass sich unser Land wie sehr viele andere Unternehmen in der Bundesrepublik dieser Aufgabe stellt; denn genau darauf zielt der Präventionstag ab.
Wie auch etwa der Gesundheitstag neulich im Landtag auch so ein Angebot des betrieblichen Gesundheitsmanagements war, so hat dieses Angebot natürlich im Rahmen der Arbeitszeit zu erfolgen. Es geht dezidiert um die Unterstützung und die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit, die nachhaltige Stärkung der Leistungsfähigkeit sowie die Verhütung von Arbeitsunfällen. Das ist gesetzlich so geregelt.
Außerdem: Wenn wir als Land gewährleisten wollen, dass alle Lehrkräfte teilnehmen bzw. die Teilnahme am Präventionstag manchmal sogar Pflicht ist, ist es logisch, dass dieses Angebot an einem Schultag erfolgt, damit der Tag nicht mit der persönlichen außerunterrichtlichen Planung Dutzender Lehrkräfte abgestimmt werden muss. Mit außerunterrichtlicher Planung sind dabei explizit nicht private Planungen gemeint - Herr Bernstein hat es gerade schon erwähnt ; denn Lehrkräfte haben auch außerhalb von Unterrichtsstunden und Unterrichtstagen dienstliche Verpflichtung.
Anders als das Bild, das die AfD hier nur zu gern zeichnet, suggeriert, liegen unsere Lehrerinnen und Lehrer auch in den Schulferien nicht nur faul auf dem Sofa oder am Strand - das auch, aber eben nicht nur , nein, vielmehr stehen Korrekturen von Klassenarbeiten und Klausuren an, und das oftmals nicht zu knapp. Auch für die Vor- und Nachbereitung sowie die Konzeption des Unterrichts sind die Schulferien da. Ein Präventionstag in diesen Zeiträumen wäre kaum von allen besuchbar. Daher liegt es auf der Hand, auf die Unterrichtstage zu gehen. Aber darüber, ob das immer, in jedem Fall, so sein muss, kann man vor Ort durchaus konkret reden.
Dieser Antrag hingegen befeuert das Zerrbild, dass Lehrerinnen und Lehrer in den Schulferien nichts zu tun hätten, also quasi die ganze Zeit im Urlaub sind, freie Tage genießen und deren nicht wenige, und dann also an einem dieser vielen freien Tage ruhig einmal zum Präventionstag gehen könnten. Dem ist nicht so. Wahrscheinlich wissen Sie das auch selbst. Das hält Sie aber nicht davon ab, dieses Vorurteil zu bedienen. Dagegen wenden wir uns als GRÜNE eindeutig.
Wir wissen um die Belastungen unserer Lehrkräfte durchaus auch in den Schulferien. Wir halten den Präventionstag für einen guten, wenn auch kleinen Baustein für gute Arbeit und ein attraktives Arbeitsumfeld. In unseren Augen sind es jedoch - anders als es der Alternativantrag der Koalition vorsieht - die Gesamtkonferenzen an unseren Schulen im Land, die in Abwägung aller Interessen einen solchen Tag terminlich festlegen sollten. Dass selbst dabei dann ggf. die Interessen der Lehrer vorrangig vor den Interessen der Eltern und der Schülerinnen behandelt werden, liegt an der grundsätzlichen Struktur dieser Konferenzen.
Wir GRÜNE stehen schon lange - darüber haben wir auch schon diskutiert - für eine Neuaufstellung der Gesamtkonferenz im Sinne einer echten Drittelparität. Dann könnten Eltern und auch Schüler*innen
(Ulrich Siegmund, AfD: Schüler*innen!)
wirklich ihre Interessen und Bedarfe dort gleichberechtigt vertreten. Dem ist aber nicht so.
Aber das wollen Sie von der AfD auch nicht. Stattdessen greifen Sie lieber selbst eine Forderung des Landeselternrates von Ende 2022 ganz im Sinne des klassischen Populismus hier auf und spielen diese Forderung an dieser Stelle gegen die Interessen und Bedarfe von Lehrkräften aus. Echter Interessenausgleich - das ist unsere Aufgabe hier - geht aber anders.
(Zuruf von Daniel Roi, AfD)
Wenn, dann wäre es an solchen demokratischen Gesamtkonferenzen, für jede Schule konkret und eigenverantwortlich in Abwägung aller Interessen zu entscheiden, wann im Schuljahr der Präventionstag stattfinden soll.
Beim Thema Präventionstag würde mich abseits der Terminierung aber noch vielmehr interessieren, wie viele Schulen diesen denn eigentlich ausrichten. Ein paar Zahlen dazu haben wir gerade gehört. Ob der Arbeitsüberlastung in vielen Kollegien steht allerdings zu befürchten, dass dieser Präventionstag oft gar nicht realisiert werden kann.
Die Umsetzung des Runderlasses sollten wir uns also anschauen und nicht vorurteilsbehaftete Forderung ventilieren; denn arbeitsbezogene Gesundheitsförderung und Prävention haben im Rahmen der Arbeit, also im Rahmen der Arbeitszeit, zu erfolgen. So einfach ist das.
Und so einfach begründet sich unsere grüne Ablehnung Ihres Antrags. Bei der Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen werden uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Sziborra-Seidlitz, es gibt eine Frage von Herrn Bernstein. - Ich habe mir gedacht, dass Sie sie beantworten wollen.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Ja.
Jörg Bernstein (FDP):
Ich möchte eine Frage stellen. Inhaltlich hatte ich jetzt nichts zu kritisieren; das steht mir auch gar nicht zu. Aber ich möchte nachfragen, warum es für Sie logisch ist, dass der Präventionstag an einem Schultag stattfinden sollte. Denn das würde dem widersprechen, dass man es in der unterrichtsfreien Zeit oder Ferienzeit machen muss.
Zum Hintergrund. Ich musste als Lehrer - das müssen bestimmt alle Kollegen - jedes Jahr bei meiner Schulleitung einen Urlaubszettel einreichen. Sprich: Ich musste meine 30 Urlaubstage natürlich in den Ferien entsprechend verplanen. Alles andere ist formal Dienstdienst. Da kann mich mein Dienstherr in die Schule bestellen. Warum muss der Präventionstag logischerweise an einem Schultag stattfinden?
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Das hat sie schon gesagt!)
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Ich habe es sehr deutlich gesagt: Das kann tatsächlich vor Ort durchaus auch anders entschieden werden. Es ist nur an den Schulen, das zu entscheiden, und nicht von uns aus hier zu dirigieren. Das ist meine Überzeugung. Es ist der Tatsache geschuldet, dass an den Schultagen, an den Unterrichtstagen, die Lehrkräfte ohnehin alle verpflichtet sind, sich immer im Umfeld der Schule aufzuhalten. An den unterrichtsfreien Tagen ist es sehr unterschiedlich, ob die Lehrkräfte da sind; denn der eine ist schon im Urlaub, der andere noch nicht. Das ist an den Schultagen einfach leichter zu koordinieren und deshalb einfacher durchzuführen.
(Alexander Räuscher, CDU: Nicht einfach, das geht gar nicht!)
Jörg Bernstein (FDP):
Dafür gibt es dann aber den Urlaubsplan.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Wir machen keinen neuen Diskurs auf. - Danke, Frau Sziborra-Seidlitz.