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Plenarsitzung

Transkript

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, und zwar zu dem


Tagesordnungspunkt 14

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 8/1575


Einbringer ist Herr Lizureck. - Bitte, Sie haben das Wort, Herr Lizureck. Danach folgt eine Dreiminutendebatte.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir allen etwa 1 000 Justizvollzugsbeamten innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Inkrafttreten unseres Entwurfs zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes die Option einräumen, für den Krankheits-, Pflege- oder Geburtenfall entweder im Beihilfesystem zu verbleiben oder künftig von der Heilfürsorge zu profitieren. Das soll zunächst mit einer generellen Überführung aller Justizvollzugsbeamten in die Heilfürsorge geschehen, denen dann innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten unseres Gesetzentwurfes die Möglichkeit gegeben wird, im Beihilfesystem zu verbleiben.

Ein Verbleiben im Beihilfesystem kann im Einzelfall für den Justizvollzugsbeamten vorteilhafter sein. Aber grundsätzlich wollen wir den Justizvollzugsbeamten mit den Polizeivollzugsbeamten und den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes gleichstellen. Zugleich wollen wir die Ungleichbehandlung von Justizvollzugsbeamten und in den Justizvollzug versetzten Polizeivollzugsbeamten abschaffen. Nach derzeitiger Rechtslage behalten nämlich die in den Justizvollzug versetzten Polizeivollzugsbeamten ihren einmal erworbenen Anspruch auf Heilfürsorge, während ihre Kollegen, die von Anfang an im Justizvollzug ausgebildet und eingesetzt werden, lediglich die Beihilfe beanspruchen können. 

Zu Erinnerung: Die Beihilfe in Sachsen-Anhalt bedeutet verkürzt eine 50-prozentige Erstattung von beihilfefähigen Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen sowie für vorbeugende Behandlungen. 

Versorgungsempfänger, Ehegatten und Lebenspartner erhalten eine Erstattung der Aufwendungen zu 70 %; bei Kindern und Waisen sind es 80 %. Das ist bei Beamten und Richtern des Landes der Regelfall. Zumeist sind diese Beamten und Richter für die Versorgungslücke von 50 % bzw. 30 % eigenverantwortlich krankenversichert.

Die Heilfürsorge aber ist der Sonderfall. Hierbei werden Beamten mit besonders gefahrengeneigter Tätigkeit die notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen im Krankheitsfall bis zu 100 % erstattet. Zu dem gesetzlich festgelegten Kreis der Heilfürsorgeberechtigten zählen in Sachsen-Anhalt Polizeivollzugsbeamte, Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes im Einsatzdienst sowie, man staune, auch die Beamten des Verfassungsschutzes.

Ich meine, trotz ihrer eindeutig gefahrengeneigten Tätigkeit, die das gesundheitliche Risiko von Beamten des Verfassungsschutzes bei Weitem übersteigt, sind Justizvollzugsbeamte nur beihilfeberechtigt und erhalten keine Heilfürsorge. Justizvollzugsbeamte werden hoheitlich tätig und tragen eine hohe Verantwortung. Sie müssen häufig unmittelbaren Zwang anwenden, häufig Schutzkleidung tragen und leisten Schichtdienst.

Hierbei müssen wir feststellen, dass sie sich angesichts des zu beobachtenden Anstiegs des Konsums psychoaktiver Drogen in den Justizvollzugsanstalten gegen renitente Häftlinge durchsetzen müssen und sind Gewalt sowie hohem psychischen Druck ausgesetzt. Der Dienstalltag birgt hohe Risiken, die im schlimmsten Fall zur Dienstunfähigkeit führen.

Man kann wohl erwarten, dass der Dienstherr bei diesen mit dem Polizeivollzugsdienst absolut vergleichbaren Bedingungen fürsorgend tätig wird und sie künftig in die Heilfürsorge einbezieht. Wir halten das jedenfalls für sachgerecht.

Zudem besteht bei gleicher Tätigkeit ein Einkommensgefälle von mehreren 100 €. Wenn ein in den Justizvollzug versetzter ehemaliger Polizeivollzugsbeamter und ein Justizvollzugsbeamter den gleichen Dienst verrichten, bleibt der ehemalige Polizist in der Heilfürsorge, auf die der Kollege ohne beruflichen polizeilichen Vorlauf keinen Anspruch hat. Genau das führt zu einer sozialen Unwucht im Justizvollzug. Denn die privat zu erbringende Zusatzversicherung der Justizvollzugsbeamten belastet deren Nettoeinkommen um mehrere 100 € im Monat. Dem steht bei den Heilfürsorgeberechtigten je nach Eingruppierung nur ein kleiner monatlicher Einbehalt in Höhe von zwischen 6,67 € und 26,67 € gegenüber.

