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Plenarsitzung

Transkript

Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Die Wärmewende wird kommen. Um die Klimaziele erreichen zu können, muss sie auch kommen. Nur mit der Wärmewende werden wir in Zukunft günstig im Warmen sitzen. Deshalb ist es richtig, dass die Koalition aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart hat, dass zum 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 % auf der Basis von erneuerbaren Energien betrieben werden soll.

(Unruhe)

Genauso ist es richtig, dass sich der Koalitionsausschuss angesichts des russischen Angriffskrieges und der Folgen für den Energiemarkt im März 2022, also bereits vor einem Jahr, darauf geeinigt hat, diese Maßnahme vorzuziehen und bereits im Jahr 2024 umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Die Kernaussagen des am Dienstag veröffentlichten neuen IPCC Berichtes sind eindeutig: Die Klimakrise schreitet rascher voran als    

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Aldag, warten Sie einmal kurz. Es wäre gut, wenn diejenigen, die zuhören wollen, auch die Chance dazu hätten.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Die Kernaussagen des am Dienstag veröffentlichten neuen IPCC Berichtes sind eindeutig: Die Klimakrise schreitet rascher voran als erwartet. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C oder zumindest auf weniger als 2°C über dem vorindustriellen Niveau zu erreichen.

Das CO2 Budget für 1,5°C ist in sechs Jahren aufgebraucht. In der Pressemitteilung vom 15. März 2023 sagte der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk M.   ich zitiere  :

„Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen nun pro Jahr 6 % Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal 2 %.“

Was bisher gemacht wurde, reicht nicht. Das Umweltbundesamt hat in seiner Prognose die einzelnen Sektoren in den Blick genommen und diese anhand der im Bundes-Klimaschutzgesetz zulässigen Jahresemissionsmengen für 2022 überprüft. Bei den Gebäuden kam es im Jahr 2022 zwar zu einer Emissionsminderung um knapp 6 Millionen t CO2 Äquivalenten; trotz dieser Emissionsminderung überschreitet der Gebäudesektor, wie bereits im Vorjahr, die erlaubte Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz - ein Gesetz, das übrigens noch Schwarz-Rot beschlossen hat.

Der Gebäudebereich muss endlich liefern und mit gezielten Maßnahmen die Emissionen senken. Das beabsichtigt Robert Habeck mit seinem Vorschlag zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes,

(Marco Tullner, CDU: Das ist Murks! - Zuruf von Guido Heuer, CDU)

wobei ich anmerken möchte, dass es sich bisher lediglich um einen Arbeitsentwurf handelt.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Die Ressortabstimmungen und Behandlungen im Parlament kommen erst noch - genug Zeit, um darüber zu reden, zu debattieren und sachliche Änderungen einzubringen.

(Alexander Räuscher, CDU: Das Wahlgesetz zeigt doch, dass ihr nur Murks macht!)

Noch immer basieren 80 % der Heizsysteme auf fossilen Energien. Ab 2022 sollen deshalb neu   ich betone: neu   eingebaute Heizungen mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien betrieben werden. Es wird aber zahlreiche Ausnahmen, Übergangsregelungen und Fristen geben, um den Anforderungen der Praxis gerecht zu werden.

Robert Habeck hat es gestern nochmals deutlich gemacht: Es wird erstmals Förderungen geben, welche sich am Einkommen orientieren, also welche sozial gestaffelt sind. Ich halte das für eine gute Entscheidung.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Jeder Häuslebauer, jede Oma und jeder Opa auf dem Land werden den Umstieg auf erneuerbare Energien ermöglicht bekommen und nicht in der Kostenfalle fossiler Energien stecken bleiben.

(Unruhe)

Öl und Gas werden in den 2030er-Jahren perspektivisch teurer werden. Also ist es von Vorteil, mithilfe der Förderung in neue Systeme zu investieren.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Langfristig werden die Menschen dadurch Geld sparen.

