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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 27

Beratung

Missbilligung der Reise zweier AfD-Abgeordneter nach Russland

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/1709

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/1747


(Unruhe bei der AfD)

Einbringen wird den Antrag Herr Striegel. Es wurde eine Dreiminutendebatte verabredet. - Herr Striegel, bitte.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abg. Tillschneider wurde am vergangenen Wochenende in Berlin auf einer Demonstration seiner Partei gesehen, inbrünstig eine Fahne Russlands schwenkend. Angesichts des AfD-Slogans „Unser Volk zuerst“ fragt man sich bei ihm nicht zum ersten Mal, wen er eigentlich vertritt.

(Ulrich Siegmund, AfD: Unser Land zuerst!)

- Unser Land zuerst. Das kommt auf dasselbe hinaus.

(Oliver Kirchner, AfD: Kommt nicht auf dasselbe hinaus, Herr Striegel!)

Sind es denn die Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die der sachsen-anhaltischen Bevölkerung oder doch die des russischen Diktators und Kriegsverbrechers Wladimir Putin, der seit mehreren Jahren einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und der die Ukraine von der Landkarte tilgen und das ukrainische Volk auslöschen will?

(Lothar Waehler, AfD: Mehrere Jahre?)

- Ja, dieser Krieg läuft seit 2014, auch wenn Sie das noch nicht mitbekommen haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Bloß von der anderen Seite, Herr Striegel!)

Aus Tillschneiders Äußerungen wird immer wieder klar: Er vertritt die Interessen Putins, er rechtfertigt die Angriffe gegen die Ukraine und er arbeitet gegen die deutschen und europäischen Interessen an. Tillschneider ist ein Agent des Kremls.

(Lachen bei der AfD)

Sein Verhalten ist politisch gesehen Landesverrat.

Wir haben fast alle in den vergangenen Tagen die Geschehnisse rund um die Propagandareise der Abg. Tillschneider und Wald, Mitglieder der AfD-Fraktion, nach Russland verfolgt.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Einen Augenblick, bitte. - Meine Damen und Herren! Bitte etwas mehr Ruhe, sonst kann man den Einbringer nicht verstehen.

(Unruhe und Zurufe bei der AfD)

- Bitte etwas mehr Ruhe.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Es ist leider nicht lustig, meine Herren von der AfD-Fraktion,

(Zurufe von der AfD: Doch! - Unruhe)

sondern es ist bitterer Ernst. Wir haben fast alle in den vergangenen Tagen die Geschehnisse rund um die Propagandareise Ihrer Abgeordneten nach Russland verfolgt. Dennoch möchte ich diese, soweit bisher bekannt, rekapitulieren, um uns auf einen gemeinsamen Kenntnisstand zu bringen.

Am 19. September 2022 brachen die zwei Landtagsabgeordneten mit ihrem Parteikollegen Christian Blex, Abgeordneter im Landtag Nordrhein-Westfalen, zu einer Reise nach Russland und in die völkerrechtswidrig von Russland besetzten Gebiete der Ukraine auf. Das war offensichtlich lange geplant, politisch mit Protagonisten des Flügels abgestimmt und in der Planung nur vorstellbar mit umfassender Einbindung russischer Stellen und unter Einbeziehung russischer Dienste. Sie kommen in diese Gebiete unter den aktuellen Gegebenheiten des Krieges nicht als Tourist, sondern nur nach intensiver Abstimmung mit den russischen Diensten.

Als es infolge der medialen Reaktionen am 20. September zu einem Telefonat mit der Bundesparteispitze der AfD, konkret dem Bundesparteivorsitzenden Chrupalla, kam, wurde diese Fraktionsreise kurzerhand zu einer privaten Reise umdeklariert. Zudem behaupteten die Reiseteilnehmer, sie würden die Reise in die von Russland besetzten Gebiete der Ukraine offiziell abbrechen. Eine Rückkehr erfolgte dennoch frühestens am 28. September. Die Reise blieb zumindest für einen der Abgeordneten nicht ohne tatsächliche Folgen. Herr Blex wurde von seiner Fraktion ausgeschlossen. Alle drei Abgeordneten wurden zudem, wenn auch vollständig folgenlos, von ihrem Bundesparteivorstand abgemahnt.

