Sebastian Striegel (GRÜNE):
Vielen herzlichen Dank. - Nach Silvester ist bekanntlich vor Silvester. Das neue Jahr wird in Deutschland nicht nur mit viel Rauch, Lärm, jeder Menge Alkohol, Tanz und Wachsgießen begrüßt, sondern in jedem Jahr auch damit, dass wir eine Debatte darüber führen, ob die immensen Folgewirkungen privater, oft unsachgemäß gebrauchter Pyrotechnik, ja auch illegaler Feuerwerksartikel und Sprengladung in einem angemessenen Verhältnis zur Tradition stehen, mit Knall- und Lichteffekten böse Geister zu vertreiben.
Mindestens fünf Tote in diesem Jahr, Hunderte Schwerverletzte, darunter diverse amputierte Menschen, die ihr Augenlicht oder ihr Gehör verloren haben. Das ist ein immenser Preis, den wir als Gesellschaft miteinander, zuerst aber die Betroffenen und ihre Angehörigen zahlen.
Zu Silvester 2024/2025 gab es bundesweit 858 Augenverletzungen durch Feuerwerk. Fast zwei Drittel dieser Verletzungen betrafen unbeteiligte Dritte, also nicht diejenigen, die das Feuerwerk abgeschossen haben. Rund 40 % der Betroffenen sind Kinder, von denen wiederum die Mehrheit Kleinkinder sind. Dazu massive Sachbeschädigungen an privater wie öffentlicher Infrastruktur, landesweit Hunderte Brände, riesige Feinstaubbelastungen und immenser, oft tödlicher Stress für Wild- und Haustiere.
(Oh! bei der AfD - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das war klar!)
Ein Wahnsinn, der aus gutem Grund an 363 Tagen im Jahr verboten ist. In Magdeburg ist immer gut zu sehen, wie sich die Einsatzwagen der Rettungsdienste zu Mitternacht am 31. Dezember auf einer der Brücken versammeln, ihr Blaulicht anmachen und kurze Zeit später nach und nach zu unterschiedlichen Einsätzen aufbrechen. Um 0.30 Uhr steht dort kein einziger Wagen mehr, denn nicht für alle bringt dieses Fest Freude und Glück.
Fährt man auf den Straßen durch Stadt und Land, gewinnt man doch den Eindruck, dass nicht nur in Magdeburg-Buckau einige davon ausgehen, Silvester sei ein Kai-Uwe-Gedächtnistag. Politische Knallkörper versuchen diesen Eindruck noch zu verstärken.
(Zuruf von der AfD: Oh, Knallkörper!)
Sie sehen, nicht alles an diesem Tag ist friedlich und feierlich. Die Seite der Freude geht auch zulasten anderer Menschen und Tiere, die wir schätzen und wir lieben. Wenn wir über ein Feuerwerksverbot sprechen, so tun wir das nicht für den Zeitraum von 365 Tagen, denn an 363 ist es bereits verboten. Wir fragen uns also: Wieso sollen wir Feuerwerk für zwei Tage im Jahr komplett freigeben?
Schauen wir in unsere Nachbarländer: Es gibt selten eine so ausgeprägte individuelle Pyrotechnikkultur. Dort wird gefeiert und sich gefreut, ohne rücksichtslos gegenüber den Mitmenschen zu sein. Bekommen wir es also das ist meine Frage als Gesellschaft hin, eine Regelung zu entwickeln, bei der wir die Mehrheit der Bevölkerung mitnehmen?
Rund 60 % der Bevölkerung wollen ein solches Verbot. Mehr als zwei Millionen haben eine der erfolgreichsten Petitionen der GdP zuletzt unterschrieben. Ein bundesweites Verbot für privates Feuerwerk an 365 Tagen, wie es derzeit von Millionen Bürgerinnen und Bürgern gefordert wird, ist dafür die richtige Maßnahme.
Man kann das ich denke, auch um diejenigen mitzunehmen, die ein ganz tiefes Bedürfnis haben, etwas abbrennen zu müssen , durchaus ergänzen durch die Möglichkeit, dass Kommunen an bestimmten Orten Feuerwerk freigeben können. Das ist überhaupt keine Frage. Aber dann wäre die generelle Regel das Verbot und die Ausnahme ist, dass es einen freigegebenen Ort dafür gibt.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Eine solche Regelung darf auch gern Hand in Hand mit öffentlichen Feuerwerken oder gar wunderschönen Drohnenshows gehen, die deutlich weniger an Störwirkung, auch für Tiere und Umwelt, entfalten.
