Rüdiger Erben (SPD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Dank an die antragstellende Fraktion, die das Thema auf die Tagesordnung unserer Landtagssitzung gebracht hat. Die Fraktion Die Linke will den 8. Mai als gesetzlichen Feiertag in Sachsen-Anhalt einführen. Ihr Anliegen, nicht jedoch das Instrument des gesetzlichen Feiertages, trifft auf meine grundsätzliche Zustimmung.
(Beifall bei der SPD)
Ich will daran erinnern, dass wir über den Gedenktag vor ziemlich genau fünf Jahren hier diskutiert haben. Wenn man einen Gedenktag will, dann muss man auch einen Gedenktag beantragen und nicht einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag,
(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Dr. Katja Pähle, SPD)
um dann hier zu argumentieren: Die anderen sind gegen das Gedenken. - Das stimmt eben gerade nicht.
(Hendrik Lange, Die Linke: Wo ist denn dann der Alternativantrag dazu?)
Zum 80. Mal jährt sich in diesem Jahr der Tag der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime. Dieser von Deutschland begonnene Krieg bedeutete für Millionen von Menschen den Tod. Millionen europäischer Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Millionen verschleppter Sklaven, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Homosexuelle, politische Gefangene, Christen, Kranke und Behinderte, all jene,
(Guido Kosmehl, FDP: All das hat in der DDR keine Rolle gespielt!)
die zu der nationalsozialistischen Ideologie in Opposition standen, wurden versklavt, verfolgt und ausgelöscht. Der Antisemitismus hatte den Resonanzboden für einen bis dahin unvorstellbaren Zivilisationsbruch abgegeben.
Wir haben über Jahrzehnte eine unterschiedliche Gedenkkultur in Ost- und Westdeutschland gehabt. Erst 1985, durch die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, kam es zum Durchbruch. Es wurden nämlich die Stimmen gehört, die die deutsche Schuld und die vollständige Niederlage des eigenen Vaterlandes anerkannten.
(Beifall bei der SPD)
Ich werde das Zitat wegen der begrenzten Zeit jetzt weglassen.
In der DDR war der Tag der Befreiung eigentlich nur ein zentraler Strang der geschichtspolitischen Untermauerung der SED-Herrschaft,
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
verankert im kommunistischen Widerstand gegen das Nazi-Regime mit Bezug auf die Rolle der Sowjetunion. Der Widerstand bürgerlicher, kirchlicher sowie anderer Gruppen fand keine Erwähnung.
(Beifall bei der SPD- Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Heute begehen wir den 8. Mai als Tag der Befreiung von einem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ich werbe dafür, dass wir in unserem Feiertagsgesetz das Konstrukt des Gedenktages einführen. Wir wollten das schon einmal. Ich muss allerdings zugeben: Die Debatte hierüber hat in der letzten regulären Sitzung vor der Coronakrise stattgefunden. Danach
(Guido Kosmehl, FDP: Hattet Ihr anderes zu tun!)
wurde zugegebenermaßen über anderes diskutiert und die Wahlperiode war dann zu Ende.
Wir sind dafür offen, über die Frage des Gedenktages neu zu diskutieren. Ich glaube auch, der 8. Mai führt uns in besonderer Weise vor Augen, was Krieg für die Soldaten auf dem Schlachtfeld und die Zivilbevölkerung bedeutet. In wenigen Wochen tut er das zum 80. Mal. Mein größter Wunsch wäre es, dass spätestens an diesem Tag in Europa endlich wieder die Waffen schweigen. Das Leiden auf den Schlachtfeldern der Ukraine muss endlich beendet werden. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Erben, es gibt eine Frage, und zwar von Herrn Gallert. - Herr Gallert, bitte.
Wulf Gallert (Die Linke):
Sie haben sich jetzt mehrfach darüber beklagt, dass wir einen Feiertag haben wollen. Das haben wir alle nun verstanden. Jetzt hat Frau von Angern ausdrücklich auf die sächsische Variante hingewiesen,
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Rüdiger Erben (SPD):
Ja.
Wulf Gallert (Die Linke):
dass man daraus einen Gedenktag machen könnte. Ich meine, wenn es wirklich Ihre Intention gewesen wäre, dann hätte man in der Koalition ja einmal darüber reden können, einen Alternativantrag vorzulegen, dass das ein Gedenktag wird.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Das sehen wir jetzt aber nicht. Ich frage ich Sie, Herr Erben: Wären Sie denn dafür, einen solchen Antrag zu unterstützen?
Rüdiger Erben (SPD):
Wir haben bereits vor fünf Jahren über die grundsätzliche Einführung des Konstruktes eines Gedenktages in unser Feiertagsrecht diskutiert.
(Zuruf von Eva von Angern, Die Linke)
Erstens. Wir haben dieses Konstrukt im Unterschied zu anderen Feiertagsgesetzen anderer Länder gar nicht. Ich halte es für sinnvoll, das zu machen. Das habe ich an dieser Stelle vor fünf Jahren - ich glaube, es war im Februar 2020 - auch schon gesagt.
Zweitens. Der Antrag, den Die Linken diesmal eingebracht haben, ist einen entscheidenden Tick schärfer gewesen als der vor fünf Jahren, er zielt nämlich auf einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag in Sachsen-Anhalt ab.
(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)
Die Linken haben sich weiter in der Schärfe ihrer Forderungen von dem damaligen Antrag wegbewegt. Wir sind damals nicht einmal hinsichtlich eines Gedenktages zueinandergekommen. Weswegen sollten wir also einen solchen Antrag als Alternativantrag stellen? Ich sage aber auch - dabei geht die Zustimmung weit über die Fraktion der SPD hinaus -:
(Guido Kosmehl, FDP: Nein!)
Ein Gedenktag ist eine gute Lösung, um in Sachsen-Anhalt dem 8. Mai zu gedenken.