(Zurufe von Marco Tullner, CDU, von Sandra Hietel Heuer, CDU, und von Andreas Silbersack, FDP - Weitere Zurufe: Ha, ha, ha! - Mein Gott! - Die berühmte Kugel Eis!)

- Bleibt doch ruhig! - Die Erkenntnis wird leider überdeckt durch eine öffentliche Diskussion voller Halbwahrheiten. Diese Aktuelle Debatte ist dabei leider keine Ausnahme.

(Unruhe)

Dabei lohnt es sich, einmal ganz besonnen darüber zu diskutieren, was überhaupt in dem Arbeitsentwurf steht. Der Gesetzentwurf, wie er in der derzeitigen Fassung vorliegt, enthält die Pflicht   ich sage es noch einmal  , dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Gas- und Ölheizungen können also weiter eingebaut werden, aber nur kombiniert mit erneuerbaren Energien als sogenannte Hybridheizungen. Ein Verbot, wie es auch heute immer behauptet wird, gibt es nicht.

Wer in eine neue Heizung investiert, der sollte sich gut überlegen, ob man die teure fossile Energie langfristig wirklich bezahlen will oder ob man lieber zu 100 % auf günstige erneuerbare Energien umstellt.

(Alexander Räuscher, CDU: Ha, ha, ha!)

Manche behaupten, die Inhalte wären alle neu und man könne das so nicht machen. Ich habe es bereits zu Beginn meiner Rede erwähnt: Bereits im Koalitionsvertrag steht, dass ab dem 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 % auf der Basis von erneuerbaren Energien betrieben wird. Ich wiederhole das hiermit noch einmal.

(Unruhe)

Manche sagen, der Vorschlag berücksichtige nicht ausreichend Sonderfälle. Noch einmal: Derzeit liegt ein Entwurf vor. Auf dem Weg zu einem fertigen Gesetz wird es noch viele Beratungen geben. Ich bin gespannt darauf, ob es gelingt, auf diesem Weg hierzu noch konstruktiv entsprechende Änderungen einzubringen; denn einige Mitglieder des Landtages zeigen eher eine gewisse Kreativität, sich realitätsferne Schauergeschichten auszudenken.

(Oh! bei der CDU)

Dabei wird so getan, als ob demnächst jemand kommt, um funktionierende Heizungen aus den Kellern zu reißen.

(Dr. Falko Grube, SPD: Doch!)

Das ist grober Unfug. Das ist auch nicht mit dem bereits bestehenden Gebäudeenergiegesetz von Schwarz-Rot passiert. Darin haben Horst Seehofer, Peter Altmaier und Svenja Schulze festgelegt, dass Konstanttemperaturkessel, die mit Öl oder mit Gas laufen, nach 30 Jahren ausgetauscht werden müssen. Das ist schon heute Gesetzeslage. Das ergibt durchaus Sinn; denn 30 Jahre sind ein guter Richtwert dafür, dass im Heizungskeller wieder einmal etwas gemacht werden muss. Für die Heizungen, die länger laufen, wird das neue Gesetz Härtefall , Sonderregelungen und Übergangsfristen vorsehen. Die Menschen werden also mitgenommen.

Lassen Sie mich am Ende   es kommt noch ein bisschen was   einen Blick auf die Industrie werfen. Die Fragen, ob wir bspw. überhaupt genug Wärmepumpen produzieren können und ob wir genug Leute haben, die diese einbauen, sind durchaus berechtigt. Deswegen haben Habeck und Geywitz schon im Jahr 2022 einen Wärmepumpengipfel veranstaltet. Dieser war wichtig; denn spätestens seitdem ist jedem in der Branche klar, wohin die Reise geht.

