Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Die in Deutschland existierende allgemeine Schulpflicht erstreckt sich auf die regelmäßige Teilnahme am Unterricht und an den anderen verbindlichen Veranstaltungen der Schule. Die allgemeine Schulpflicht ist in Artikel 25 Abs. 2 der Landesverfassung verankert. Erfüllt wird die Schulpflicht durch den Besuch einer inländischen deutschen Schule, die entweder eine öffentliche Schule oder eine staatlich genehmigte private Ersatzschule ist.
Der verfassungs- und gesetzgeberischen Entscheidung für eine Schulbesuchspflicht liegt die folgende Überlegung zugrunde: dass das gemeinsame Lernen in der Schule unter anderem die Vermittlung sozialer Kompetenzen fördert und das möchte ich betonen dass insbesondere der Umgang mit Andersdenkenden als Grundlage einer demokratischen Gesellschaft täglich eingeübt werden kann.
Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung überwiegen die Vorteile einer Schulbesuchspflicht für alle Schülerinnen und Schüler die im Einzelfall aufgrund einer individuellen Interessenlage mögliche Unschädlichkeit von Heimschulunterricht. Handlungsleitend im Interesse der Kinder ist die Erziehungs- und Bildungsaufgabe, die die Schule im Zusammenwirken mit dem Elternhaus zu erfüllen hat.
Dies ist konkreter Ausfluss der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes. In Artikel 6 Abs. 2 heißt es:
„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
Artikel 7 des Grundgesetzes bestimmt den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag.
Die Landesregierung sieht somit keine Veranlassung dazu, die Präsenzpflicht zur Erfüllung der Schulpflicht durch eine Bildungspflicht zu ersetzen. Es besteht für die Landesregierung daher auch keine Veranlassung, den Eltern Finanzhilfen zukommen zu lassen.
Erlauben Sie mir abschließend noch einen Hinweis: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat mit der Entscheidung vom 11. September 2006 die Schulpflicht in Deutschland bestätigt. Gleichzeitig hat das Gericht festgestellt, dass in dem Kontext eine Untersagung von Heimschulunterricht in Deutschland zulässig ist. Dies ist, so die Richter, mit europäischem Recht und mit der Menschenrechtskonvention vereinbar. - Vielen Dank.
(Zustimmung)