Meine Damen und Herren! Die Personalsituation im Justizvollzug - das wissen wir alle - ist angespannt. Die Altersabgänge können nicht mehr kompensiert werden. So kommt es dazu, dass bereits jetzt Zwölfstundenschichten gefahren werden, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. 

Der Justizvollzugsdienst steht bei der Nachwuchssuche in scharfer Konkurrenz zu anderen Sparten des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Landespolizei. Heilfürsorge auch für Anwärter, wie bei der Polizei, wäre natürlich bei der Nachwuchsgewinnung ein gutes Argument. Bei der Nachwuchsgewinnung wird der Justizvollzug immer der Verlierer sein, wenn die Bedingungen nicht an den Polizeivollzug angeglichen werden. Hierbei denke ich auch an die Vollzugszulage, allgemein auch Gitterzulage genannt, die in Sachsen-Anhalt niedriger als die Polizeizulage ist. Zudem ist die Schichtzulage noch immer auf dem Stand des Jahres 2011.

Ich gebe zu bedenken, wenn bei 120 ausgeschriebenen Stellen seit dem Jahr 2019 nur die Hälfte besetzt werden konnte, dann ist das viel gepriesene Feinkonzept Personal, jedenfalls im Bereich Justizvollzug, vollkommen gescheitert. Es muss eine Attraktivitätsoffensive für den Justizvollzug her, bei der die Heilfürsorge ab dem Anwärterstatus nur ein Baustein sein kann.

Wenn Sie, Frau Ministerin, das Nachwuchsproblem im Justizvollzug nicht in den Griff bekommen, dann haben Sie in den Justizvollzugsanstalten bald tickende Zeitbomben. Wenn aus dem Personalmangel Einschränkungen für die Häftlinge entstehen, z. B. für den Transport oder die Besuchskontrolle oder, schlimmer noch, wenn es zu Lücken bei der Überwachung von Häftlingen kommt, dann sind Szenarien wie Revolten oder Geiselnahmen denkbar.

Sie selbst, Frau Ministerin Weidinger, haben unter der Schlagzeile „Dramatischer Engpass bei der Justiz“   das war ein Artikel in der „Volksstimme“ vom 13. Oktober 2021   ein Interview gegeben. Darin sagten sie unter anderem: Sie wollen erst mit den Berufsverbänden sprechen. Es ist ja inzwischen ein Jahr her. Ich nehme einmal an, Sie haben das getan und die Berufsverbände werden Ihnen als Forderung die Übernahme in die Heilfürsorge vorgetragen haben.

Wir haben den Haushalt für das Jahr 2022 beschlossen. Hätten Sie die von der AfD alternativ vorgeschlagenen Streichungen durchgeführt, könnten Sie die jährlichen Kosten für die Heilfürsorge für die Justizvollzugsbeamten, die wir im Übrigen auf 4 Millionen € jährlich schätzen, locker stemmen. Aber Gender-Gaga ist ja wichtiger und ohne CO2-Messgerät in Dienstgebäuden kommt man sicherlich auch nicht aus.

Ich appelliere daher an Sie: Setzen Sie einfach einmal die Prioritäten anders! Die Heilfürsorge ist nur für einen Bruchteil der Beamten im Land relevant. Gedacht für jene, die für unser Gemeinwesen unter Einsatz von Gesundheit und Leben in besonderer Weise einstehen. Das tun Justizvollzugsbeamte an sieben Tagen in der Woche und 24 Stunden lang. Die Wertschätzung und die Würdigung ihres aufreibenden Dienstes gebieten die Überführung der Justizvollzugsbeamten in die Heilfürsorge als Fürsorgemaßnahme des Dienstherrn. 

So wie wir es in unserem Gesetzentwurf gestaltet haben, soll es ein einmaliges Optionsrecht der Beamten geben, um den wenigen, die es betrifft, die Möglichkeit zu geben im Beihilfesystem zu verbleiben   ich habe es bereits angedeutet  , wenn das für sie im Einzelfall günstiger sein sollte. 

Aber ich will an dieser Stelle gar nicht weiter ins Detail gehen. Wichtig ist aber: Machen Sie den Weg frei und den ersten Schritt zur sozialen Gleichstellung des Justizvollzugsdienstes mit dem Polizeivollzugsdienst. Gehen Sie endlich einmal ihr famoses Feinkonzept Justiz von der sozialen Seite an, und sie werden sehen, es wirkt.

Meine Damen und Herren! Uns ist bekannt, dass die Interessenvertreter der Strafvollzugsbediensteten mit Ihnen allen Gespräche geführt haben. Die Interessenvertreter der Justizvollzugsbeamten haben Ihnen wie natürlich auch uns ihre sozialen und dienstlichen Nöte vorgetragen. Sie haben jetzt die Gelegenheit ihren wohlwollenden Worten und Briefen Taten folgen zu lassen und unserem Gesetzentwurf zustimmen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, unseren Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz zu überweisen. - Ich bedanke mich für ihr Zuhören.

(Zustimmung bei der AfD)