Tagesordnungspunkt 4
Stromnetzstabilität und -qualität sichern und mit den Anforderungen eines Industriestandorts in Einklang bringen - Blackout-Gefahr abwenden!
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/641
Auch hierzu ist eine Redezeit von jeweils zehn Minuten vorgesehen. Es beginnt die Antragstellerin. Herr Scharfenort hat das Wort.
Jan Scharfenort (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Wahrscheinlichkeit eines lang andauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering erscheinen. Träte dieser Fall aber ein, wären die dadurch ausgelösten Folgen selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht zu beherrschbar.
(Zustimmung)
Zu gut Deutsch heißt das: Wenn das passiert, dann ist es bereits zu spät. Was das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag mit diesem Zitat meint, gibt einen Ausblick auf das, was auf uns zukommen könnte, nämlich etwas, worauf weder das Land Sachsen-Anhalt noch Deutschland vorbereitet sind.
Zwei Ereignisse des vergangenen Jahres möchte ich hier nennen. Am 8. Januar 2021 fiel die europäische Netzfrequenz auf 49,7 Hz ab. Das ist ein vermeintlich geringer Unterschied mit fatalen Folgen. Das gesamte südosteuropäische Netz musste abgekoppelt werden, anderenfalls wären europaweit die Lichter ausgegangen.
Am 17. Mai 2021 kam es aufgrund des unerwarteten Ausfalls eines polnischen Kraftwerkes zu einem massiven Frequenzabfall des europäischen Netzes, nämlich auf 48,8 Hz. Ein Blackout konnte nur durch die Zuschaltung von Pumpspeicherkraftwerken und rotierenden thermischen Reserven sowie durch Stromimporte aus Tschechien und der Slowakei verhindert werden.
Nach der ideologisch motivierten Halbierung unseres Kernkraftwerkbestandes im vergangenen Jahr müssen wir uns auf eine Zunahme derartiger Ereignisse einstellen. Bei jedem Vorfall besteht die Gefahr, dass unser Netz völlig abschmiert. Hierzu seien noch einige Fakten genannt.
Erstens. Allein im vergangenen Jahr gab es mehrere Dunkelflauten, die unser Stromnetz gefährdeten. Mit der Zunahme des Anteils der erneuerbaren Energien wird jede Dunkelflaute riskanter.
Zweitens. Bis zum Jahresende gehen unsere letzten Atomkraftwerke vom Netz. Die deutsche Stromleistungsreserve fällt somit von 25 % auf 3 %. Die Stromlücke beträgt dann 100 TWh. 100 TWh sind 100 Milliarden kWh. Diese gilt es dann erst einmal zu kompensieren, und zwar mit Grundlast. Mit der steigenden Anzahl volatiler Einspeiser steigt auch die nötige Anzahl an regelungstechnischen Eingriffen und jeder dieser Eingriffe muss fehlerfrei sein.
Deutschlands Stromnetz ist auch auf Länderebene nicht entkoppelbar. Im Falle eines Stromausfalls können wir unser eigenes Energienetz nicht selbstständig im Inselbetrieb hochfahren. Obwohl Kohle und Kernkraft abgestellt werden, wird keine nennenswerte Anzahl an Gaskraftwerken zur Kompensation der Grundlast gebaut und ist auch nicht in ausreichender Anzahl in Planung.
Die Nutzung von elektronischen Geräten und Elektrofahrzeugen steigt kontinuierlich an, und damit natürlich auch der Strombedarf. Das Angebot wird aber zeitgleich quantitativ und qualitativ vermindert. Unsere Stromnetzqualität wird mittlerweile den qualitativen Anforderungen der Industrie nicht mehr gerecht. Die Schwankungen der Netzfrequenz führen in unseren Unternehmen schon jetzt zu erhöhtem Ausschuss und zu Maschinenschäden. Gern kann Ihnen unserer Abg. Herr Lizureck ein Beispiel dafür aus seinem Betrieb nennen. Das ist jedem zu empfehlen.
In Deutschland sind auch nur wenige Batterien vorhanden, nämlich im einstelligen Megawattbereich. Von Großbatterien weitaus größerer Kapazitäten sind wir noch Jahrzehnte entfernt.
Zusammengefasst: Die Energiewende, wie wir sie durchführen, ist ein Blindflug. Wir steuern langsam aber kontinuierlich in eine Katastrophe. Zitat:
„Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer [immensen] Schadenslage [...] summieren. [...] ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein […] gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen“
und das, wie ich feststelle, auch hier
„vorhanden.“
Dieses Zitat stammt übrigens vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag.
