Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Ich vertrete heute meinen Kollegen Michael Richter, dem ich von hier aus gute Besserung wünschen möchte.
Bevor ich anfange, sei mir folgende Bemerkung erlaubt, Herr Siegmund: Das eine oder andere Land, das Sie zu Beginn erwähnt haben, habe ich bereits besuchen dürfen. Dort ist die Infrastruktur auf den Straßen weit schlechter als die in Deutschland.
(Zustimmung - Zuruf)
Sie haben richtig gesagt, dass alles mit allem zusammenhängt: Die Infrastruktur in Deutschland wird von den Steuern bezahlt.
Die derzeit rasant steigenden Kraftstoffpreise belasten die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt sehr, allerdings nicht nur hier, sondern überall dort, wo private Verbraucher auf Mobilität angewiesen sind, und überall dort, wo die Unternehmen die gestiegenen Kosten umgehend über erhöhte Preise weitergeben. All das führt zu Kostensteigerungen.
Aus diesem Grund das ist bekannt hat unser Ministerpräsident Rainer Haseloff den Bund bereits dazu aufgefordert, Bürger und Unternehmen angesichts steigender Kraftstoffpreise zu entlasten. Dem Bund ist diese Problematik selbstverständlich bekannt. Die Ampelkoalition hat sich aber noch nicht auf konkrete Vorschläge verständigen können.
Der Antrag suggeriert, der Staat bereichere sich an den gestiegenen Kraftstoffkosten. Ich möchte deshalb den Blick auf die Zusammensetzung der Kraftstoffpreise lenken. Basis jedes Kraftstoffpreises sind die durch den Rohölpreis und die Raffineriekosten bestimmten Produktionskosten. Diese erhöhen sich um die sogenannte Tankstellenmarge, d. h., um die Kosten, aber auch um den Gewinnaufschlag der Ölkonzerne für den Betrieb des Tankstellennetzes. Die Sorge vor einer Verknappung von Rohöl hat sich durch den Krieg in der Ukraine massiv auf den Rohölpreis ausgewirkt.
Erst nach diesen Kostenbestandteilen kommen die staatlichen Abgaben ins Spiel, wie die erwähnte Mineralölsteuer, die preisunabhängig erhoben wird. Sie beträgt auf Benzin derzeit 65,45 Cent je Liter und auf Diesel 47,04 Cent je Liter. Die Mineralölsteuer auf Kraftstoff ist seit ihrer Einführung nicht gesenkt worden. Allerdings sind wegen der preisunabhängigen Bemessung dieser Steuer die Einnahmen des Staates lediglich abhängig von der an den Verbrauchern abgegebenen Kraftstoffmenge. Der Staat bereichert sich also nicht an den gestiegenen Einnahmen; vielmehr sinken die Einnahmen, wenn weniger Kraftstoff verbraucht wird.
Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer spielen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des Haushaltes. Sie stehen allein dem Bund zu. Die Forderung nach der Senkung der Mineralölsteuer geht also allein Richtung Bund. Sowohl ich als auch der für den Haushalt zuständige Minister Michael Richter haben Verständnis für den Kollegen im Bundesfinanzministerium. Er wird prüfen müssen, inwieweit er auf diese Einnahmen verzichten kann.
Zusätzlich zur Mineralölsteuer wirkt sich die im Jahr 2021 eingeführte Kohlenstoffdioxid-Bepreisung auf den Kraftstoffpreis aus. Diese beträgt derzeit 8,4 Cent je Liter Benzin und 9,5 Cent je Liter Diesel. Mit der CO2-Bepreisung sollen klimaschädliche Emissionen verteuert werden, um die Entwicklung emissionsfreier bzw. emissionsarmer Technologien zu unterstützen.
Eine eher untergeordnete Wirkung auf den Kraftstoffpreis hat die Erdölbevorratungsabgabe für die strategische Ölreserve in Deutschland. Diese beträgt etwas weniger als 1 Cent je Liter.
Auf den sich unter Berücksichtigung der bisher genannten Preisbestandteile ergebenden Betrag wird dann die Umsatzsteuer mit einem Steuersatz von 19 % erhoben. Sie beträgt bei einem Verkaufspreis von 2,30 € je Liter, den wir in den letzten Wochen leider erleben mussten, ca. 37 Cent.
Zwar könnte der Staat über die Senkung der Mehrwertsteuer Einfluss auf die Kraftstoffpreise nehmen; jedoch kann er nicht sicherstellen, dass diese Entlastung auch über einen niedrigeren Kraftstoffpreis bei den Verbrauchern ankommt; letztlich fehlt dem Staat am Ende des Tages die notwendige Durchgriffsmöglichkeit.
