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Plenarsitzung

Transkript

Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer wollte beim Abbau der Bürokratie abseitsstehen? Insofern ist der Vorstoß zu begrüßen. Ob der vorgelegte Gesetzentwurf wirklich hilfreich ist, muss aber mit einigen Fragezeichen versehen werden. 

Da ist zum einen der grundsätzliche Ansatz, Bürokratie mit Bürokratie zu bekämpfen, der einen etwas nachdenklich stimmt. Dabei geht es mir weniger um die Anwendung des großen Bestecks, also gleich ein Gesetz mit allem Drum und Dran zu verabschieden, sondern um das sich daraus ergebende Verfahren. Wenn der Rat dann bestimmt ist, seine Geschäftsordnung hat und die Entschädigung der ehrenamtlichen Mitglieder und der Vorsitz geregelt sind, wird er neben einem Dutzend anderer Gremien in die Erarbeitung von Gesetzen einbezogen. Die jetzt bereits komplexen Prozesse erhalten eine weitere Schleife. 

Haben die sechs ehrenamtlichen Mitglieder die zeitlichen Kapazitäten und die inhaltlichen Kenntnisse, die Fachgesetze zeitnah zu beurteilen, egal ob Vergabegesetz, Landesbauordnung oder KiFöG? Halten sich die anderen hauptamtlichen Gremien an die ausgesprochenen Empfehlungen? Hätte also z. B. die Koalition die kuriose Fünfwochenfrist im Vergabegesetz vermieden, wenn der Rat das empfohlen hätte, obwohl das ein bequemer, wenn auch fauler Kompromiss war? Können die Mitglieder des Rats unnötige Bürokratie in fachspezifischen Regelungen erkennen oder benötigen sie dann ihrerseits Beratung? Wie lange dauern ihre Verfahren? 

So schön es ist, jemanden zu haben, der auf Bürokratie achtet - es kommen erhebliche Zweifel an der Effektivität des Ansatzes. 

Auch die bisherigen Gremien, inklusive der Anhörung der von Bürokratie Betroffenen, hatten die Frage der bürokratischen Auswirkungen auf dem Aufgabenzettel. Bürokratie entsteht weniger aus einer isolierten Regelung, sondern vielmehr aus dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Vorschriften mit für sich jeweils gut gemeinten Regelungszielen. Insofern ist hier die Frage, ob ein Rat, wenn er sich ein einzelnes Gesetz anguckt, tatsächlich in der Lage ist, den bürokratischen Aufwand, der sich dadurch insgesamt ergibt, zu erfassen. 

Bedauerlich, aber in den Ausschussberatungen vielleicht noch korrigierbar, ist insofern die alleinige Fokussierung auf aktuelle Gesetzesvorhaben. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich hätte erwartet, dass man nach und nach alle bestehenden Regelungen - Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Erlasse, Ausführungsbestimmungen etc.  , aber auch ganz schlicht Formulare bis hin zur verständlichen Formulierung von behördlichen Informationen durchgeht und prüft, wo etwas entfallen oder vereinfacht werden kann. Das würde jedoch einen anderen Fokus des Gesetzes erfordern. 

Natürlich wären die Prüfungen eine langwierige Knochenarbeit. Es brauchte unabhängig, aber, wie ich meine, hauptamtlich arbeitende Kräfte, ergänzt von - auch externen - Fachleuten des jeweiligen Fachgebiets. Im Ergebnis hätte man ein zwar mühevolles Verfahren, das aber nach und nach tatsächlich punktuelle Entlastungen bringt. 

Auch würden wir den Normenkontrollrat gegenüber der Landesregierung und ihrer Verwaltung gern unbequemer anlegen, um die Prüfung des Bürokratieabbaus auch in strittigen Bereichen erst einmal zu ermöglichen. Im Gesetzentwurf ist ein solches Selbstbefassungsrecht nicht vorgesehen, die Befassung mit bestehenden Regelungen nur ausnahmsweise. Die Landesregierung hat dabei immer das letzte Wort - schon bei der schlichten Frage, was geprüft wird. Dass dann das Ergebnis Sache der Landesregierung bzw. des Parlaments ist, ist klar. Aber dass auch die Prüfung schon in ihr Ermessen gestellt wird, das finde ich nicht gut. 

Dass der vorliegende Entwurf zu spürbaren Entlastungen führen wird, erscheint mir letztlich fraglich, auch weil ich sehe, dass es solche Regelungen in anderen Bereichen schon gibt, mir aber bisher nicht zugetragen wurde, dass es in anderen Bundesländern eine große Entlastungswirkung gibt. 

(Zurufe)

Natürlich gehören zum Bürokratieabbau neben guter Gesetzgebung vor allem auch die eigentlichen Verwaltungsverfahren inklusive digitaler Verwaltung. Auch diese Verfahren sind dem Rat entzogen. 

Wir werden der Überweisung des Gesetzentwurfs zustimmen, sehen der Ausschussarbeit am Gesetzentwurf wirklich gespannt entgegen und werden uns auch konstruktiv beteiligen. 

Ein landeseigener Normenkontrollrat, wie hier vorgeschlagen, orientiert sich offenbar zu weiten Teilen an dem unter Schwarz-Rot-Grün novellierten Gesetz aus Sachsen. Es ist sicherlich interessant, die Erfahrungen aus Sachsen, aber auch aus anderen Ländern, die bereits ähnliche Versuche unternommen haben, auszuwerten, vielleicht auch ein mögliches Scheitern oder ein Nicht-so-wirksam-Werden dieser Regelung zu bewerten und zu gucken, was wir dabei vielleicht anders und besser machen können. - Vielen Dank.