Ich halte es daher für sinnvoll, hier einige Details eines Blackouts zu skizzieren. Bei einem Blackout fallen sämtliche Medien und Kommunikationsmittel sofort aus. Das ist klar. Nach wenigen Stunden fällt aber auch die Trinkwasserversorgung aus. Ebenso gäbe es bei Lebensmitteln innerhalb weniger Tage eine Katastrophe. Warum? - Einfach deshalb, weil die Tiefkühltruhen in den Supermärkten ausfallen. Bei der Massentierhaltung von Schweinen und Hühnern würde es innerhalb von Stunden sogar zu einem Massensterben kommen. Die Belüftungsanlagen in den Viehställen würden nämlich auch ausfallen. Die weiterverarbeitende Lebensmittelindustrie fällt auch zumeist sofort aus. Damit können Handelslager nicht mehr beliefert werden.
In nur wenigen Tagen werden unsere emsigen Bürger also durstig, hungrig und verdammt wütend sein. Sie können ja einmal darüber nachdenken, wie sich die politische Meinung des Durchschnittsbürgers dann ändert.
Was wie ein Schauermärchen klingt, wird eben schnell zur Realität, denn immerhin ist ein flächendeckender Stromausfall laut Bundesamt für Katastrophenschutz die wahrscheinlichste Gefahr, die unser Land bedroht.
Unter diesen Gesichtspunkten liegt die Verantwortung bei uns, solche Gefahren von unserer Bevölkerung abzuwenden. Unser Stromnetz ist eine sensible und verderbliche Ware. Die Frequenz muss immer genau 50 Hertz betragen. Das gelingt nur, wenn die Stromproduktion im Sekundenbereich dem Stromverbrauch entspricht. Das Netz kann eben keinen Strom speichern, so wie von Frau Baerbock behauptet.
(Zuruf: Das Netz nicht, aber die Speicher!)
Die Regelsysteme zur Steuerung dieser hoch volatilen und komplexen Infrastrukturen der erneuerbaren Energien scheinen bei der Energiewende komplett vergessen worden zu sein. Gab es vor 15 Jahren eine Handvoll Erzeuger, die eingespeist haben, so sind es mit Solar- und Windkraft nun Zehntausende - Zehntausende Einspeiser, die nicht wie früher einfach nur von einer Handvoll Netztechniker steuerbar sind. Nein, heute braucht unser Energienetz Unmengen an Sensoren, Messsystemen, Software und weiterer komplexer Hardware.
Es muss aber nicht immer ein vollständiger Blackout sein. E.ON-Chef Birnbaum prognostiziert für die Zukunft, dass E.ON zur Verhinderung eines Blackouts drastische Maßnahmen ergreifen wird. Ich sage es einmal ironisch: Man wird halt ganze Städte vom Netz nehmen müssen, so Birnbaum.
Wir gehen also vom Stromangebot zur Stromzuteilung über - Sozialismus und Planwirtschaft pur, ein Traum für linke und grüne Ideologen. Für die Menschen aber ist es eine Katastrophe. Willkommen im besten Deutschland aller Zeiten!
Die Antwort auf diese Gefahr ist aber eine stabile Energieversorgung, die einem modernen Industrieland gerecht wird. Wie muss eine Stromversorgung beschaffen sein, um diese Anforderungen zu erfüllen? Erstens. Das Energienetz muss schwankungsarm sein. Zweitens. Die Stromreserve muss über 25 % liegen. Drittens. Der Großteil der Einspeiser in das Energienetz muss grundlastfähig sein. Und viertens. Die Energie muss günstig bereitgestellt werden. Und zum Schluss: Wir müssen selbst in der Lage sein, unser Netz im Falle eines Ausfalls hochzufahren.
Was ist die Realität? - Keines dieser Kriterien wird in Deutschland erfüllt. Um diese Kriterien zu erfüllen, müssen wir unsere Kernkraftwerke erhalten und abfallarme, moderne Reaktoren der Generation IV bauen. Wir müssen unser Stromnetz auch entkoppelungsfähig machen und somit Inselnetze ermöglichen. Wir müssen schwarzstartfähig werden. Kurzum: Wir brauchen die Wende von der Energiewende hin zu bezahlbarer und sicherer Energie für Industrie und Verbraucher, aber vor allen Dingen für Arbeitsplätze und Wohlstand.
(Beifall)
Sie als Regierungsfraktionen kommen nicht umhin, sich der Dringlichkeit dieses Problems bewusst zu werden. Anderenfalls, das verspreche ich Ihnen, werden in Zukunft noch ganz andere Massen auf die Straßen gehen. - Vielen Dank.
(Beifall)