Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention erkennt das Recht behinderter Menschen auf Bildung an. Ausgehend vom Prinzip der Gleichberechtigung gewährleistet die UN-Behindertenrechtskonvention damit ein einbeziehendes Bildungssystem auf allen Ebenen. Dabei ist sicherzustellen, dass behinderte Menschen nicht aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden.
Die Behindertenrechtskonvention macht jedoch keine Vorgaben darüber, auf welche Weise gemeinsames Lernen zu realisieren ist.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Aussagen zur Gliederung des Schulwesens enthält die Konvention ebenso nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Koalitionsvertrag schreibt fest, dass das Schulsystem in Sachsen-Anhalt jeder Schülerin und jedem Schüler unter der Berücksichtigung, dass sich im Laufe eines Schullebens die Leistungen von Kindern und Jugendlichen ändern können, einen individuellen Bildungsweg eröffnen soll.
Die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen und Bildungswegen unter Berücksichtigung der individuellen Entwicklung, z. B. in Bezug auf Sprache, Begabung, auch Handicap, wird damit ein großer Stellenwert beigemessen.
In § 1 Abs. 3 des Schulgesetzes unseres Landes ist die Aufgabe aller Schulen, dem Gedanken der Inklusion, wie auch den besonderen Bedarfen und begründeten Ansprüchen von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, verankert.
Wir halten in Sachsen-Anhalt ein Schulsystem vor, das dem Elternwillen eine große Bedeutung beimisst. Das heißt auch, dass die Eltern entscheiden, welche Schulform sie für ihr Kind wählen.
(Zustimmung bei der CDU)
Das kann die Förderschule oder das Angebot an der allgemeinen Schule sein. Eltern sind die Experten für ihr Kind und treffen die Entscheidung sehr bewusst.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Sie als GRÜNE, sehr geehrte, werte Kollegin, wollen Eltern zwingen, ihre Kinder im gemeinsamen Unterricht zu beschulen.
(Zuruf: So ein Schwachsinn!)
Ich glaube, einen Zwang kann es an der Stelle erst recht nicht geben.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir fördern somit unter schwierigen Rahmenbedingungen - das ist wohl klar , inklusive Angebote in allen Schulformen. Dem Grundgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention wird Rechnung getragen. Deren Umsetzung bedeutet jedoch nicht die Abschaffung von Förderschulen.
Förderschulen zeichnen sich durch ihre spezifischen, sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungs- und auch Unterstützungsangebote aus. Sie arbeiten mit Partnern aus der Medizin, der Sozial- und Jugendhilfe eng zusammen. Förderschulen mit spezifischen, sonderpädagogischen Förderschwerpunkten sind sowohl Lernorte mit eigenen Bildungsangeboten als auch Kompetenzförderzentren mit sonderpädagogischen Angeboten in den allgemeinbildenden Schulen. Damit sind sie je nach Bedarf eine wichtige Alternative oder sind auch ergänzende Lernorte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an dieser Stelle nicht die Zeit gegeben, auf alle Punkte Ihres Antrags einzugehen. Aber zunächst vielleicht so viel: Bei steigenden Schülerzahlen steigt natürlich auch der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das ist im Übrigen bundesweit der Fall, insbesondere im Bereich GB.
Ein statistisches Gutachten halte ich hierfür entbehrlich; die Daten liegen alle vor. Regelmäßig werden diagnostische Verfahren evaluiert und angepasst.
Vor dem Hintergrund, dass Schule dem Gedanken der Inklusion wie den besonderen Bedarfen sowie diagnostisch begründeten Ansprüchen von Kindern und Jugendlichen gerecht werden muss, werden unsere Schulen bereits unterstützt, im Zuge von schulischer Programmarbeit eigene inklusive Konzepte zu entwickeln.
