Olaf Meister (GRÜNE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben durchaus eine Vielzahl von Problemen und Krisen. In einer außergewöhnlichen Notsituation befinden wir uns jedoch nicht.
(Zustimmung bei der AfD)
Trotzdem soll sie heute festgestellt werden. Ich habe es bereits im letzten Jahr gesagt: Eine solche Erklärung ist nicht mehr vermittelbar.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Je länger die Pandemie her ist, umso weniger lässt sich noch sinnvoll das Fortbestehen einer Notlage glaubhaft und nachvollziehbar darstellen.
(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Im Jahr 2023 äußerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Guido Heuer zu der Frage, wie es mit der Notlage weitergeht - Zitat : „Viele fragen dann ja auch gleich nach einer Notlage 25/26 - die sehe ich derzeit nicht.“
(Zuruf von der AfD: Wir auch nicht!)
Jetzt aber doch. Was hat sich denn seit dem letzten Jahr an der Notsituation so gravierend verschlechtert? Für die Glaubwürdigkeit von Politik im Allgemeinen und der Koalition im Speziellen ist dieser Schlingerkurs ein Bärendienst. Das Beschwören des Haushaltes und der stringenten Haushaltsführung für die Zukunft, und dann wird es immer eingesammelt, sind nicht zielführend.
Das Argument, dass die Auswirkungen der Pandemie die Fortschreibung der Notlage rechtfertigen, ist fadenscheinig, abgesehen von der zeitlichen Beliebigkeit - das gilt eigentlich immer, vorhin wurde gesagt, die Resilienz ist noch nicht erreicht, wann ist sie denn erreicht, das kann auch in zehn Jahren sein, das ist ein Prozess -, ist auch die Kausalität nicht gegeben.
Die Pandemie als Glücksfall, weil wir die Verwaltung ansonsten nicht digitalisieren würden - ich bitte Sie, das ist doch absurd.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Mit diesen Mitteln werden schlicht Daueraufgaben finanziert. Die besorgte Frage lautet, wie wir diese Aufgaben nach dem Jahr 2026 wieder in den normalen Haushalt bekommen. Das müssen Sie darlegen. Oder läuft die Notsituation unbefristet?
(Guido Kosmehl, FDP: Nein!)
Diesbezüglich wird der nächsten Landesregierung mit Ansage die Lösung einer riesigen Aufgabe aufgehuckt, an deren Lösung man sich jetzt nicht beteiligen will.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Letztlich dient die erklärte ewige Notlage schlicht der Umgehung der Schuldenbremse, albernerweise genau von den politischen Kräften, die sich ihrer Reformierung mit gespielter Empörung entgegenstemmen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Gestern hat der Ministerpräsident bei „Hart aber fair“ letztlich die Notlage als den Normalfall ausgerufen, wenn man nicht klarkommt und die Schuldenbremse einen hindert. Das kann doch nicht der Weg sein.
(Guido Kosmehl, FDP: So hat er es nicht gesagt! Zuhören!)
- Na ja, das war aber die Konsequenz. Die FDP, Herr Lindner, steigt in Berlin aus der Koalition für das aus, was Sie hier beschließen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die Digitalisierungsmittel in Höhe von 183 Millionen € gehen in Ihr Haus.
(Guido Kosmehl, FDP: Falsch!)
Sie sind rein schuldenfinanziert. Das Ganze ist falsch aufgestellt. Wir werden die Erklärung der außergewöhnlichen Notsituation ablehnen.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Der Überweisung des Gesetzentwurfes der Linken werden wir zustimmen, wobei ich ihn technisch nicht verstehe, da die Regelung Teil des Haushaltsgesetzes ist. Über den entsprechenden Änderungsantrag ist bereits diskutiert worden. Der Entschließungsantrag beißt sich, wenn man die Notlage ablehnt, aber gleichzeitig fordert, dass die Mittel konsequenter ausgegeben werden; denn dann besteht an dieser Stelle ein Konflikt. Dazu würden wir uns der Stimme enthalten. - Danke schön.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Meister, schauen Sie bitte nach rechts, dann sehen Sie, dass es eine Intervention gibt. - Bitte.
Guido Kosmehl (FDP):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Man muss vielleicht eines richtigstellen. Herr Meister, von Ihnen als profundem Kenner der juristischen Grundlagen hätte ich erwartet, dass Sie es etwas differenzierter machen. Erstens. Das, was der Bundeskanzler und Vizekanzler Habeck vom Bundesfinanzminister gefordert haben, war eine rechtswidrige Herstellung einer Notlage, also ein Bruch der Verfassung, die sich eben nicht nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts begründen lässt. Deshalb konnte der Bundesfinanzminister dem nicht nachkommen.
Zweitens. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind manchmal schwer zu lesen, aber wenn man sich die Mühe macht, dann kann man in dem Urteil sehr genau die Leitplanken dafür sehen, wie eine Notlage zu erklären ist - Jährlichkeit - und wie Maßnahmen zur Herstellung der Pandemieresilienz, und zwar auch fortlaufende Maßnahmen, zu begründen sind.
Deshalb ist es falsch, wenn die GRÜNEN offensichtlich sagen, die Corona-Pandemie sei vorbei und deshalb dürfe es keine Notlage mehr geben. Vielmehr wird die Notlage noch einmal ausgerufen, weil die pandemieresilienten Maßnahmen noch nicht abgeschlossen sind und damit droht, dass wir schneller in eine neue Notlage kommen, als uns allen lieb ist.
(Zustimmung von Stefan Ruland, CDU)
Olaf Meister (GRÜNE):
Die Argumentation wäre richtig, wenn Sie sich auf Maßnahmen beziehen würde, die tatsächlich der Pandemiebekämpfung dienen oder den Auswirkungen der Pandemie.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das wäre so. Sie digitalisieren schlicht die Landesverwaltung. Das müssen sowieso alle machen. Das machen die anderen 15 Bundesländer und der Bund auch. Dafür rufen Sie eine Notlage aus.
(Zuruf)
Ich frage mich, was Sie dann im Jahr 2027 machen, wenn wirklich keine Notlage mehr herrscht. Hören Sie dann mit der Digitalisierung auf?
(Stefan Ruland, CDU: Nein, bis dahin sind wir fertig!)
Das wäre die Konsequenz Ihres Tuns. Insofern ist es genau so: Was Sie machen, ist letztlich rechtswidrig. - Danke.