Klar, wir müssen das mit dem Fachkräftemangel auch noch in den Griff kriegen. Die großen Hersteller, wie Vaillant oder Stiebel Eltron, sagen aber, dass sie gut aufgestellt sind. Vaillant setzt nämlich, wie sämtliche Mitbewerber, voll auf die Wärmepumpe. Vaillant baut in der Slowakei eine neue Fabrik, in der pro Jahr 30 000 Wärmepumpen produziert werden können und die sogar noch erweiterbar ist.

(Unruhe)

Damit verdoppeln sie nahezu ihre Produktionskapazität.

Ich will noch eines anfügen: Der Heizungsmarkt in Deutschland boomt bereits jetzt. Im Jahr 2022 sind eine Million Heizungen neu installiert worden. Dabei ist der stärkste Anstieg bei klimafreundlichen Wärmepumpen zu verzeichnen. 236 000 Stück bedeuten ein Plus von 53 % im Vergleich zum Vorjahr.

(Tobias Rausch, AfD: Mann, Mann, Mann!)

Lassen Sie mich kurz in meine Unterlagen schauen, weil ich etwas auf die Zeit achten muss. - Auch der Geschäftsführer von Stiebel Eltron hat bestätigt, dass sie bei dem Einbauen und der Produktion von Wärmepumpen gut aufgestellt sind. Er warnt aber gleichzeitig davor, heute noch verstärkt Öl- und Gasheizungen einzubauen, weil sich die Verbraucher damit von fossilen Energieimporten abhängig machen.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Er sagt ganz deutlich: Fossile Heizungen haben keine Zukunft.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Die Debatte heute hat wieder gezeigt, dass es nach wie vor Bremser gibt, welche die Schritte, die ambitioniert, aber notwendig sind, blockieren. Beim Spatenstich zum Bau des Konverters der Südostlink-Trasse am Dienstagvormittag hat Robert Habeck in seiner Rede erwähnt, dass wir in den vergangenen Jahren zu unentschlossen waren.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lacht)

Diese Unentschlossenheit muss der Vergangenheit angehören. Wenn Deutschland will, dann kann es auch. Deshalb geht es jetzt darum, dass alle konstruktiv diesen Entwurf begleiten und nicht blockieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Aldag, es gibt mehrere Wortmeldungen. Als Erstes eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Wenn die GRÜNEN Entschlossenheit bekunden, dann müssen wir das Schlimmste befürchten. Die Sache ist die: Das, was jetzt ansteht, betrifft nur Neubauten. Die Neubautätigkeit ist zum Erliegen gekommen. Deshalb wird das nicht viele Leute interessieren. Das haben Sie clever gemacht. Aber mir geht es um etwas anderes. Mir geht es um den Eingriff in die Bestandsimmobilien. Mir geht es um die Energieeffizienz ab 2030, ab 2033, was wirklich Massen von Immobilien betrifft.

Dazu würde ich gern von Ihnen wissen, wie Sie sich das vorstellen. Da wohnt einer auf dem Land in Sachsen-Anhalt, hat ein Haus, ansonsten kein nennenswertes Vermögen. Dann kommt die Behörde und sagt: Du musst eine neue Heizung einbauen. Dann sagt er: Ich will nicht und ich kann nicht.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das stimmt nicht!)

Er macht es nicht. Er macht es einfach nicht. Dann kommen Sie und wollen ihm irgendwelche Kredite aufkündigen oder aufnötigen. Er sagt: Nein, ich bleibe dort drin. Ich will nicht umrüsten. Was machen Sie dann? Werden Sie ihn aussiedeln? Werden Sie ihn enteignen? Was ist die Idee? Sie können ihm Bußgelder aufbrummen, aber das Dumme ist: Sie könnten nicht einmal mehr das Haus zwangsversteigern, weil die Häuser nicht mehr verkauft werden dürfen, wenn sie nicht den Energieeffizienzklassen entsprechen. Wie stellen Sie es sich vor, damit umzugehen? Das würde mich einmal interessieren.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Vielen Dank für die Frage, Herr Tillschneider. Ich weiß nicht, woher Sie das haben, dass das so passieren soll. Mir ist das nicht bekannt. So, wie Sie es dargestellt haben, wird es nicht passieren - ganz einfach.