Ich möchte es deutlich sagen: Es ist derzeit nicht möglich, den Anbieter im Falle einer Senkung der Steuern zu einer Senkung des Endverbraucherpreises zu zwingen. Nur wenn die Steuersenkung tatsächlich an den Verbraucher weitergegeben würde, könnte sich der von den Verbrauchern zu zahlende Preis definitiv verringern.
Da es sich bei Kraftstoffen um ein Wirtschaftsgut wie jedes andere handelt, wird der Preis marktwirtschaftlich bestimmt. Es könnte also durchaus sein, dass Steuern gesenkt werden, die an anderer Stelle fehlen, sich aber trotzdem die Preise weiter erhöhen werden.
Forderungen nach einer Entlastung der Verbraucher sind nicht jeweils für sich zu betrachten; vielmehr muss die Wirkung aller denkbaren Maßnahmen im Gesamtkonzept betrachtet werden. Es wird jedenfalls schwierig, die Interessen aller Bereiche, nämlich Klimaschutz, Wirtschaft, öffentliche Haushalte und Sozialinteressen, in einem Kompromiss zusammenzubringen.
Dass die gestiegenen Kraftstoffpreise insbesondere Verbraucher im ländlichen Raum belasten, ist der Landesregierung und wohl auch der Bundesregierung bewusst. In ihrem Entlastungspaket Ende Februar wurden bereits Maßnahmen vereinbart, die die Verbraucher entlasten sollen. Hierzu gehört unter anderem die Erhöhung der Pendlerpauschale.
Die Landesregierung hat es dennoch für nötig gehalten, den Bund zu einem weiteren Einnahmenverzicht aufzufordern, um Bürger und Unternehmen entsprechend zu entlasten. Ich halte dieses Vorgehen für richtig. Ich halte die Anmerkungen, die unser Ministerpräsident gegenüber Berlin vorgebracht hat, für richtig.
Ich sage aber auch, dass das, was in der gewünschten Beschlussfassung vorliegt, aus unserer Sicht nicht weiterhelfen würde und abzulehnen ist. - Vielen Dank.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Wir sehen eine Wortmeldung von Herrn Roi. - Bitte.
Daniel Roi (AfD):
Vielen Dank. - Ich habe Ihrer Rede aufmerksam zugehört. In der Rede haben Sie gesagt: Der Staat kassiert nicht ab; es ist nicht umsetzbar, die Steuern zu senken.
Jetzt muss ich Sie fragen: Sowohl Herr Söder als Ministerpräsident als auch Herr Merz haben die Senkung der Steuern explizit gefordert. Im Übrigen das ist ganz entscheidend hat Herr Merz diese Senkung bereits am 6. Februar gefordert. Zu dem Zeitpunkt gab es die Eskalation in der Ukraine noch nicht. Das ist ganz wichtig; denn jetzt wird immer der Krieg dafür verantwortlich gemacht. Es gab diese Entwicklung schon vorher. Die Polen haben weit vor dem Krieg gehandelt und die Steuern gesenkt. Die Niederländer machen das jetzt auch. Jetzt stellen Sie sich hier hin und sagen: Das ist nicht möglich.
Dazu müssen Sie jetzt noch einmal ausführen. Es ist also nicht möglich, was Ihr Parteivorsitzender und Herr Söder vorschlagen? Ist das also alles nur eine Show oder wie sollen wir das verstehen? Es muss jetzt von politischer Seite etwas kommen bzw. etwas gemacht werden. Oder wie lange wollen wir noch zugucken?
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie haben das Wort.
Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):
Vielen Dank für die Frage. Ich antworte jetzt auch in meiner Funktion als Wirtschaftsminister, weil ich mich dazu entsprechend geäußert habe. Ich bitte Sie, alle weiteren Fragen schriftlich direkt an den Finanzminister zu stellen, den ich heute vertrete.
Auch der Parteivorsitzende der CDU ist wie auch wir auf dieses Thema eingegangen. Ich sage aber: Es geht um das Thema Energienebenkosten. Es ist relativ einfach, zu fordern, die Mehrwertsteuer zu senken, allerdings das habe ich gerade gesagt ist damit nicht automatisch die Garantie verbunden, dass der Preis sinkt. Vielmehr gibt es fixe und variable Bestandteile. Das Ziel muss es am Ende des Tages sein, die Energienebenkosten in Gänze anzuschauen, um eine Bewertung vorzunehmen. Ich habe aber auch erläutert das sei noch gesagt , dass es ein sehr komplexes System ist und dass man nicht mit pauschalen Forderungen automatisch eine Entlastung der Bürger und der Unternehmen erreicht.