Ein wesentlicher Aspekt der Umsetzung des inklusiven Grundgedankens an unseren Schulen - der mehr oder weniger auch den gemeinsamen Unterricht beinhaltet - ist nicht nur die sonderpädagogische Förderung, sondern ein qualitativ hochwertiges Angebot, das unsere Schulen vorhalten können. Dieses qualitativ hochwertige Angebot wird in der Lehreraus , fort und -weiterbildung vermittelt.
Für die Unterrichtsentwicklung und für die Personalentwicklung stellt das Land Angebote zur Verfügung. Auch das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel, für Schülerinnen und Schüler der Förderschule für Lernbehinderte ein Zeugnis zu entwickeln, das die erworbenen Kompetenzen nachweist, ist bereits in der Erarbeitung.
Lassen Sie mich bitte zum Schluss aus einer E-Mail zitieren, die ich am 6. August von einer Person bekommen habe, die mir selbst nicht bekannt ist, die sich aber zu einer medialen Äußerung der GRÜNEN mir gegenüber geäußert hat; nämlich auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN zum Thema Inklusion. Sie ist sehr interessant.
Es geht dabei um einen Herrn F.(?) Herr F.(?) ist freier Lehrerweiterbilder und Bildungspublizist aus NRW. Er äußert: Bitte geben Sie meine Überlegungen an die zuständigen Personen weiter, die sozusagen hier ideologisch argumentieren - ich zitiere : Ich halte die aktuelle Kritik - es geht um die Kleine Anfrage - seitens der GRÜNEN am Status in Sachsen-Anhalt für unberechtigt. Denn aus reinen Förderschulbesuchsquoten lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf die Qualität individueller, insbesondere sonderpädagogischer Förderung ablesen, wie dies von Befürwortern umfangreicheren und gar totalen gemeinsamen Lernens gern gehandhabt wird, in Unkenntnis oder Neigung des Wortlautes der Behindertenrechtskommission.
(Marco Tullner, CDU, zustimmend: Sehr gut!)
Kindern mit besonderem Förderbedarf ist aber an Qualität gelegen, nicht an Quantität. Anliegen der UN-Behindertenrechtskommission von 2008 war ja, allen Menschen mit Behinderungen unter anderem ungehinderten Zugang zum allgemeinen Bildungswesen zu ermöglichen. Zu Recht. Denn in vielen Ländern waren behinderte Kinder zuvor vom öffentlichen Schulwesen ausgeschlossen. Das wissen wir auch aus früheren Zeiten, nämlich aus DDR-Zeiten.
Deutschlands Förderschulen bilden nun denjenigen Teil des allgemeinbildenden Schulsystems, der gesellschaftliche Teilhabe durch spezifische Unterstützung herbeiführen soll. Solche besonderen Maßnahmen gelten laut der Konvention Artikel 5 Abs. 4 aber gerade nicht als Diskriminierung und sie sind auch weltweit üblich.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Insbesondere soll bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, das Wohl des einzelnen Kindes vorrangig berücksichtigt werden. - Das ist übrigens auch Artikel 7 Abs. 2.
Nirgendwo wird in der Behindertenrechtskommission indes gefordert, Sonder- oder Förderschulen oder Klassen abzuschaffen. Auch gelten weiterhin Artikel 5 und Artikel 18 der UN-Kinderrechtskonvention, nämlich die elterliche Verantwortung und das Erziehungsrecht.
Ich könnte noch weiter zitieren. Aber ich glaube, diese Sätze sagen alles. Ich bitte darum, dass man das einmal zur Kenntnis nimmt und die ideologischen Scheuklappen ablegt. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Feußner, es gibt eine Nachfrage von Herrn Lippmann.
(Marco Tullner, CDU: Das war überzeugend!)
Herr Lippmann, bitte.
