Tagesordnungspunkt 8
Wirtschaft in Sachsen-Anhalt auf der Überholspur - Chancen und Risiken für die Zukunft
Antrag Fraktion CDU - Drs. 8/2538
Es wurde eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Für die CDU-Fraktion eröffnet Herr Thomas die Debatte. - Sie haben das Wort.
Ulrich Thomas (CDU):
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren!
(Unruhe)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Stopp. Ich bitte darum, dass Sie das Gemurmel heute zeitnah einstellen. Die Akustik haben wir nicht in den Griff bekommen. Wir arbeiten noch daran. Vielleicht konzentrieren wir uns ein bisschen.
Ulrich Thomas (CDU):
Vielen Dank, Herr Präsident. Aber die Redezeit bekomme ich hinterher angerechnet; die lief nämlich schon.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ja.
Ulrich Thomas (CDU):
Meine Damen und Herren! Unser Land ist im Aufschwung mitten im Herzen Deutschlands und Europas. Die blühenden Landschaften sind mittlerweile überall sichtbar und werden auch jeden Tag deutlicher. Aus dem Land der roten Laterne ist das Land der Investitionen geworden. Der Anspruch der aktuellen Koalition, Sachsen-Anhalt zum führenden Land im Osten zu entwickeln, wird mit jedem Tag realistischer und wird auch durch Prognosen führender Wirtschaftsinstitute bestätigt.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Und die Erde ist eine Scheibe!)
Dank der CDU-geführten Landesregierungen der letzten 20 Jahre konnte unser Bundesland sein einstiges Schmuddelimage ablegen und gehört schon seit geraumer Zeit zu den top Investitionsstandorten in Deutschland und Europa.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Meine Damen und Herren! Die Mär von beleuchteten Äckern gehört der Vergangenheit an. Heute brauchen wir wieder mehr Gewerbeflächen. Vielerorts wird versucht, das entsprechend durchzusetzen, und das ist gut so.
Meine Damen und Herren! Dank dieser unserer weitsichtigen Landespolitik ist Sachsen-Anhalt auf der Überholspur und darauf können wir zu Recht stolz sein.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Dies hat - das möchte ich deutlich sagen - trotz großer Freude überhaupt nichts mit der Intel-Ansiedlung zu tun. Denn bereits vor der Entscheidung des Weltkonzerns, nach Sachsen-Anhalt zu kommen, gab es kaum eine Woche, in der wir nicht in Sachsen-Anhalt eine Neuansiedlung oder eine Erweiterungsinvestition feiern konnten.
Die Stärke unserer Wirtschaft liegt immer noch beim Mittelstand, beim Handwerk und bei den freien Berufen. Das sind die Motoren der Entwicklung, die in guten wie in schlechten Zeiten unser Land am Laufen gehalten haben.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Es waren die vielen Kleinunternehmen, die in den 90er-Jahren die Abwicklung der DDR-Industrie auffingen, die in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise eine unglaubliche Resistenz bewiesen haben und die in der Coronapandemie durch ein hohes Maß an Flexibilität aufgefallen sind. Dafür gebührt diesem Teil der Wirtschaft von dieser Stelle aus Respekt, Anerkennung und unser Dank, meine Damen und Herren. Was wären wir ohne dieses Unternehmertum?
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)
Meine Damen und Herren! Insgesamt kann ich im Namen meiner Fraktion feststellen, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt gut vorangekommen ist. Die Wirtschaftskraft hat sich seit dem Jahr 1991 mehr als verdoppelt. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich spürbar verbessert. Noch vor einem Jahrzehnt war die Arbeitslosenquote doppelt so hoch wie heute. Inzwischen herrscht auch bei uns ein dramatischer Mangel an Fachkräften. Nie war unser Bundesland so attraktiv wie heute. Dies ist unsere Chance, neue Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu gewinnen. Meine Damen und Herren! Ich will das in aller Deutlichkeit sagen: Deswegen unterstützen wie als CDU-Fraktion die qualifizierte Zuwanderung nach Sachsen-Anhalt in unseren Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD - Guido Kosmehl, FDP: Das ist doch mal eine Aussage!)
