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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 20

Beratung

Die Senkung der Leistungsanforderung rückgängig machen: Rückkehr zum alten Bewertungsschlüssel!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1692


Einbringer ist Herr Tillschneider, der bereits auf dem Weg nach vorn ist. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was zurzeit die Schlagzeilen beherrscht und worüber alle sprechen, ist die Vernichtung unserer Wirtschaft durch Russlandsanktionen und Klimairrsinn. Worüber weniger gesprochen wird, was in den Hintergrund tritt, was uns aber auf lange Sicht mehr schaden wird als der Klimairrsinn und die Russlandsanktionen zusammengenommen, das ist die Vernichtung unseres Bildungssystems.

Die Sanktionen ließen sich von heute auf morgen aufheben, wenn man nur wollte. Die schwachsinnige Klimapolitik ließe sich innerhalb weniger Monate umstellen. Aber der Schaden, den eine destruktive Bildungspolitik anrichtet, der bleibt.

Deutschland hat mehrmals in seiner Geschichte am Boden gelegen. Es ist aber immer wieder aufgestiegen, und zwar durch nichts anderes als durch unsere Bildung im weitesten Sinn, also durch die Expertise unserer Fachkräfte auf allen Gebieten, aber auch durch ihren Fleiß, ihren Erfindergeist, ihre Strebsamkeit und all das, was man die deutschen Tugenden nennt und was nicht nur, aber auch und vor allem die Schule beigebracht hat.

Wer Pipelines sprengt und den Außenhandel hemmt, der erreicht damit, dass unsere Wirtschaft zusammenbricht. Wer aber unser Bildungssystem vernichtet, der erreicht, dass unsere Wirtschaft nach dem Zusammenbruch nicht wieder aufgebaut werden kann. Deshalb dürfen wir - gerade in diesen Zeiten - unser Bildungssystem nicht aus dem Blick verlieren.

Äußerlich scheint dieses System in einem intakten Zustand. Es gibt nach wie vor Schulgebäude, Schulklassen, Lehrer, Prüfungen und Zeugnisse. Die Institutionen bestehen. Sie erfüllen aber nicht mehr ihre Aufgabe. Das Bildungssystem bildet kaum noch.

Der Lehrermangel, von dem alle reden, ist verglichen mit diesem Kernproblem ein vernachlässigbares Randproblem. Die herrschende Bildungspolitik diskutiert nur noch Randprobleme, während von dem Kernproblem kaum jemand redet. Eine Blindheit, an der sich die ganze existenzielle Tiefe dieser Krise ermessen lässt.

Immer, wenn wir die AfD in diesem Hohen Haus darauf hinweisen, werden wir von den Vertretern der Altparteien regelrecht verspottet. Die Lippmanns, Tullners und Feußners dieser Welt machen dann dumme Witze

(Lachen bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD)

oder sagen etwas in der Art, dass die jungen Leute heute eben andere Dinge können. Frei nach Habeck: Wir haben gar kein Bildungsdefizit. Schulabsolventen können heute nur viel schlechter lesen, rechnen und schreiben als noch vor 20 Jahren.

(Beifall bei der AfD)

Die Reaktionen der Vertreter der Altparteien für unsere Anträge sind uns mittlerweile offen gestanden herzlich egal; denn wir richten uns gar nicht so sehr an Sie, deren Ohren für Argumente der Vernunft versiegelt sind, sondern wir richten uns durch Sie hindurch an die Bürger draußen, an die Handwerksmeister, die Lehrlinge einstellen, mit denen sich nichts mehr anfangen lässt, an die Hochschullehrer, die sich Jahr für Jahr darüber wundern, dass die Erstsemester immer weniger können und sich fragen, wie lange das noch gehen soll, an die Lehrer, die sich ohnmächtig fühlen, weil sie den Abwärtstrend sehen, ihn aber - von der Politik allein gelassen - nicht aufhalten können, und schließlich auch an die aufgeweckten und leistungsbereiten Schüler, die unzufrieden sind, weil die Schule sie nicht so fordert, wie sie es gern hätten.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht)

Die Vertreter der Altparteien verdrängen diese Probleme oder ergehen sich in oberflächlicher, untauglicher Symptombekämpfung. So wird der Fachkräftemangel zwar durchaus anerkannt; anstatt aber dafür zu sorgen, dass Fachkräfte in Deutschland gebildet werden, nutzen Sie den Fachkräftemangel als billige Begründung für ihre Einwanderungspolitik, die dazu führt, dass alles nach Deutschland kommt, nur keine Fachkräfte, während sie die eigentliche Ursache des Fachkräftemangels, nämlich den Bildungsverfall, konsequent ignorieren.

(Zustimmung bei der AfD)

Jeder, der mit Schulabsolventen zu tun hat, weiß, dass das Bildungsniveau schon seit Jahrzehnten kontinuierlich abfällt. Das wird aber nicht sofort sichtbar und spürbar, weil es noch genug ältere Menschen gibt, die den Laden am Laufen halten. Der Bildungsverfall kann, wenn man sich nur Mühe gibt, ignoriert werden. Genau das tun Sie mit aller Kraft.

Ein Detail aber an dem der zunehmende Niveauverlust greifbar wird, an dem er sich schwarz auf weiß abzeichnet und woran darüber hinaus auch noch ablesbar wird, dass die Altparteien den Bildungsverfall selbst vorantreiben, ist die Absenkung des Bewertungsschlüssels, der festlegt, welcher Anteil einer maximalen Punktzahl erreicht sein muss, um eine bestimmte Zensur zu erhalten.