Die Reaktion der Landtagsfraktion der AfD indes macht deutlich, dass es sich nicht um eine Privatreise der Abgeordneten gehandelt hat. Das Vorhaben sei im Vorfeld abgestimmt worden und die Abgeordneten seien dort im Auftrag der Fraktion unterwegs gewesen. Die Finanzierung der Reise, also Fahrt- und Übernachtungskosten, habe die Fraktion verauslagt. Konsequenzen für die Abgeordneten sollen nicht gezogen werden.

Als GRÜNE verurteilen wir diese Reise. Wir missbilligen Ihr Verhalten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich bin froh, dass sich dieser Einschätzung inzwischen auch die Koalitionsfraktionen mit einem eigenen Antrag angeschlossen haben und wir damit eine klare Haltung aller demokratischen Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt deutlich machen können.

Hinsichtlich der geplanten Reise in die von Russland besetzten Gebiete in der Ostukraine wissen wir bis heute nicht genau, was die Abgeordneten denn dort genau getan haben und wo sich die Abgeordneten nach dem offiziellen Abbruch der Reise wirklich aufgehalten haben. Ihre Fraktion will auch keine Fragen mehr beantworten.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Wir müssen diese Reise als Billigung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges verstehen. Das Gemeinmachen mit Russland, das auch in den letzten Tagen durch ungeheuerliche Bombardierungen von zivilen Orten in der Ukraine Terror gegen die Zivilbevölkerung ausübt und Kriegsverbrechen begeht, besorgt und beschämt uns als Mitglieder des Verfassungsorgans Landtag.

Es war kein Zufall, dass die AfD-Propagandareise zum Zeitpunkt der russischen Scheinreferenden zur Annexion der besetzten Gebiete geplant war. Mitglieder der rechtsextremen AfD sind immer wieder durch die Beobachtung von Scheinreferenden und unfreien Wahlen aufgefallen, so auch auf der Krim, in Bergkarabach oder bei Wahlen in Russland.

Selbst wenn die Abgeordneten nicht in die besetzen Gebiete gereist sein sollten, so zeigt ihre Reise, dass sie sich bereitwillig für Propagandazwecke Russlands einsetzen lassen. Sie sind im besten Fall Putins nützliche Idioten und im wahrscheinlicheren Fall seine willigen Helfer. Wir missbilligen Ihre Handlungen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dass wir mit Herrn Tillschneider einen Abgeordneten hier im Hause haben, der russische Erzählungen zum Kriegsgeschehen und zu den Kriegsgründen direkt aus der Feder des Kremls übernimmt und sich ganz offen der Gedanken des NS-Staatsrechtlers Carl Schmitt bedient, ist eine Schande. Dass Sie die Reise aus Fraktionsgeldern finanzieren, wollen wir nicht hinnehmen. Wir geben uns keinen Illusionen hin: Die Rechtsextremen und Putins Sockenpuppen hier im Hohen Haus

(Christian Hecht, AfD: Was? Sockenpuppen?)

werden nichts tun, den durch ihr Handeln bereits entstandenen Schaden für das Ansehen des Landtags von Sachsen-Anhalt zu begrenzen. Wir gehen nicht davon aus, dass die AfD den Landesrechnungshof bitten wird, die Kostenübernahme für die Reise zu überprüfen. Sie trachten ja gerade danach, Verfassungsorgane zu destabilisieren. Entsprechend geht an dieser Stelle auch der Antrag der Koalition ins Leere.

Wir werden deshalb prüfen, ob die Regeln zur Übernahme von Reisekosten angepasst werden müssen. Es kann nicht sein, dass wir mit Steuermitteln den Landesverrat durch Rechtsextreme finanzieren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Unsere Solidarität gilt der Ukraine. Die Abwehr des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs durch die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigt die deutsche und die europäische Freiheit. Wir werden nicht zulassen, dass Antidemokraten diesen Freiheitskampf untergraben.

Tillschneider und seine Kameraden von der AfD wollen Deutschland und Europa dem russischen Imperialismus ausliefern. Sie wollen die Ukraine, die Ukrainerinnen und Ukrainer dem blutigen Diktator im Kreml opfern. Das werden wir nicht zulassen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)