Thomas Lippmann (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen zu Ihrem Vortrag. Sie haben zum einen von der Durchlässigkeit im gegliederten Schulsystem gesprochen. Ich beziehe die Förderschulen in das gegliederte Schulsystem ein. Können Sie etwas dazu sagen, wie sich die Übergänge in Regelschulen von Schülerinnen und Schülern, die Förderschulen besuchen, im Laufe ihrer Schulkarriere vollziehen? Ich nehme dabei die Sprachförderschulen aus, die nur bis zur 6. Klasse gehen. Also: Welche Erkenntnisse gibt es darüber, wie die Durchlässigkeit beim Übergang aus der Förderschule, nach der dort erfolgten intensiven Förderung, zurück ins Regelschulsystem funktioniert? Oder haben wir dort ein extrem langes, fast 100-prozentiges Verbleiben - einmal Förderschule, immer Förderschule? - Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage: Sie haben von den Angeboten in den Regelschulen für inklusiven, gemeinsamen Unterricht gesprochen und gesagt, dass die dort in allen Schulformen voll vorgehalten werden. Wie lässt sich das mit den Regelungen im neuen Schuljahr vereinbaren, dass zumindest in den weiterführenden Schulen die Stundenzuweisungen, die die Schulen für die sonderpädagogische Förderung bei festgestelltem Bedarf bekommen, ab einer bestimmten Größenordnung deutlich reduziert wurden?
Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Zur ersten Frage: einmal Förderschule, immer Förderschule. Das ist schon der falsche Ansatz, den Sie wählen. Wir haben jetzt wieder die Möglichkeit geschaffen, dass auch an der Förderschule der Hauptschulabschluss erworben wird, der erste allgemeinbildende Schulabschluss. Wir haben in der Vergangenheit alle Möglichkeiten flexibilisiert - das soll es auch weiterhin geben , damit Schülerinnen und Schüler aus der Förderschule, insbesondere aus der Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, an die Sekundarschule wechseln und dort den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss machen konnten. Das ist ein Wechsel - falls Ihnen das jetzt nicht so bewusst ist. Die Zahlen fordern Sie regelmäßig ab; die haben Sie auch. Davon gehe ich aus.
Also, es gibt diesen Austausch, und es gibt nicht die Schulform an sich: einmal die Schule und dann immer diese Schule. Das gibt es auch im Bereich der weiterführenden Schulen nicht. Wir haben dort regelmäßig Wechsel von Schülerinnen und Schülern. Das entspricht in der Regel auch sozusagen den individuellen Anlässen: den Kenntnissen, der Neigung, der Befähigung und auch den kognitiven Voraussetzungen. Ich denke, genau das ist unser Ziel: dass wir die individuelle Förderung eines jeden Kindes vornehmen können, dass wir die Kinder so fördern, dass sie alle nach Möglichkeit einen Abschluss bekommen. Das ist, glaube ich, das ganz große Ziel.
Sie wollen, ähnlich wie die GRÜNEN, alle Kinder in das inklusive System stecken. Ich glaube, angesichts des umfangreichen Beratungssystems für die Eltern, das wir haben, und auch angesichts der Entscheidungsfreiheit, die die Eltern haben - wir haben das in allen Schulformen, ausgerechnet da soll das jetzt nicht zutreffend sein , bewegen wir uns, wenn das Elternwahlrecht hier eingeschränkt wird, auch rechtlich auf ganz dünnem Eis.
Was die zusätzlichen Stunden für den sonderpädagogischen Förderbedarf anbelangt - zweite Frage -, haben wir nichts gekürzt, sondern wir haben vereinheitlicht. Die Schulformen erhielten unterschiedlich hohe Zuweisungen. Die Anfrage, die entweder die Fraktion Die Linke oder die GRÜNEN gestellt haben, haben wir beantwortet; entsprechend haben Sie die Antwort auch bekommen. Darauf muss ich daher hier nicht noch einmal gesondert eingehen. Wir haben jetzt für alle Schülerinnen und Schüler, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, eine einheitliche Zuweisung. Ich glaube, das ist gerechtfertigt und auch gerecht. - Vielen Dank.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Frau Feußner. Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention erkennt das Recht behinderter Menschen auf Bildung an. Ausgehend vom Prinzip der Gleichberechtigung gewährleistet die UN-Behindertenrechtskonvention damit ein einbeziehendes Bildungssystem auf allen Ebenen. Dabei ist sicherzustellen, dass behinderte Menschen nicht aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden.