Meine Damen und Herren! Dass Sachsen-Anhalt den schwersten Stand bei der Transformation von der sozialistischen Planwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft hatte, ist allen bekannt. Umso bemerkenswerter ist es, welchen Stellenwert wir mittlerweile innerhalb der Bundesrepublik Deutschland genießen. Meine Damen und Herren! Diesen hart erkämpften Stellenwert dürfen wir uns nicht aus der Hand nehmen lassen, insbesondere nicht durch politische Entscheidungen aus Berlin, auf die ich nun zu sprechen komme und die auch Teil des Anlasses sind, warum wir heute zu diesem Thema debattieren.
Meine Damen und Herren! Unsere von mir eben geschilderte positive Entwicklung sehen wir als akut gefährdet an. Grüne Europa- und Bundespolitik steht für eine schlechte und weltfremde Wirtschaftspolitik.
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Diese wird zu einer Deindustrialisierung führen, die unseren Wohlstand bedroht. Insbesondere die durch das grün geführte Wirtschaftsministerium Wir können sagen, die grüne Familie führt mittlerweile das grüne Wirtschaftsministerium.
(Zustimmung bei der CDU - Lachen und Beifall bei der AfD - Frank Otto Lizureck, AfD: Grüne Mafia!)
Insbesondere die durch dieses familiär geführte Wirtschaftsministerium zu verantwortende Energiepolitik ist schon lange ein Sanierungsfall, meine Damen und Herren. Dies wird zunehmend zum Risiko auch für unser Bundesland. Wir haben bei der Energie nicht nur ein Versorgungsproblem; wir haben vor allem ein Preisproblem und zunehmend auch ein Akzeptanzproblem zu den Entscheidungen, die aus Berlin zu uns dringen.
(Hannes Loth, AfD: Von der CDU beschlossen!)
In diesen Tagen brechen alle linksgrünen Ideologien und Träumereien wie ein Kartenhaus zusammen. Die grüne Energiepolitik hat ihren ersten großen Stresstest nicht bestanden, meine Damen und Herren, und wird auch für unser Bundesland unkalkulierbar.
Die Mär von sinkenden Strompreisen durch mehr Zufallsenergien aus Sonne und Wind war schon vor dem Ukrainekrieg klar widerlegt.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Sie sind doch nicht besser!)
Auch wenn die Preise aktuell etwas sinken, werden sie bei Weitem nicht das Niveau erreichen, das sie einmal hatten, und perspektivisch ist das leider auch nicht in Sicht.
Meine Damen und Herren! Wir erleben eine Energiepolitik, die ohne Not in eine der stabilsten und sichersten Grundlastversorgungen weltweit eingegriffen hat. Kaum ein Tag vergeht, an dem wir aufgrund hoher Energiepreise nicht von Firmeninsolvenzen oder Betriebsaufgaben hören. Unsere Nachbarländer, insbesondere in Europa, haben schon längst gehandelt und vertrauen bewährten grundlastfähigen Energieträgern, insbesondere der grünen Atomkraft.
(Hendrik Lange, DIE LINKE, lacht - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Das grün geführte Energieministerium schaltet unsere Atomkraftwerke ab.
(Zurufe von den GRÜNEN: Das ist euer Beschluss! - Zuruf von Hannes Loth, AfD)
Das sind übrigens die sichersten der Welt. Stattdessen setzt der grüne Bundeswirtschaftsminister auf mehr Kohle und Gas. Wie die damit verbundenen Mehremissionen umweltfreundlich sein können, bleibt mir ein Rätsel. Dies ist nicht umweltfreundlich, dies ist umweltfeindlich, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU)
Im Ergebnis dieser Politik haben wir die höchsten Energiepreise der Welt. Das ist für uns ein hohes Risiko. Das wurde uns auch bestätigt auf unserer Reise in die USA zu Intel in der letzten Woche. Dort war das Thema der Energiepreise dominierend im Hinblick auf die Ansiedlung.
