Olaf Meister (GRÜNE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir in Europa im 21. Jahrhundert noch einmal in der Situation sein könnten, dass ein großer europäischer Staat einen anderen Staat auf voller Breite mit seiner gesamten militärischen Macht angreift, um sich dessen Staatsgebiet einzuverleiben, ist unfassbar. Anstatt wir die ernsthaften Probleme des 21. Jahrhunderts angehen, tobt ein von Russland entfesselter, imperialer Krieg mit absurden Ideen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, der Tod, Leid und Zerstörung bringt. Statt auf Zusammenarbeit und Völkerrecht wird auf brutale vermeintliche militärische Stärke bei der Durchsetzung schlecht durchdachter, egoistischer russischer Ambitionen gesetzt.
Diese Situation wird uns alle fordern, nicht so sehr wie die Menschen in der Ukraine, die sterben oder fliehen, deren Häuser und Schulen zerstört werden, deren Leben auf jeder Ebene stark beeinträchtigt, beeinflusst wird. Uns treffen aktuell vor allem wirtschaftliche und soziale Auswirkungen, vor allem der Preis und die Verfügbarkeit von Energie sind dabei zentrale Probleme.
Die Bereitstellung von Energie bildet das Rückgrat einer modernen, hochkomplexen, industriell geprägten Volkswirtschaft wie der unsrigen. Unsere hohe Abhängigkeit von fossiler Energie, geliefert insbesondere von dem Angriffskrieg führenden Russland, bereitet uns hierbei besondere Probleme. Es rächt sich jetzt, dass trotz des Krimkrieges 2014 ein russischer Energiekonzern elementaren Einfluss auf die Versorgungssituation bekommen hat.
Wir müssen den ohnehin nötigen Umbau unserer Energieindustrie beschleunigen, den aktuellen Energiebezug in Rekordzeit umstellen und diversifizieren. Das kostet Geld, das kostet Wohlstand, der ist zwar gering im Verhältnis zum Leid der Menschen in der Ukraine, aber trotzdem spürbar und ernst, mit den entsprechenden sozialen Verwerfungen. Es gehört zur zentralen Aufgabe von Politik, nicht nur den Umbauprozess zu organisieren, sondern auch darauf zu achten, dass die Lasten fair verteilt werden, dass unsere Gesellschaft solidarisch zueinandersteht.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Tatsächlich besteht die Gefahr der Antrag stellt darauf , dass insbesondere Ostdeutschland aufgrund seiner Lage und seiner wirtschaftlichen Verflechtungen in besonderem Maße betroffen und auf Solidarität angewiesen sein könnte.
Der Bund ist mit dem Ziel von Entlastungen bereits tätig geworden. Die bisherigen Pakete umfassen ca. 30 Milliarden €: Anhebung des Arbeitnehmerpauschalbetrags, Anhebung des Grundfreibetrages, Energiepauschale in Höhe von 300 € für Arbeitnehmende, Einmalzahlung in Höhe von 200 € für Beziehende von Sozialleistungen, Einmalzahlung in Höhe von 100 € an Beziehende von Arbeitslosengeld, Einmalbonus für Kinder in Höhe von 100 €, Sofortzuschlag in Höhe von 20 € im Monat für Kinder in Bedarfsgemeinschaften, Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfangende, Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli dieses Jahres, die Einführung des 9-€-Tickets, die Entfernungspauschale für Fernpendler steigt und die Senkung der Energiesteuer für Kraftstoffe, damit die Mineralölkonzerne nicht so darben.
(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Das ist natürlich ein etwas strittiger Punkt.
Hinzu kommt dazu gibt es derzeit auch einen konkreten Zeitplan , dass von der Bundesregierung an der Einführung des Klimageldes gearbeitet wird. Das Klimageld soll dann als sozialer Kompensationsmechanismus Bürgerinnen und Bürger beim künftigen CO2-Preisanstieg im Bereich Wärme und Verkehr entlasten.
Klar ist im weiteren zeitlichen und eskalativen Verlauf weitere Entlastungen nötig werden. Klar ist auch, dass es nicht möglich sein wird, den letztlich weltweit eintretenden Wohlstandsverlust komplett aufzuheben und zu kompensieren. Minister Schulze hat vorhin gesagt: Entlastung für alle. Das sind auch Belastungen für alle; machen wir uns nichts vor. Das fällt nicht vom Himmel, sondern das finanzieren wir alle. Das muss uns klar sein.
