Henriette Quade (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mitglieder des Ältestenrates wurden darüber informiert, dass es einen mündlichen Hinweis auf ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Sachsen-Anhalt und die Bundesrepublik gibt wegen der fortgesetzten Nichtbesetzung der Stelle des Datenschutzbeauftragten.
Meine Frage an die Landesregierung ist: Was können Sie uns zu dieser Information sagen und was sind die Folgen eines solchen Vertragsverletzungsverfahrens?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Robra war dabei und er kennt sich aus. - Herr Robra, bitte.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung kann dazu im Grunde genommen gar nichts sagen, was nicht auch im Gesetzblatt steht. Die Zuständigkeit für die Berufung des Datenschutzbeauftragten liegt seit Jahren in der Verantwortung des Landtages.
(Zustimmung bei der CDU)
Ich habe als Teilnehmer der Ältestenratssitzung - um das gewissermaßen auch für die Öffentlichkeit klarzustellen, damit nicht lange herumgerätselt wird - darauf hingewiesen, dass der Vorsitzende der Datenschutzkonferenz in Deutschland bei seinem Pendant bei der Europäischen Union, dem Datenschützer bei der Europäischen Kommission - wohlgemerkt: nicht die Kommission - angefragt hat, wie der Stand der Nachbesetzung der Stelle von Herrn Dr. von Bose ist, und dabei angedeutet hat, dass er sich Gedanken darüber mache, ob ein Vertragsverletzungsverfahren in Betracht kommen könnte.
Er selbst, der Datenschutzbeauftragte der Europäischen Union, hat insofern keine eigenen Zuständigkeiten, sondern wird allenfalls bei der Kommission anregen können, in dieser Sache tätig zu werden. Die Kommission würde sich, wie bei jedem Vertragsverletzungsverfahren, zunächst einmal an die Bundesrepublik Deutschland wenden müssen, gegen die sich ein etwaiges Vertragsverletzungsverfahren auch richten würde.
Wir sind nach meinem Empfinden - das sage ich jetzt in meiner Funktion als Europaminister - weit davon entfernt. Es ist noch einmal ein Weckruf von der europäischen Ebene. Auch der Ministerpräsident hatte vor geraumer Zeit schon einmal auf diese denkbaren Zusammenhänge hingewiesen. Denn wir bewegen uns ja auf der Grundlage der europäischen Richtlinien, die in Deutschland so transformiert worden sind, dass sie hier unmittelbar gelten.
Viel mehr kann ich jetzt aus der Sicht der Landesregierung nicht dazu sagen. Ich habe das volle Vertrauen in den Landtag von Sachsen-Anhalt, dass diese Frage geklärt werden wird.
(Zustimmung bei der CDU)
Henriette Quade (DIE LINKE):
Herr Minister, nun gehe ich davon aus, dass die Landesregierung ein großes Interesse daran hat, dass die Stelle des Datenschutzbeauftragten besetzt wird,
(Guido Kosmehl, FDP: Nicht nur die Landesregierung, wir alle!)
und dass sie in einem regelmäßigen Kontakt mit den regierungstragenden Fraktionen steht, die die Nichtwahl bisher immer wieder herbeigeführt haben.
(Zurufe von Guido Kosmehl, FDP, und von der CDU)
Insofern würde ich Sie bitten, erstens noch einmal die Folgen eines möglichen Vertragsverletzungsverfahrens und zweitens den Zeitplan der Landesregierung zur Besetzung der Stelle des Datenschutzbeauftragten darzustellen.
(Anne-Marie Keding, CDU: Wieso? Das ist unser Zeitplan! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Unruhe bei der CDU und bei der LINKEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ich würde Sie um Ruhe bitten. Herr Robra möchte antworten und seine Sicht der Dinge darstellen.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Wie ein Vertragsverletzungsverfahren abläuft, dürfte allgemein bekannt sein.
(Zuruf von der AfD: Nö!)