Die Behindertenrechtskonvention macht jedoch keine Vorgaben darüber, auf welche Weise gemeinsames Lernen zu realisieren ist.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Aussagen zur Gliederung des Schulwesens enthält die Konvention ebenso nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Koalitionsvertrag schreibt fest, dass das Schulsystem in Sachsen-Anhalt jeder Schülerin und jedem Schüler unter der Berücksichtigung, dass sich im Laufe eines Schullebens die Leistungen von Kindern und Jugendlichen ändern können, einen individuellen Bildungsweg eröffnen soll.
Die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen und Bildungswegen unter Berücksichtigung der individuellen Entwicklung, z. B. in Bezug auf Sprache, Begabung, auch Handicap, wird damit ein großer Stellenwert beigemessen.
In § 1 Abs. 3 des Schulgesetzes unseres Landes ist die Aufgabe aller Schulen, dem Gedanken der Inklusion, wie auch den besonderen Bedarfen und begründeten Ansprüchen von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, verankert.
Wir halten in Sachsen-Anhalt ein Schulsystem vor, das dem Elternwillen eine große Bedeutung beimisst. Das heißt auch, dass die Eltern entscheiden, welche Schulform sie für ihr Kind wählen.
(Zustimmung bei der CDU)
Das kann die Förderschule oder das Angebot an der allgemeinen Schule sein. Eltern sind die Experten für ihr Kind und treffen die Entscheidung sehr bewusst.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Sie als GRÜNE, sehr geehrte, werte Kollegin, wollen Eltern zwingen, ihre Kinder im gemeinsamen Unterricht zu beschulen.
(Zuruf: So ein Schwachsinn!)
Ich glaube, einen Zwang kann es an der Stelle erst recht nicht geben.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir fördern somit unter schwierigen Rahmenbedingungen - das ist wohl klar , inklusive Angebote in allen Schulformen. Dem Grundgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention wird Rechnung getragen. Deren Umsetzung bedeutet jedoch nicht die Abschaffung von Förderschulen.
Förderschulen zeichnen sich durch ihre spezifischen, sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungs- und auch Unterstützungsangebote aus. Sie arbeiten mit Partnern aus der Medizin, der Sozial- und Jugendhilfe eng zusammen. Förderschulen mit spezifischen, sonderpädagogischen Förderschwerpunkten sind sowohl Lernorte mit eigenen Bildungsangeboten als auch Kompetenzförderzentren mit sonderpädagogischen Angeboten in den allgemeinbildenden Schulen. Damit sind sie je nach Bedarf eine wichtige Alternative oder sind auch ergänzende Lernorte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an dieser Stelle nicht die Zeit gegeben, auf alle Punkte Ihres Antrags einzugehen. Aber zunächst vielleicht so viel: Bei steigenden Schülerzahlen steigt natürlich auch der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das ist im Übrigen bundesweit der Fall, insbesondere im Bereich GB.
Ein statistisches Gutachten halte ich hierfür entbehrlich; die Daten liegen alle vor. Regelmäßig werden diagnostische Verfahren evaluiert und angepasst.
Vor dem Hintergrund, dass Schule dem Gedanken der Inklusion wie den besonderen Bedarfen sowie diagnostisch begründeten Ansprüchen von Kindern und Jugendlichen gerecht werden muss, werden unsere Schulen bereits unterstützt, im Zuge von schulischer Programmarbeit eigene inklusive Konzepte zu entwickeln.