(Olaf Meister, GRÜNE: Und dass die alle Ökostrom beziehen! Die beziehen zu 100 % Ökostrom!)
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat mit der Stolberger Erklärung schon im letzten Jahr ein umfangreiches Handlungspaket vorgelegt. Dieses Paket umfasst Maßnahmen zur Preisstabilisierung von Gas, Strom und Öl. Es gilt für uns das wirtschaftliche Grundprinzip: Pragmatismus vor Ideologie. Es hilft uns eben kein grüner Wirtschaftsminister, der alte Atomkraftwerke in der Ukraine für vollkommen in Ordnung und legitim hält, und die gleiche Technologie bei uns zu einer Hochrisikotechnologie erklärt, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Christian Hecht, AfD)
Niemand hier versteht, was er damit sagen will. Meine Damen und Herren! Es hilft uns auch kein grüner Wirtschaftsminister, der Fracking-Gas aus Amerika, aus Katar und aus der ganzen Welt zu uns schippern lässt, aber umweltschonende Erdgasgewinnung in Deutschland nicht einmal prüfen lässt. Wir könnten der Welt zeigen, wie man das umweltschonend machen kann.
(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von der AfD)
Es hilft uns vor allen Dingen kein grüner Wirtschaftsminister, der Wärmepumpen für Gebäude fordert, die dafür gar nicht vorgesehen sind, und das zu einem Preis, den die Leute gar nicht bezahlen können. All das hilft uns nicht weiter.
Leider - das muss ich feststellen - interessieren diese Probleme den grünen Bundeswirtschaftsminister in keiner Weise. Denn hätte er Interesse an unserem Land, wäre er sicherlich der mehrfachen Einladung in den Wirtschaftsausschuss des Landtages gefolgt.
Meine Damen und Herren! Im Ergebnis dieser Aufzählung von Fakten muss ich sagen:
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Fakten? Er nennt das Fakten!)
Der Feind der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt ist grün.
(Beifall bei der CDU)
Berlin muss endlich die Ursache für die hohen Energiepreise angehen und nicht an den Symptomen mit neuen, kostspieligen und wirkungslosen Hilfsprogrammen herumdoktern. Sie haben die Verantwortung. Werden Sie dieser Verantwortung gerecht!
Meine Damen und Herren! Ich habe die Hoffnung - das hört man auch aus der Landesregierung , dass die SPD und auch die FDP dem grünem Irrsinn im Interesse unseres Landes Einhalt gebieten, damit wir unsere Chancen richtig nutzen können und unseren Aufschwung in unserem Land nicht gefährden. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Herr Thomas. - Zwei Interventionen wurden angezeigt. - Bitte, Herr Scharfenort.
Jan Scharfenort (AfD):
Herr Thomas, Ihrer Rede kann man inhaltlich sicherlich weitestgehend zustimmen. Es ist interessant, wie die CDU agiert, wenn sie in Regierungsverantwortung ist oder wenn sie entscheiden muss. Das erleben wir in den Stadträten, in den Kreistagen und jetzt auch wieder in Brüssel. Kürzlich hat Ihre Fraktion der Erweiterung des Fit-for-55-Programms begeistert zugestimmt. Das wird letztlich für einen weiteren Preisauftrieb bei vielen Produkten sorgen. Denn es muss umgelegt werden und wir haben den nächsten Inflationsschub.
Das zeigt einmal wieder: Wenn die CDU in Verantwortung steht, dann stimmt sie letztendlich auch grün ab.