(Jan Scharfenort, AfD: Das sind dann aber die Konsequenzen! - Zuruf von der AfD: Das war ganz dünn! - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann haben wir als Nächsten     

(Unruhe)

- Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir ruhig werden würden, dann könnte Herr Lizureck seine Wortmeldung realisieren. - Bitte, Herr Lizureck.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Vielen Dank dafür. - Herr Aldag, wie nun bekannt ist, sollen Gas- und Ölheizungen den Wärmepumpen weichen. Sie wollen den Bürgern Wärmepumpen zwangsverordnen. Aber hierbei gibt es wirklich ein ganz entscheidendes Problem, das Ihnen wirklich bekannt sein muss,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Solarthermie auch! Geothermie auch!)

und zwar wird zum Betrieb der Wärmepumpen ein Kältemittel benötigt, das sogenannte F Gase enthält. Diese F Gase sind hochgradig krebserregend, machen unfruchtbar und greifen das Immunsystem an wie Ihre Spritzen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Dann sollen sie Geo- oder Solarthermie machen!)

Aus diesem Grund wird in der EU über ein Betriebsverbot nachgedacht, das schon in wenigen Jahren in Kraft treten soll. Damit wären viele der heute bestehenden und in den nächsten Monaten eingebauten Wärmepumpen nicht mehr zu betreiben.

Meine Frage ist nun: Wollten Sie diese Tatsache weiter verschweigen oder soll es irgendwann zu einer Überraschung kommen? Wann wollen Sie das den Bürgern klarmachen?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Herr Lizureck, noch einmal: Wenn Sie mir richtig zugehört hätten, dann hätten Sie es vielleicht auch verstanden.

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

Kein Mensch hat irgendwo gesagt, dass zwanghaft Wärmepumpen eingebaut werden sollen. Es gibt vielfache Systeme.

(Zurufe von der AfD: Was denn sonst? Welche denn? Was denn? - Tobias Rausch, AfD: 65 % erneuerbare Energien! Wie soll denn das gehen? So viel Biogas gibt es doch gar nicht! Sie erzählen nur dummes Zeug! - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie einmal, Herr Aldag.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Nein, Herr Präsident, wenn jemand    

(Tobias Rausch, AfD: Ihr habt keine Ahnung vom Bauen! Das ist das Problem!)

- Wenn jemand aus der eigenen Fraktion eine Frage stellt und Sie grätschen so rein, dann bin ich auch nicht bereit,

(Tobias Rausch, AfD: Ja, frei von jeder Kenntnis! Das ist das Problem!)

diese blöden Fragen zu beantworten.

(Tobias Rausch, AfD: Mensch!)


Frank Otto Lizureck (AfD):

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie die Frage nicht beantworten können.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Lizureck, warten Sie einmal. - Wir haben gerade eine Szene erlebt, die ich in den letzten Tagen immer häufiger erlebt habe. Aus der Fraktion der AfD kommt eine Frage oder Intervention, die meist in harter Kritik zum Redebeitrag steht. Wenn darauf reagiert werden soll, kommen so laute Zwischenrufe aus der eigenen Fraktion, dass gar nicht mehr darauf reagiert werden kann. Das, finde ich, ist in einer parlamentarischen Debatte unangemessen.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Geben Sie demjenigen, dem eine Frage gestellt wird oder zu dem eine Intervention erfolgt, wenigstens die Möglichkeit, in Ruhe darauf zu reagieren, und brüllen Sie ihn nicht nieder. Das wäre wirklich meine Bitte.

Jetzt gibt es noch eine Frage, Herr Aldag, und zwar von Herrn Thomas. Wollen Sie diese beantworten? - Nein. Damit sind wir am Ende des Redebeitrags angelangt.