Sebastian Striegel (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal: Ich bin froh, dass das, was die Ministerin heute hier gesagt hat, deutlich weiter ist als das, was wir aus der CDU-Fraktion gehört haben. Ich glaube, wir können mit diesem Problem nicht in einer Art und Weise umgehen, dass dies immer nur als Einzelfälle dargestellt und gesagt wird: Wir haben da eigentlich kein Problem, die Ermittlungen werden schon alles aufklären. - Wir müssen auf die strukturellen, dahinter liegenden Ursachen schauen.
(Beifall bei den Grünen - Zustimmung von Henriette Quade, DIE LINKE)
Der Einzige, der das Wort „Generalverdacht“ in den Mund genommen hat, war, wenn ich mich richtig entsinne, der Kollege Schulenburg. Niemand- niemand! - hat von Generalverdacht gesprochen, und es gibt auch keinen Generalverdacht.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Natürlich! - Guido Kosmehl, FDP: Haben Sie darüber die Kontrolle, oder was?)
Ganz einfach: Wenn ich mit Beamtinnen und Beamten dieser Landespolizei spreche - ich tue das nahezu täglich -, dann stelle ich fest, das Entsetzen über diesen Chat ist groß.
(Zurufe von der CDU und von der SPD)
Sie wollen das nicht, und sie wünschen sich, dass anders damit umgegangen wird. Ich wünsche mir, dass das Parlament auch diesen Wunsch endlich ernst nimmt und deutlich macht: Wir nehmen diese Probleme ernst.
Und ja, es ist richtig, Frau Ministerin: Der 2017er Jahrgang war besonders auffällig. Aber ich denke, wir müssen schon darauf schauen: Was passiert da aktuell an einer Fachhochschule, der wir ja zutrauen, sehr viele Beamtinnen und Beamte zu derselben Zeit auszubilden? Wir haben, da wir die Zahl der Polizeivollzugsbeamten in Sachsen-Anhalt signifikant erhöhen wollen - wir alle streben die Zahl 7 000 an -, der Fachhochschule aufgegeben, dass sie sehr, sehr viele Anwärterinnen und Anwärter zu derselben Zeit betreuen soll. Wir müssen schauen: Wie bekommen wir das Personal dort entsprechend gestemmt, und wie schaffen wir dort eine Atmosphäre, die es verunmöglicht, dass sich eine ganze Klasse vier Jahre lang quasi einigeln kann und nichts von solchen Dingen nach außen dringt?
Herr Kollege Schulenburg, dabei geht es mir nicht nur um die Form. Ja, es ist gut, wenn jeder Mensch Medientraining bekommt. Das sollte tatsächlich allen Menschen zukommen, und ich meine, dass diese jungen Menschen, von denen da die Rede ist, an vielen Stellen vermutlich über mehr Fertigkeiten verfügen als der Durchschnitt hier im Plenarsaal. Aber es geht nicht nur um die Form, es geht um den Inhalt, es geht um die Werte, die diese Beamtinnen und Beamten in sich tragen, wie sie damit umgehen und sie verteidigen. Ich will nicht über Formen reden.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD)
Es reicht nicht, Herr Kollege Kosmehl, auf die Selbstreinigungskräfte der Polizei zu vertrauen. Wir brauchen, denke ich, schon strukturell neue Instrumente. Die Polizeibeauftragten sind ein solches Instrument. Wenn Sie auf Hessen verweisen, werden Sie wissen, dass man dort einen sehr geeigneten Kandidaten hatte, Rafael Behr, ein wirklich ausdrücklich fachlich fundiert auftretender Mann, der aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. So etwas passiert, und ich hoffe, dass die entsprechende Stelle dort noch besetzt werden kann.
Ich schaue aber insbesondere auch auf die SPD und schaue nach Brandenburg. Dort ist gestern die Besetzung erfolgt. Die Dame wird in Kürze ihr Amt antreten, und sie hat ein
(Rüdiger Erben, SPD: Da waren ja dann die GRÜNEN in Brandenburg deutlich erfolgreicher als ihr hier! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das war ein anderer Koalitionspartner!)
- Ja, Herr Erben, ganz kurzes Gras, ganz kurzes Gras.
(Rüdiger Erben, SPD: Deutlich erfolgreicher! - Minister Sven Schulze lacht)
Herr Erben, wer hat die Verhandlungen für die Grünen, für Kenia in Brandenburg im innenpolitischen Bereich geführt? Wer hat das getan? Ich saß dort. Ich glaube, mit dem Thema Polizeibeauftragte in Brandenburg sind Sie im ganz kurzen Gras.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Die entsprechenden Dinge sind dort von mir mit umgesetzt worden, und ich bin froh und dankbar, dass wir das hinbekommen haben. - Herr Erben hat das Thema aufgeworfen.
Jedenfalls glaube ich, dass man, wenn man auf das Modell Brandenburg schaut, wirklich weiterkommen kann, weil dort auch die Konflikte mit der Strafprozessordnung, die ja ohne Frage bestehen, vernünftig austariert sind und sichergestellt ist, dass am Ende die Person, die das Amt innehat, nicht im luftleeren Raum schwebt, nicht von der Gnade eines Ministerpräsidenten abhängig ist, sondern beim Landtag angesiedelt ist, unabhängig wie der Datenschutzbeauftragte aufgestellt ist und in der Lage ist, in jede Behörde zu gehen und zu sagen: Bums, hier bin ich, ich schaue hier nach, ich nehme Akteneinsicht, ich spreche mit Leuten. - Genau das brauchen wir für Sachsen-Anhalt, und genau das verweigern CDU und FDP jedenfalls derzeit noch. Ich hoffe, dass die SPD an dieser Stelle in der Koalition Erfolg hat.
Zum Antrag der AfD - sozusagen zur Selbstkastrierung des Parlaments - will ich nichts mehr sagen.
(Lachen bei der AfD)
Es ist schlicht unwürdig, was Sie da sagen, dass man an dieser Stelle nicht mehr das Parlament als Kontrollinstanz haben solle, sondern dies nur noch bei der Landesregierung passieren solle. Das darf nicht passieren. Wir brauchen Gewaltenteilung,
(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)
und wir brauchen die Kontrolle des exekutiven Handelns. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)