Ein wesentlicher Aspekt der Umsetzung des inklusiven Grundgedankens an unseren Schulen - der mehr oder weniger auch den gemeinsamen Unterricht beinhaltet - ist nicht nur die sonderpädagogische Förderung, sondern ein qualitativ hochwertiges Angebot, das unsere Schulen vorhalten können. Dieses qualitativ hochwertige Angebot wird in der Lehreraus , fort und -weiterbildung vermittelt.
Für die Unterrichtsentwicklung und für die Personalentwicklung stellt das Land Angebote zur Verfügung. Auch das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel, für Schülerinnen und Schüler der Förderschule für Lernbehinderte ein Zeugnis zu entwickeln, das die erworbenen Kompetenzen nachweist, ist bereits in der Erarbeitung.
Lassen Sie mich bitte zum Schluss aus einer E-Mail zitieren, die ich am 6. August von einer Person bekommen habe, die mir selbst nicht bekannt ist, die sich aber zu einer medialen Äußerung der GRÜNEN mir gegenüber geäußert hat; nämlich auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN zum Thema Inklusion. Sie ist sehr interessant.
Es geht dabei um einen Herrn F.(?) Herr F.(?) ist freier Lehrerweiterbilder und Bildungspublizist aus NRW. Er äußert: Bitte geben Sie meine Überlegungen an die zuständigen Personen weiter, die sozusagen hier ideologisch argumentieren - ich zitiere : Ich halte die aktuelle Kritik - es geht um die Kleine Anfrage - seitens der GRÜNEN am Status in Sachsen-Anhalt für unberechtigt. Denn aus reinen Förderschulbesuchsquoten lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf die Qualität individueller, insbesondere sonderpädagogischer Förderung ablesen, wie dies von Befürwortern umfangreicheren und gar totalen gemeinsamen Lernens gern gehandhabt wird, in Unkenntnis oder Neigung des Wortlautes der Behindertenrechtskommission.
(Marco Tullner, CDU, zustimmend: Sehr gut!)
Kindern mit besonderem Förderbedarf ist aber an Qualität gelegen, nicht an Quantität. Anliegen der UN-Behindertenrechtskommission von 2008 war ja, allen Menschen mit Behinderungen unter anderem ungehinderten Zugang zum allgemeinen Bildungswesen zu ermöglichen. Zu Recht. Denn in vielen Ländern waren behinderte Kinder zuvor vom öffentlichen Schulwesen ausgeschlossen. Das wissen wir auch aus früheren Zeiten, nämlich aus DDR-Zeiten.
Deutschlands Förderschulen bilden nun denjenigen Teil des allgemeinbildenden Schulsystems, der gesellschaftliche Teilhabe durch spezifische Unterstützung herbeiführen soll. Solche besonderen Maßnahmen gelten laut der Konvention Artikel 5 Abs. 4 aber gerade nicht als Diskriminierung und sie sind auch weltweit üblich.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Insbesondere soll bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, das Wohl des einzelnen Kindes vorrangig berücksichtigt werden. - Das ist übrigens auch Artikel 7 Abs. 2.
Nirgendwo wird in der Behindertenrechtskommission indes gefordert, Sonder- oder Förderschulen oder Klassen abzuschaffen. Auch gelten weiterhin Artikel 5 und Artikel 18 der UN-Kinderrechtskonvention, nämlich die elterliche Verantwortung und das Erziehungsrecht.
Ich könnte noch weiter zitieren. Aber ich glaube, diese Sätze sagen alles. Ich bitte darum, dass man das einmal zur Kenntnis nimmt und die ideologischen Scheuklappen ablegt. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Feußner, es gibt eine Nachfrage von Herrn Lippmann.
(Marco Tullner, CDU: Das war überzeugend!)
Herr Lippmann, bitte.
