Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft und für die Wirtschaft in unserem Land. Ich glaube, das hat Herr Keindorf eben in seiner Einbringungsrede noch mal sehr deutlich werden lassen.
Dabei berührt er mittlerweile alle wichtigen Bereiche unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, insbesondere aber die Gesundheitsversorgung, die Kitas und nicht zuletzt das Handwerk und den Dienstleistungsbereich. Hierbei sind alle Qualifikationsbereiche gleichermaßen betroffen.
Es gilt daher, auf den zukünftigen Berufsnachwuchs einen besonderen Blick zu richten. Die Absicherung des zukünftig so dringend benötigten Fachkräftenachwuchses erfolgt im Bereich des Handwerkes und des Dienstleistungssektors vor allem durch die sich seit Jahrzehnten wirklich bewährte duale Berufsausbildung. Das ist ein System zwischen den Partnern Ausbildungsbetrieb und Berufsschule, welches auf der Welt einmalig ist und in vielen Jahren den Fachkräftenachwuchs immer sicherstellte.
An den berufsbildenden Schulen werden aktuell bis zu 22 000 Auszubildende in der dualen Berufsausbildung in den verschiedensten Ausbildungsberufen im berufstheoretischen Unterricht beschult. Allein in den vier gewerblichen Kammern waren am 31. Dezember 2022 10 000 Auszubildende registriert.
Liebe Kollegen und Kollegen! Es bedarf weiterhin großer Anstrengungen, um nicht nur das System der dualen Berufsausbildung auf einem hohen Niveau zu halten, sondern auch um dem Fachkräftebedarf gerecht zu werden. Dabei ist mir bewusst, dass dies nur im Einklang und unter Berücksichtigung der aktuellen gesellschaftlichen Erfordernisse einerseits und nur im Zusammenwirken mit allen an der Fachkräftesicherung beteiligten Akteuren andererseits gelingt.
Insoweit schließe ich die Seite der berufstheoretischen Ausbildung natürlich hierbei ausdrücklich mit ein. Dabei wissen wir selbst aufgrund der jüngsten Vergangenheit, dass Reformen in allen beruflichen Bereichen nicht mehr losgelöst von der Digitalisierung vollzogen werden können. Aber die Digitalisierung ist eben auch kein Selbstzweck. Es reicht nicht, dass sich die fortschreitende Digitalisierung lediglich auf die Zurverfügungstellung von mobilen Endgeräten ausrichtet; vielmehr müssen Konzeptionen entwickelt werden, die uns im Ergebnis die notwendige Effektivität und die messbaren Synergien infolge der fortschreitenden Digitalisierung erreichen lassen. Dies greift der Antrag mit Blick auf die Ausrichtung des berufstheoretischen Unterrichts im Zusammenhang mit der Länge der Fahrtwege bzw. der wohnortnahen Beschulung sowie der Professionalisierung unserer Lehrkräfte auf.
Herr Keindorf hat bereits das Landesmodellprojekt Blended Learning an den berufsbildenden Schulen betont. Hierbei werden bereits seit der zweiten Schuljahreshälfte des Schuljahres 2022/2023 digitale Lernformate im Distanzunterricht erprobt. An der Erprobung nehmen aktuell zwölf berufsbildende Schulen mit 13 dualen Ausbildungsberufen und einem Bildungsgang in Vollzeitunterricht teil. Angesichts der bestehenden Freiwilligkeit ist es ein erheblicher Erfolg, dass sich so viele berufsbildende Schulen für dieses Modell zur Verfügung gestellt haben.
Im Vordergrund der Erprobung steht die didaktisch-methodische sowie schulorganisatorische Umsetzung an den berufsbildenden Schulen im Land. Mit dem Ende der Erprobungsphase im Schuljahr 2025/2026 soll die Übertragung auf alle berufsqualifizierenden Bildungsgänge unter Mitwirkung aller Akteure schulkonkret und den regionalen Erfordernissen entsprechend erfolgen.
Die Synergien, die mit diesem Projekt einhergehen, spiegeln sich nicht zuletzt vor allem in den Fahrtwegen der Auszubildenden wider - das hat Herr Keindorf angesprochen ; vielmehr trägt dieses Modellprojekt auch zur kommunikativen und digitalen Kompetenz der Auszubildenden bei, die sich an einer modernen Unternehmenskommunikation ausrichtet.
Mit diesem Projekt soll aber auch die regionale Vernetzung der berufsbildenden Schulen gefestigt und ausgebaut werden. Dabei stehen die Stärkung und die Bündelung von Fachkompetenzen im Kontext der Professionalisierung unserer Lehrkräfte insbesondere im Fokus. Wir verfolgen noch immer das Ziel - das steht auch in unserem Koalitionsvertrag , regionale Kompetenzzentren zu errichten.
Leistungsfähige Standorte bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Vermittlung des oft anspruchsvollen berufstheoretischen Unterrichts. Eine wohnortnahe Beschulung kann nur im Einklang mit stabilen Standorten und damit mit dem Erhalt des derzeitigen Berufsschulnetzes vor allem im ländlichen Raum betrachtet werden.
Liebe Abgeordnete! Mir ist es besonders wichtig, dass die Schulabgängerinnen und Schulabgänger in unserem Land gehalten werden und bei uns eine Ausbildung angeboten bekommen.
In den grenznahen Regionen stehen wir mit den anderen Bundesländern natürlich immer im Wettbewerb. Daher lasse ich aktuell prüfen, welche Lösungsansätze gerade mit Blick auf diese Regionen bestehen, um die oft noch sehr jungen Erwachsenen in unserem Bundesland zu halten.
Ich lade alle an diesem Prozess beteiligten Akteure und alle Interessierten ein, Lösungsvorschläge zu unterbreiten, Unterstützungen anzubieten und darüber hinaus den Prozess gemeinsam zu begleiten, um in unserem Land ein modernes, leistungsfähiges System der dualen Berufsausbildung weiterzuentwickeln, welches zur Sicherstellung des prognostizierten Fachkräftebedarfes in unserem Land in den verschiedenen Berufsbereichen beiträgt. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)