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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 22

Beratung

Lehrkräfte länger im Schuldienst halten - Erfahrungen wertschätzen, langjähriges Engagement würdigen, Anreize im Alter erhöhen!

Antrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/4902


Herr Redlich ist der Einbringer und erhält das Wort. - Bitte sehr. 


Matthias Redlich (CDU): 

Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Lehrerinnen und Lehrer leisten viel. Der Beruf und die steigenden Herausforderungen verlangen ihnen eine Menge ab. Der Lehrerberuf ist ebenso anspruchsvoll wie gesellschaftlich bedeutend. Lehrkräfte begleiten unsere Kinder und unsere Jugendlichen auf dem Weg ins Leben. Sie vermitteln ihnen aber nicht nur Wissen, sondern entdecken auch Talente, fördern Fähigkeiten und prägen Persönlichkeiten.

(Unruhe)

Zunehmend herausfordernde Elternhäuser und eine immer diffiziler werdende Schülerschaft mit von Jahrgang zu Jahrgang steigenden Förderbedarfen, Leistungsspreizungen, veränderten Anforderungen und einem veränderten Auftreten gestalten den Job schwieriger. Hinzu kommen Lehrermangel, Bürokratie, Digitalisierung, häufige Vertretungen, große Klassen sowie steigende Anforderungen aufgrund von Inklusion.

Die Arbeitsbelastungen in dem Beruf steigen. Insbesondere erfahrene Lehrkräfte haben dadurch das Gefühl, dem und den eigenen Ansprüchen nicht mehr in vollem Umfang gerecht werden zu können. 

(Anhaltende Unruhe)

- Und ich habe wegen der dauernden Geräusche bei der AfD-Fraktion das Gefühl, dass hier eine solche Lautstärke herrscht, dass man mich gar nicht hören kann. 

(Tobias Rausch, AfD: Sie sprechen so undeutlich!)

- Danke.

(Tobias Rausch, AfD: Bitte!)

Viele ältere Lehrkräfte nehmen so Abschläge in Kauf und gehen. Sie ziehen den Ruhestand vor. Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Schuldienst beginnt ab dem 60. Lebensjahr. Die größten Verluste verzeichnet der Schuldienst bei Lehrkräften im Alter von 62 und 63 Jahren. Der Anteil derjenigen, die mit Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden, ist bei Lehrerinnen und Lehrern deutschlandweit besonders hoch. 

In den nächsten fünf Jahren wird knapp ein Drittel der Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt   das sind rund 5 000 Lehrerinnen und Lehrer   das 60. Lebensjahr erreichen. 5 000, knapp ein Drittel unserer Lehrerinnen und Lehrer, stehen in den nächsten Jahren vor der Entscheidung, ob sie vorzeitig in den Ruhestand gehen oder nicht. 

Mit diesen Lehrkräften muss man gemeinsam besprechen, wie sie sich die Ausgestaltung der nächsten, ihrer letzten Dienstjahre vorstellen und wie sie den Übergang in den Ruhestand gestalten wollen. Dazu möchten wir als Koalition ein verbindliches Mitarbeitergespräch einführen, das eben genau diese Thematik aufgreift und strukturiert über bestehende Möglichkeiten gerade auch eines sanfteren Übergangs informiert.

Langjährige Lehrkräfte haben in ihrem Berufsleben Tausende Prüfungen korrigiert, Hunderte Stunden vorbereitet und unterrichtet sowie unzählige Konflikte geschlichtet.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie einmal, Herr Redlich.


Matthias Redlich (CDU): 

Vielen Dank, Herr Präsident.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Inzwischen hat der Lärmpegel eine Schwelle erreicht, die es wirklich nicht mehr möglich macht, dem Redner zu folgen. Ich bitte darum, die Gespräche draußen zu führen. Wir können hier sonst keine vernünftige Beratung mehr garantieren. - Sie haben das Wort. 


Matthias Redlich (CDU): 

Mit großem Einsatz haben sie Eltern beraten sowie die unterschiedlichsten Charaktere und Generationen von Schülerinnen und Schülern auf dem Weg zum Erwachsenwerden begleitet. Sie haben ihnen Wissen und Fähigkeiten vermittelt, die sie fit für ihren weiteren Lebensweg machen. Es ist diese Arbeit, die Respekt verdient. Als CDU-Fraktion und als Koalitionsfraktionen sagen wir dafür Danke.