Es geht um eine faire Verteilung der Lasten und um die Bewältigung der Krise. Der Antrag weist bundespolitische Ansätze dazu aus, mit denen meine Fraktion überwiegend konform geht.
Beim ersten Punkt haben wir mit einem Änderungsantrag angesetzt. Ein kostengünstiges Grundkontingent ist tatsächlich problematisch, weil sich diverse technische und fachliche Fragen stellen, bspw. in welcher Höhe wir die Kostendifferenz übernehmen; die muss jemand tragen. Das Ganze ist sozial nicht zielgenau und es ist bei solchen Dingen besser, den Leuten das Geld zu geben und nicht ein Kontingent für Energie. Man möchte ja, dass sie möglichst Energie sparen. Insofern wäre eine andere Vorgehensweise besser. Das kann sonst als „Tankrabatt 2.0“ ziemlich floppen. Wir spitzen unseren Änderungsantrag auf die sozialen Notwendigkeiten zu.
Die weiteren Punkte Klimageld, Netzentgelt, sozialpolitische Maßnahmen, Ausbau der regenerativen Energie und der Speicher sowie Berücksichtigung der ostdeutschen Problemlagen und Leistungen gehen in die richtige Richtung.
Wirtschaftlich scheinen die Herausforderungen des kommenden Ölembargos darauf fokussiert sich der Antrag keineswegs simpel, aber doch beherrschbar zu sein, beherrschbarer als die sich abzeichnende Knappheit an Erdgas. Dabei sollten wir so ehrlich sein, auch einzupreisen, dass Knappheit und die Notwendigkeit zur Priorisierung führen können. Daher sollten wir uns weder in falschen Sicherheiten wiegen noch Maximalforderungen einfach nach Berlin reichen, sondern Vorbereitungen treffen, Energie sparen und kurzfristig, so schnell wie irgendmöglich erneuerbare Energien ausbauen. - Wir werden der Überweisung des Antrages an den Ausschuss zustimmen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Herr Bommersbach hat eine Frage.
Frank Bommersbach (CDU):
Vielen Dank. - Herr Kollege Meister, vielen Dank für Ihren Vortrag. Jedoch fällt es mir sehr schwer, ungetrübte Freude einfließen zu lassen; denn wenn ich an die vielen Mittelständler denke, die jetzt um ihre Existenz bangen, oder an die Tatsache, dass in Leuna 4,5 Millionen t Öl fehlen, werden wir das bald, so denke ich, in unserem Haushalt spüren. Interessant wäre, an welchen Stellen im Haushaltsplan Sie anfangen wollen zu kürzen.
(Guido Heuer, CDU: Ökolandbau!)
Olaf Meister (GRÜNE):
Ich habe Sie jetzt nicht ganz verstanden. Sie meinen den Landhaushalt? - Ich würde jetzt keine Haushaltsdebatte dazu führen wollen. Der Bund finanziert es momentan sie sehen, in welcher Höhe neue Schulden aufgenommen worden sind komplett über Schulden. Das ist der Punkt. Das führt zu einer Belastung der zukünftigen Generation, die soll es zahlen.
(Guido Heuer, CDU: Das merke ich mir doch!)
Das ist momentan die Idee. Man kann schwer sagen, wie es anders sein sollte. Wenn man sagt, man möchte diese Entlastungen machen, dann kann man starke Einschnitte in den aktuellen Haushalt machen man müsste den entsprechenden Vorschlag bringen oder man finanziert es über Schulden.
Interessant wäre der Vorschlag, den Sie haben. Ich habe keinen Vorschlag, wie man in der Summe diese Beträge aufbringen kann. Der Ökolandbau war euer Thema; ihr sagt, also wir machen jetzt keinen Ökolandbau mehr, das ist nicht wichtig. Aber das ist natürlich auch wichtig.
Wir haben noch andere Krisen, die weiterhin laufen, nämlich die Klimakrise taucht nicht mehr so ganz auf der Seite eins auf, weil wir jetzt andere Dramatiken haben, aber diese Krise ist eins zu eins vorhanden. Man muss sie angehen und dazu gehört auch so etwas.