Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ernstzunehmende Hinweise, dass die Auseinandersetzungen von Kindern, vor allem aber von Jugendlichen untereinander und mit Erwachsenen allgemein an Umfang und Intensität zunehmen und somit auch vor den Schulen nicht haltmachen. Wenn Heranwachsende über ein entwicklungsbedingt normales Maß hinaus aggressiv auf ihre Umgebung reagieren und zunehmend kriminelle Handlungen begehen, dann ist das ein Alarmzeichen, das die Gesellschaft aufrütteln muss.
Wir müssen uns angesichts der Probleme zunehmender Gewalt an den Schulen und auf den Schulwegen ernsthaft auf den Weg machen, dieser Entwicklung wirksam zu begegnen. Dafür haben wir im Frühjahr mit unserem Antrag „Wirksame Präventionsangebote vermeiden Jugenddelinquenz“ in der Drs. 8/2639 unser Diskussionsangebot bereits vorgelegt.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Dazu soll im Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz am 1. November ein Fachgespräch stattfinden. Wir hoffen, dass die Landesregierung und die Koalition diese Gelegenheit für konstruktive Beratungen und die Verständigung auf wirksame Maßnahmen nutzen. Was wir dabei nicht brauchen, ist der Ansatz, den uns die AfD hier liefert.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Denn für uns ist es nicht zuerst ein Thema für die Sicherheitsbehörden, sondern ein Thema der Bildungs- und Sozialpolitik.
(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
Denn Heranwachsende sind nicht einfach so gewalttätig oder sogar kriminell. Sie werden es durch die Umstände, in die sie hineingeboren werden und unter denen sie aufwachsen.
(Daniel Rausch, AfD: Soll das eine Entschuldigung sein oder was? - Sebastian Striegel, GRÜNE: Hören Sie doch einfach mal zu!)
Ihre individuellen Erfahrungen und die Lebensperspektiven, die sie daraus entwickeln, bestimmen ihr Verhalten. Will man das Verhalten verändern, muss man die Lebensumstände ändern,
(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)
und zwar vor allem frühzeitig und gezielt, und man muss vor allem frühzeitig und gezielt Orientierung und Unterstützung anbieten. Hierbei kommen der Schulsozialarbeit und der Kinder- und Jugendarbeit eine entscheidende Bedeutung zu.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Wir verkennen dabei nicht die Notwendigkeit, dass auch die Sicherheitsbehörden gefordert sind, ihre Arbeit hinsichtlich aktueller Entwicklungen zu optimieren und Prioritätensetzungen anzupassen. Wenn es in zugespitzten Situationen geboten ist, durch die Präsenz oder das Eingreifen der Polizei die Sicherheit zu gewährleisten und gewalttätige Auseinandersetzungen oder kriminelle Handlungen von Heranwachsenden zu beenden oder gar nicht erst entstehen zu lassen, dann muss dies schnell und entschieden geschehen. Gelöst werden die Probleme dadurch aber nicht.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Kontrollieren, Bewachen, Abschrecken und Wegsperren sind die immer untauglichen Antworten der AfD, die wir entschieden ablehnen.
(Zustimmung bei der LINKEN - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Nein, das ist aus DDR-Zeiten!)
Der ganze Antrag passt so komplett in das Bild der AfD.
(Zustimmung bei der AfD)
Es passt in das Bild der AfD, jedes ernste Thema zu nutzen, um mit Alarmismus die Leute auf die Barrikaden zu treiben
(Christian Hecht, AfD: Das machen Sie doch!)
und ein Zerrbild der realen Verhältnisse zu zeichnen.
(Oliver Kirchner, AfD: Ihre verfehlte Politik! - Zurufe von der AfD: Wir haben von Anfang an gesagt, was passieren wird! - Genau das tritt jetzt ein!)
Es passt in das Bild der AfD, jedes Thema daraufhin abzuklopfen, ob es sich für ein Anheizen der Migrationsdebatte eignet, und es passt in das Bild der AfD, jede Form von Unterstützung und Hilfe für die Heranwachsenden im Bereich der Schulen und der Kinder- und Jugendhilfe abzulehnen und dann Geld für einen Wachschutz zu verlangen.
(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
Um frühzeitig und besser mit wirksamen Maßnahmen reagieren zu können, sind ein verlässliches Bild und eine fachliche Analyse der tatsächlichen Entwicklungen und der Probleme erforderlich. Es wäre falsch, wegzusehen. Man darf aber auch nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.
(Christian Hecht, AfD: Spatzen, ja? - Zuruf von der AfD: Ach, Spatzen!)
Deshalb werben wir mit unserem Alternativantrag genau dafür und hoffen auf eine breite Unterstützung in allen demokratischen Fraktionen hier im Hohen Haus.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen halten wir in der Situation für zu schwach, um ihm zustimmen zu können. Gleichwohl werden wir uns der Stimme enthalten; denn dem Votum, dass das, was in Halle organisiert wurde, der richtige Weg ist, wollen wir uns selbstverständlich nicht verschließen und den allgemeinen Formulierungen in Punkt 1 auch nicht. Aber darin steckt nicht viel mehr als ein Placebo. Dazu müssen wir konkreter werden. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der LINKEN)