(Beifall bei der AfD - Wulf Gallert, DIE LINKE: Das ist gut so!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Wir sammeln die Fragen. - Herr Tillschneider, bitte.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Zustimmen kann man bei Ihrer Rede nur dem zweiten Teil. Dem ersten Teil kann man nicht zustimmen; denn Ihr Eigenlob, Ihr Lobpreis auf die Situation in diesem Land hat vor Kitsch getrieft. Ich habe vor meinem inneren Auge ein Bild gesehen wie im sozialistischen Staatswappen, wo die Sonne aufgeht über fruchtbaren Feldern
(Lachen bei den GRÜNEN)
und ein fröhlicher Traktorist über die Felder fährt.
(Lachen bei den GRÜNEN)
Genau von einer solchen Realitätsverleugnung war auch Ihre Rede geprägt. Sie haben sich darüber gefreut, dass der Sozialismus als Wirtschaftssystem hier im Jahr 1991 zusammengebrochen ist. Als Propaganda lebt er weiter, wie Sie es sehen; denn Sie haben gesagt Das muss man nachher noch einmal nachlesen.
Sie haben festgestellt, dass es gar keine Fachkräfte gibt und dass Sie einen Fachkräftemangel haben. Sie haben daraus geschlussfolgert, dass unser Land super dasteht. Da frage ich mich: Wie bringt man es logisch fertig, so etwas zu sagen? Wenn wir keine Fachkräfte haben, dann bringen wir es entweder nicht fertig, Fachkräfte auszubilden, oder die Ausgebildeten gehen weg. Wie man daraus ableiten kann, dass wir gut dastehen, das schafft nur Ihre postsozialistische Propaganda.
(Beifall bei der AfD - Zuruf)
Ulrich Thomas (CDU):
Ich habe jetzt leider aufgrund Ihrer Redegeschwindigkeit nicht alles verstanden. Ich habe nur etwas von Fachkräftemangel wahrgenommen. Ich kann Ihnen sagen, dass alle führenden Industrienationen der Welt einen Fachkräftemangel beklagen. Auch die Volkswirtschaften, zu denen wir vielleicht hier und da hinaufschauen - es gibt ja nicht so viele -,
(Unruhe)
haben einen Fachkräftemangel. Natürlich ist es, wenn wir Fachkräfte brauchen, ein Indiz dafür, dass unsere Wirtschaft gut läuft. Was meinen Sie, was in den 1990er-Jahren los war, als wir uns über Arbeitslosenraten wir uns unterhalten haben, die über 20 % lagen. Darauf können wir doch stolz sein. Das hat auch nichts mit Propaganda zu tun. Das ist die Realität, an der Sie ja nicht mitgewirkt haben. Deswegen kann ich Ihren Unmut verstehen.
(Zustimmung bei der CDU)
Das haben aber nun einmal wir und dazu stehen wir auch.
Dann will ich Ihnen noch eines sagen, Kollege Scharfenort: Ja, die CDU war an der Energiepolitik des letzten Jahrzehntes beteiligt.
(Zuruf von der AfD)
- Ja, manchmal sogar federführend. Aber die CDU hat die Kraft, um ihre Politik auch an neuere Realitäten anzupassen. Es war die CDU,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Deshalb müssen Sie möglichst schnell hin! - Zuruf von der AfD: Man hat doch gesehen, was dort steht! - Zuruf von der AfD: Der neue Energiepreisweltmeister der Welt, Mann! - Weitere Zurufe von der AfD)
die zuerst gefordert hat, dass die Atomkraftwerke vor dem Hintergrund des Ukraine-Konfliktes weiterlaufen müssen.
(Unruhe)
- Natürlich habe wir das gefordert.
(Lachen bei der AfD)
Das können Sie doch alles nachlesen.
Insofern wünsche ich Ihnen
(Lachen bei der AfD)
perspektivisch auch die Möglichkeit, sich zu Ihrem Vorteil zu verändern. Für meine Partei kann ich das in Anspruch nehmen. Wir sind immer in der Lage, uns an die Realitäten anzupassen.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Na, na!)
Das habe ich heute mit meiner Rede untermauert. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Daniel Roi, AfD: Da könnt ihr alle mal lachen!)