(Zustimmung bei der CDU und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Ältere Lehrkräfte, deren Erfahrung und Engagement sind für unser Schulsystem eine sehr bedeutende Stütze. Wir müssen aber insgesamt dafür sorgen, dass Lehrkräfte länger, und zwar so lange wie möglich, an unseren Schulen bleiben wollen, aber auch können. Mit mehr Unterstützungspersonal, flexiblen Budgets und vielen weiteren Maßnahmen wie bspw. der Bereitstellung moderner IT-Technik, aber auch innovativen Ansätzen wie freien Zugängen zu KI-Technologien versucht das Bildungsministerium, dies zu erreichen.

Die weiterhin hohen vorzeitigen Altersabgänge zeigen aber, dass man auch auf eine andere Weise reagieren muss, um gerade ältere Lehrkräfte mit besonderen Anreizen zu einem längeren Verbleib im Schuldienst zu animieren. Im Bildungsausschuss haben wir dazu bereits mehrfach an verschiedenen Stellen über unterschiedlichste Möglichkeiten sowie deren Vor- und Nachteile beraten. Die Abminderung der Pflichtstunden kam übergreifend als ein richtiger Ansatz zur Sprache.

Die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP möchten es aber nicht beim Reden belassen. Wir werden handeln. Aus diesem Grund soll die Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte in § 5 angepasst werden. Beginnend mit dem 62. Lebensjahr wollen wir bis zum 65. Lebensjahr die Regelstundenzahl jährlich um zwei Unterrichtsstunden abmindern. Mit dieser Reduktion wollen wir die Unterrichtsversorgung verbessern und unsere Lehrkräfte entlasten. Dies mag mathematisch paradox klingen, in der Praxis aber erwarten wir einen positiven Gesamteffekt auf die Unterrichtsversorgung dadurch, dass mehr Lehrkräfte bis zum Eintritt in die reguläre Rentenzeit im Schuldienst bleiben - Lehrkräfte, die unsere Schulen sonst bereits mit 62 oder 63 Jahren verlassen hätten.

Die so im Schuldienst gehaltenen Lehrkräfte könnten auch ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen von Betreuungs- und Beratungsfunktionen entlasten und die Schulentwicklung unterstützen. In Absprache mit der Schulleitung könnten Praktikanten, Lehramtsanwärter sowie Lehrkräfte im Seiteneinstieg betreut werden und Berufseinsteiger Mentoringprogramme erhalten. Ebenso könnten vielleicht außerschulische Angebote, z. B. für Deutsch und Nachhilfe, ermöglicht werden.

Die Abminderung der Regelstundenzahl ist keine Generallösung; das ist uns klar. Sie ist aber ein richtiger Baustein, um erfahrene Lehrkräfte zu halten. Ein weiterer Baustein ist, allen Lehrkräften vor dem Eintritt in den Ruhestand die Sicherung der eigenen Daten anzubieten und sie regelmäßig über Arbeitsangebote zu informieren.

So manche Lehrerin und so mancher Lehrer, die sich heute ausgebrannt fühlen und einfach nur noch raus wollen, werden weder mit Geld noch mit Abminderung oder sonstigen Angeboten gehalten werden können. Viele merken aber nach einer Weile zu Hause, dass sie doch noch oder vielleicht gerade wieder Lust haben, dauerhaft, für einige Stunden oder als Vertretungslehrkraft im Bedarfsfall zu unterstützen. Ohne eine Sicherung der Daten müssten diese Lehrkräfte, die 30, 40 oder noch mehr Jahre im Schuldienst waren, erst einen Bewerbungsprozess durchlaufen und eine Lehrbefähigung nachweisen. Dies ist ein datenschutzrechtliches Erfordernis, das viele scheuen oder sogar als Geringschätzung ihrer Lebensleistung wahrnehmen. Es ist aber auch ein Erfordernis, das sich mit einer Unterschrift vermeiden ließe. Auch dort setzt unser Antrag an. 

Werte Kolleginnen und Kollegen! Erfahrene Lehrerinnen und Lehrer länger an unseren Schulen zu halten, wäre ein Gewinn für unser Schulsystem. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam die Anreize zum längeren Verweilen im Schuldienst erhöhen. Lassen Sie uns gemeinsam weitere Schritte zur Stabilisierung der Unterrichtsversorgung gehen. Unterstützen Sie den vorliegenden Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP. - Vielen Dank.