Der Antrag der Koalition führt leider ins Nichts. Sie haben hier die Mehrheit und könnten die Landesregierung auffordern, auf Bundesebene tätig zu werden und die entsprechende Verordnung zu ändern. Ansonsten haben wir hier das Problem, dass wir uns über einen Gegenstand unterhalten, der eben nicht in die Zuständigkeit des Landtages fällt und hier kein Handlungsauftrag erfolgt.
Wenn Sie den Antrag überweisen würden, dann führen wir selbstverständlich ein Fachgespräch dazu durch. Oder wir tun es auf der Grundlage eines Selbstbefassungsantrages, wie es jetzt vorgeschlagen worden ist. Dann braucht man den Alternativantrag der Linken nicht. Den Antrag der AfD lehnen wir selbstverständlich ab.
Und ich will eines sagen für den Fall, dass wir uns miteinander für ein Fachgespräch entscheidenden. Ich komme gerade aus einer Veranstaltung der GdP unter anderem zum besagten Thema. Ich fand es sehr eindrücklich, wie in einer breiten Allianz, bestehend aus Medizinerinnen und Medizinern, die die bundesweiten Zahlen zu Verletzungen zusammengetragen haben, von Polizeigewerkschafterinnen und -gewerkschaftern - Herr Kopelke war selbst da -, von Tierschützerinnen und Tierschützern, z. B. der Jane-Goodall-Foundation, und auch von vielen anderen Beteiligten, unter anderem der Deutschen Umwelthilfe, die Fakten zusammengetragen worden sind. Ich glaube, diejenigen, die dort mitgewirkt haben, sollten wir auch beim Fachgespräch hören.
Lassen Sie uns zu einer guten Lösung kommen, die Menschenleben rettet, die Verletzungen vermeidet und die dazu führt, dass wir miteinander glücklich und friedlich in ein neues Jahr kommen, aber nicht Schaden aneinander verursachen. - Herzlichen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Striegel, es gibt eine Nachfrage von Herrn Pott. - Herr Pott, bitte schön.
Konstantin Pott (FDP):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Striegel, Sie haben ja jetzt einen Teil Ihrer Argumentationskette dahingehend aufgebaut, dass Sie gesagt haben, 60 % sind für ein Verbot von Feuerwerkskörpern. Nun habe ich zwei Fragen dazu.
Erstens. Heißt das, dass Sie grundlegend der Meinung sind, dass dann, wenn eine Mehrheit in der Bevölkerung für etwas ist, das politisch dann auch immer sofort umgesetzt werden muss?
Zweitens. Dann folgt dahingehend die Nachfrage: Im Jahr 2023 waren 65 % der Deutschen für ein Weiterführen der Kernkraftwerke. Warum haben Sie sich dann dagegen ausgesprochen?
(Beifall bei der FDP und bei der AfD - Oh! bei der AfD)
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Pott, es wird Sie nicht wundern, dass sich Umfragen nicht sofort in direkte Politik übersetzen lassen.
(Zurufe von der FDP: Ach! - Lachen bei der AfD)
- Ja, ich weiß, die AfD sieht das anders. Die möchte Parlamente abschaffen. Aber wir leben in einer repräsentativen Demokratie.
Insofern ist klar: Auch der politische Wille der Bevölkerung, wie er sich bspw. in Umfragen abbildet, muss politische Mehrheiten in Parlamenten finden oder Überzeugungskraft bei der Exekutive, wenn es um Verordnungen geht, entfalten. Daran arbeiten wir als GRÜNE.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, Sie arbeiten noch an ganz anderen Sachen!)
Deswegen habe ich die grüne Vorstellung hier vorgestellt,
(Unruhe bei der AfD)
die sich im Übrigen mit der Vorstellung einer Mehrheit der Bevölkerung hier deckt. Das ist der Weg, den wir gehen. Aber keine Umfrage übersetzt sich direkt in aktuelle Politik. Das ist aber, glaube ich, für Sie auch keine neue Erkenntnis.