Deutschland hat schon verschiedene Stadien in Vertragsverletzungsverfahren durchlaufen. Selten ist ein Vertragsverletzungsverfahren bis zum Abschluss gediehen, der dann ja beim Europäischen Gerichtshof läge. Insofern, glaube ich, erübrigt es sich, dass ich hier allgemeine Ausführungen zum Vertragsverletzungsverfahren und seinem denkbaren Verlauf mache.
Die Landesregierung hat aber, wie der Landtag auch, ein hohes Interesse daran, dass die Behörde des Datenschutzbeauftragten in Übereinstimmung mit dem deutschen, dem europäischen und nicht zuletzt auch mit dem Landesrecht angemessen geleitet wird. Wie gesagt, der Ministerpräsident hat vor geraumer Zeit dazu auch schon einmal an den Landtag geschrieben und das zum Ausdruck gebracht. Auch insofern habe ich dem, was ich gesagt habe, nichts hinzuzufügen.
(Zustimmung bei der CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke Herr Robra. Es gibt hierzu keine weitere Nachfrage. - Aber ich habe eine Wortmeldung des Fraktionsvorsitzenden.
Guido Heuer (CDU):
Danke, Herr Präsident. - Frau Quade, ich glaube, Herr Minister Robra ist die falsche Adresse. Sie hätten die Frage an die Koalition stellen müssen.
(Eva von Angern, DIE LINKE: Das geht ja nicht in der Regierungsbefragung!)
- Ja, es ist eine Regierungsbefragung. Aber ich bin derjenige, der die Frage beantworten könnte.
(Zuruf von der LINKEN)
Und genau das mache ich jetzt. Die Koalition wird im ersten Halbjahr einen weiteren Vorschlag unterbreiten. Davon können Sie ausgehen. Eines muss ich aber auch einmal feststellen, Frau Quade: Ja, die Koalition hatte keine eigene Mehrheit; es waren 48 Stimmen. Hätten Sie allein zugestimmt, Sie persönlich, dann hätten wir schon einen Datenschutzbeauftragten.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Eva von Angern, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Als Fraktionsvorsitzende? - Bitte.
Eva von Angern (DIE LINKE):
Das ist jetzt, glaube ich, auch ein Novum, dass wir im Rahmen der Regierungsbefragung die Fraktionsvorsitzenden hören. Aber Herr Heuer, das kann ich so natürlich nicht stehen lassen. Ich habe zu jeder gescheiterten Wahl der Datenschutzbeauftragten hier im Landtag von Sachsen-Anhalt erklärt, dass meine Fraktion mehrheitlich den zur Wahl stehenden aussichtsreichsten Kandidaten unterstützt.
(Zuruf von der CDU: Ach! - Ministerin Eva Feußner lacht)
Ich erinnere mich an Pressemitteilungen, in denen es aus Ihren Reihen hieß, dass der Kandidat - der letzte war Herr C. - das vollste Vertrauen der Koalition genieße. Dass das nicht den Tatsachen entsprochen hat, hat das Wahlergebnis gezeigt. Und für das Scheitern der Datenschutzbeauftragtenwahlen sind allein Sie verantwortlich und nicht die Opposition.
(Guido Kosmehl, FDP: Nein, wir alle!)
Sie müssen sich fragen, ob Sie als Koalition die Mehrheiten dafür zustande bekommen. Sie haben bewiesen, dass Sie das nicht geschafft haben.
(Guido Kosmehl, FDP: Hören Sie damit auf, politischen Spielchen zu machen!)
- Das hat nichts mit Spielchen zu tun, Herr Kosmehl.
(Guido Kosmehl, FDP: Doch, das hat es!)
- Nein. Die Verantwortung liegt bei der Koalition.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Und eine Koalition, die die Mehrheit nicht hinbekommt, hat versagt.
(Zustimmung bei der LINKEN - Guido Kosmehl, FDP: Die Verantwortung liegt bei allen!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Nachdem wir das kurze Novum beendet haben, setzen wir unsere Regierungsbefragung fort.