Dieser Bewertungsschlüssel wurde 2012 ruckartig abgesenkt. Vor 2012 gab es eine Zwei erst ab 81 von 100 Punkten. Ab 2012 reichten 75 Punkte. Eine Drei gab es vor 2012 ab 66 Punkten, ab 2012 bereits ab 60 Punkten. Diese Absenkung jeweils um sechs Punkte ist schon Ausdruck einer gewissen Noteninflation. Für weniger Leistung gibt es bessere Zensuren. Die Qualität steht zunehmend nur noch auf dem Papier.

Der eigentlich katastrophale, wirklich katastrophale Schritt aber liegt darin, dass man vor 2012 mindestens 51 von 100 Punkten erreichen musste, um eine Vier zu erhalten, um also die Prüfung mit ausreichend geradeso zu bestehen. Dieser Wert wurde 2012 um ganze elf Punkte auf 40 Punkte abgesenkt. Während man bis 2012 mindestens mehr als die Hälfte des abgeprüften Stoffes wissen musste, um die Prüfung zu bestehen - ein sinnvoller Grundgedanke  , reichen jetzt 40 %. Wer 60 % des abgefragten Stoffes nicht weiß, wer also deutlich mehr als die Hälfte, also beinahe zwei Drittel der Punkte verfehlt, der erhält trotzdem eine Vier und kommt durch. Nur 40 % des Stoffes gewusst, ist aber nicht ausreichend; nur 40 % des Stoffes gewusst, ist mangelhaft.

Das ist nur die Spitze des Eisbergs; denn was der Bewertungsschlüssel nicht erfassen kann, weil es ihm voraus liegt, ist die Vergabe der Punkte selbst. Parallel zur Verringerung der Punktzahl, die für eine bestimmte Zensur erreicht werden muss, dürfte nämlich dem herrschenden Ungeist folgend auch die Vergabe der Punkte großzügiger geworden sein. Für weniger an tatsächlicher Leistung werden mehr Punkte vergeben. In den seltensten Fällen etwa bei Mathematikaufgaben kann mechanisch korrigiert werden. Zumeist herrscht schon bei der Vergabe der Punkte ein gewisser Beurteilungsspielraum, der im Geiste von Kuschelpädagogik und Leistungsfeindlichkeit deutlich ausgeweitet wurde.

Dieses Feld entzieht sich dem Zugriff normierter Bewertungsschlüssel. Insofern ist die Wirkung der von uns geforderten Verschärfung der Maßstäbe schon eingeschränkt. Sie kann durch eine laxe Punktvergabe zumindest bis zu einem gewissen Grad unterlaufen werden. Trotz solch gegenläufiger Tendenzen aber bliebe die Rückkehr zu den Bewertungsmaßstäben, die vor 2012 gegolten haben, nicht ganz ohne Wirkung. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, der natürlich auf flankierende ergänzende Maßnahmen angewiesen ist. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf unseren Antrag, den wir vor der Sommerpause eingebracht haben, mit dem wir erreichen wollten, dass die Versetzungsmaßstäbe angehoben werden.

Es werden auch noch weitere Anträge folgen, die ganz konkret aufzeigen, was getan werden müsste, um den Niveauverlust zu bekämpfen. So werden wir im Landtag im Laufe der nächsten Monate Schritt für Schritt ein Strauß von Maßnahmen entfalten, der in der Gesamtschau einen echten Ausweg aus der Krise weist.

Wir tun das nicht, weil wir noch glauben würden, es käme der Tag, an dem Sie uns zustimmen - diesbezüglich machen wir uns mittlerweile gar keine Illusionen mehr  , sondern wir tun das, um den Bürgern draußen zu zeigen: Die ungebildete Bildungspolitik der Altparteien ist nicht alternativlos.

(Beifall bei der AfD)

Skeptiker behaupten, der von Ihnen angerichtete Schaden sei irreparabel. Dieser Niveauverlust sei nicht rückgängig zu machen. Das sei ein Ansinnen so erfolgversprechend wie der Versuch, die Zahnpasta in die Tube zurückzudrücken.

(Lachen bei der AfD)

Ich bin in dieser Frage Optimist. Durch die richtigen Akzentsetzungen, die nicht nur mechanisch wirken, sondern auch eine Botschaft vermitteln und auf die Atmosphäre an Schulen einwirken, können wir die Mängel heilen. Die Anhebung der Bewertungsschlüssel würde eben nicht nur die Bewertungsschlüssel anheben, sondern auch signalisieren: Schaut her, wir wollen, dass ihr euch anstrengt. Wir fordern mehr von euch, eure Leistung wird aber auch besser anerkannt; denn die Noten werden wieder mehr wert sein. So fügt sich dieses unser Ansinnen in eines der Grundprinzipien unserer Politik, das da lautet: Leistung muss sich wieder lohnen.

(Zustimmung bei der AfD)

Der Zug fährt in die falsche Richtung. Es wäre aber nicht zu spät, die Weichen umzustellen. Die Zustimmung zu unserem Antrag wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie werden ihm aber nicht zustimmen, sondern ihn ablehnen und damit machen sie sich mitschuldig an der kommenden Katastrophe. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)