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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Katja Pähle (SPD): 

Herr Präsident, vielen Dank. - Ja, ich vertrete an dieser Stelle meine Kollegin Katrin Gensecke.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Menschen einen Vormund oder einen Betreuer erhalten, dann sind sie oder ihre Eltern oft nicht mehr in der Lage dazu, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und ihre Angelegenheiten und Interessen vollumfänglich zu vertreten, z. B. Kinder oder Erwachsene, wenn sie aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung Unterstützung benötigen. Der Betreuer oder die Betreuerin übernehmen dann ihre Angelegenheiten in einem gerichtlich genau festgelegten Aufgabenkreis.

Viele Regelungen im Vormundschafts- und Betreuungsrecht waren nicht mehr zeitgemäß. Einige Regelungen stammten sogar aus der Kaiserzeit oder aus der Zeit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1896 und wurden auf Bundesebene umfangreich reformiert, und das ist gut so.

Das Bundesgesetz ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Jetzt folgt das Landesausführungsgesetz. Es stärkt die Selbstbestimmung von betreuten Menschen und die Qualität der rechtlichen Betreuung - ein großer Schritt vor allem aus der Sicht der im Gesetz benannten Zielgruppe.

Drei Änderungen sind wesentlich und bedeuten zudem einen Paradigmenwechsel im Betreuungsrecht; denn die zu betreuende Person steht im Mittelpunkt des Gesetzes. Das heißt, ihr Selbstbestimmungsrecht wird gestärkt und gewahrt, weg vom Paternalismus hin zu mehr Selbstbestimmung und Autonomie. Es wird auch der Umsetzung von Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention - Gleiche Anerkennung von dem Recht - Rechnung getragen.

Ein Betreuer/eine Betreuerin wird auch nur dann bestellt, wenn dies unbedingt notwendig ist. Kein Betreuer darf über den Kopf der betreuten Person hinweg entscheiden. Das gilt auch bei der Auswahl der Betreuerin/des Betreuers.

Die rechtlichen Betreuer und Betreuerinnen unterliegen der Aufsicht und Kontrolle durch das Betreuungsgericht. Künftig müssen bei Gericht Berichte über die Wünsche der zu betreuenden Person vorgelegt werden.

Es wird weiter gesetzlich festgeschrieben, welche persönlichen und fachlichen Eignungen und Voraussetzungen berufliche Betreuerinnen und Betreuer mitbringen müssen; das sind eine ganze Menge.

Die Betreuer und Betreuerinnen müssen künftig von der Betreuungsbehörde registriert werden als zwingende Voraussetzung für die Bestellung durch das Betreuungsgericht und für den sich daraus ergebenden Anspruch auf Vergütung. Auch das begrüßen wir.

Diese neuen gesetzlichen Regelungen, meine Damen und Herren, mindern den Missbrauch und sichern die Qualität der Betreuung für die betroffenen Personen.

Das neue Betreuungsrecht wird auch von den vielen anerkannten Betreuungsvereinen im Land umgesetzt. Die Betreuungsvereine werden für das Jahr 2023 zunächst 1,5 Millionen € erhalten und in den Folgejahren jeweils rund 2 Millionen €.

Ja, Sachsen-Anhalt ist mit der landesrechtlichen Umsetzung des Betreuungsrechtes spät dran. Das lag an Abstimmungsprozessen zwischen den beiden Ressorts, die mehr Zeit in Anspruch genommen haben, als vermutet wurde und als sonst üblich ist.

Die Betreuungsvereine erhalten bis zum Abschluss der Beratungen eine Übergangsfinanzierung, und das ist auch gut so. Als Koalition haben wir uns darauf verständigt, dass es ein beschleunigtes Beratungsverfahren zu dem jetzt eingebrachten Gesetzentwurf geben muss, damit der Übergangszustand so kurz wie möglich bleibt.

Insbesondere für die kontinuierliche Information, Beratung und Unterstützung von Familienangehörigen und Engagierten, die die Betreuungsvereine in Sachsen-Anhalt sicherstellen, bin ich und ist meine Fraktion den vielen ehrenamtlichen und beruflichen Betreuerinnen und Betreuern sehr dankbar, dass sie sich dieser wichtigen Aufgabe jeden Tag mit großem Engagement stellen.

Ich bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verfassung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)