Thomas Lippmann (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen zu Ihrem Vortrag. Sie haben zum einen von der Durchlässigkeit im gegliederten Schulsystem gesprochen. Ich beziehe die Förderschulen in das gegliederte Schulsystem ein. Können Sie etwas dazu sagen, wie sich die Übergänge in Regelschulen von Schülerinnen und Schülern, die Förderschulen besuchen, im Laufe ihrer Schulkarriere vollziehen? Ich nehme dabei die Sprachförderschulen aus, die nur bis zur 6. Klasse gehen. Also: Welche Erkenntnisse gibt es darüber, wie die Durchlässigkeit beim Übergang aus der Förderschule, nach der dort erfolgten intensiven Förderung, zurück ins Regelschulsystem funktioniert? Oder haben wir dort ein extrem langes, fast 100-prozentiges Verbleiben - einmal Förderschule, immer Förderschule? - Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage: Sie haben von den Angeboten in den Regelschulen für inklusiven, gemeinsamen Unterricht gesprochen und gesagt, dass die dort in allen Schulformen voll vorgehalten werden. Wie lässt sich das mit den Regelungen im neuen Schuljahr vereinbaren, dass zumindest in den weiterführenden Schulen die Stundenzuweisungen, die die Schulen für die sonderpädagogische Förderung bei festgestelltem Bedarf bekommen, ab einer bestimmten Größenordnung deutlich reduziert wurden?
Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Zur ersten Frage: einmal Förderschule, immer Förderschule. Das ist schon der falsche Ansatz, den Sie wählen. Wir haben jetzt wieder die Möglichkeit geschaffen, dass auch an der Förderschule der Hauptschulabschluss erworben wird, der erste allgemeinbildende Schulabschluss. Wir haben in der Vergangenheit alle Möglichkeiten flexibilisiert - das soll es auch weiterhin geben , damit Schülerinnen und Schüler aus der Förderschule, insbesondere aus der Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, an die Sekundarschule wechseln und dort den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss machen konnten. Das ist ein Wechsel - falls Ihnen das jetzt nicht so bewusst ist. Die Zahlen fordern Sie regelmäßig ab; die haben Sie auch. Davon gehe ich aus.
Also, es gibt diesen Austausch, und es gibt nicht die Schulform an sich: einmal die Schule und dann immer diese Schule. Das gibt es auch im Bereich der weiterführenden Schulen nicht. Wir haben dort regelmäßig Wechsel von Schülerinnen und Schülern. Das entspricht in der Regel auch sozusagen den individuellen Anlässen: den Kenntnissen, der Neigung, der Befähigung und auch den kognitiven Voraussetzungen. Ich denke, genau das ist unser Ziel: dass wir die individuelle Förderung eines jeden Kindes vornehmen können, dass wir die Kinder so fördern, dass sie alle nach Möglichkeit einen Abschluss bekommen. Das ist, glaube ich, das ganz große Ziel.
Sie wollen, ähnlich wie die GRÜNEN, alle Kinder in das inklusive System stecken. Ich glaube, angesichts des umfangreichen Beratungssystems für die Eltern, das wir haben, und auch angesichts der Entscheidungsfreiheit, die die Eltern haben - wir haben das in allen Schulformen, ausgerechnet da soll das jetzt nicht zutreffend sein , bewegen wir uns, wenn das Elternwahlrecht hier eingeschränkt wird, auch rechtlich auf ganz dünnem Eis.
Was die zusätzlichen Stunden für den sonderpädagogischen Förderbedarf anbelangt - zweite Frage -, haben wir nichts gekürzt, sondern wir haben vereinheitlicht. Die Schulformen erhielten unterschiedlich hohe Zuweisungen. Die Anfrage, die entweder die Fraktion Die Linke oder die GRÜNEN gestellt haben, haben wir beantwortet; entsprechend haben Sie die Antwort auch bekommen. Darauf muss ich daher hier nicht noch einmal gesondert eingehen. Wir haben jetzt für alle Schülerinnen und Schüler, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, eine einheitliche Zuweisung. Ich glaube, das ist gerechtfertigt und auch gerecht. - Vielen Dank.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Frau Feußner.