Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Matthias Lieschke (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! In einem Punkt dürften wir uns alle einig sein: Es bleibt viel zu tun, um allen jungen Menschen eine zukunftsfähige und attraktive Ausbildungsperspektive bieten zu können. Doch dass die Koalitionsfraktionen erst jetzt aktiv werden, um die Berufsschulausbildung zu verbessern, wundert mich sehr.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das ist ja nichts Neues!) 

Zu Ihren Punkten 1 und 2 möchte ich Folgendes sagen: Den Vorstoß, dass die Berufsausbildung wieder attraktiver werden muss, lieferten wir, die AfD, bereits im vergangenen Jahr mit unserem Antrag zum Pilotprojekt. Wir forderten eine Konzentrierung der Berufsbildförderung und Berufsfindung auf genau eine Stelle, damit dieses zerstückelte System, in welchem kaum jemand alle Ansprechpartner kennt, nun endlich aufhört.

Seit der Veröffentlichung der IHK-Azubi-Umfrage im Mai des letzten Jahres dürfte der Koalition zudem bekannt sein, dass Lehrlinge in Sachsen-Anhalt immer länger zur Berufsschule brauchen. 

Im Bereich der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau lag der Anteil der Azubis, die länger als eine Stunde zur Berufsschule fahren, im Jahr 2021 bei 40 %. Im Vergleich dazu lag der Wert im Jahr 2019 nur bei 16 %. Wir haben uns hierbei also massiv verschlechtert.

Wie aus der Pressemeldung des MDR hervorgeht, sah das Land trotz dieser dramatischen Entwicklung zum Zeitpunkt des Vorjahres keinerlei Handlungsbedarf. Vermutlich haben nun die acht Schritte zu einer attraktiveren Ausbildung in der Berufsschule, die kürzlich von den vier gewerblichen Kammern im Land veröffentlicht wurden, dazu beigetragen, dass endlich Schwung in die Sache kommt. Schade, dass die Ministerien das nicht allein herausfinden können oder auch einmal von allein handeln, sondern den Input von außen benötigen. Aber sei es drum, besser spät als nie.

Schaut man sich die Berufsschulstandortanalyse aus dem Jahr 2018 an, so haben sich die Wege zur Berufsschule massiv verlängert. Der Hauptgeschäftsführer der federführenden Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau sagte - ich zitiere  : 

„Auf alle sachsen-anhaltischen Azubis hochgerechnet ergibt sich pro Schultag eine Strecke von mehr als 1 Million km - allein für die Anfahrt!“ 

Allein an dieser Zahl wird deutlich, dass die Aktivität der Lehre massiv leidet. Um in Zukunft genügend Nachwuchs zu finden, ist es unausweichlich, eine wohnortnahe Beschulung zu gewährleisten. Wir dürfen eben nicht alle Lehrlinge zur Berufsausbildung nach Halle schicken, sondern wir brauchen regionale Standorte.

(Zustimmung von Lothar Waehler, AfD)

Laut Medienberichten ist in Sachsen-Anhalt erstmals ein Modellprojekt für den Hybridunterricht an Berufsschulen geplant. Das ist vielleicht eine nette Idee, um für die Azubis die Wege zur Berufsschule zu verkürzen, aber es ist aus meiner Sicht eher Ihre Notlösung, um den Lehrermangel, und zwar den von Ihnen verursachten Lehrermangel, endlich in den Griff zu bekommen und für eine ordnungsgemäße Ausbildung zu sorgen. Es gibt viel tiefer sitzende und grundsätzliche Probleme, die zunächst in den Griff zu bekommen sind.

Eigentlich hätte ich erwartet, dass Sie in Ihrem Antrag eine konkrete Strategie vorlegen, wie die wohnortnahe Beschulung schrittweise umgesetzt werden soll. Wie wäre es damit gewesen zu sagen: Wir fordern, dass alle jetzigen Standorte der Berufsausbildung erhalten werden? Stattdessen werden möglicherweise noch Standorte geschlossen.

Richtig und wichtig bleibt die Beschulung vor Ort, um Auszubildende für die künftige Arbeitswelt optimal vorzubereiten, um Kompetenzen zu fördern und um die regionale Ausbildung nun endlich voranzubringen.

Ich habe ein Beispiel aus der Praxis. Ich habe letztens an einer Innungsversammlung teilgenommen. Dort habe ich den Silbernen Meisterbrief zum 25-jährigen Meisterjubiläum bekommen. Am Rande dieses Treffens musste ich feststellen, dass die Kfz-Mechanikerklasse in der Berufsschule in Wittenberg nicht mehr beschult werden kann, weil keine Lehrer vorhanden sind. Die Wittenberger Azubis fahren jetzt nach Dessau. 

Nun mussten wir feststellen - ich habe jemanden gehabt, der diesen Job gern übernehmen würde, einen Quereinsteiger  , als wir danach gesucht haben, wo man sich bewerben kann - wir haben beim Landesschulamt gesucht  , dass man auf 80 Seiten unheimlich viele offene Stellen findet, aber die offene Stelle dort nicht zu finden gewesen ist, genauso wenig wie bei der Berufsschule selbst. Das heißt, wenn wir schon einen Lehrermangel haben, dann erwarte ich doch, dass zumindest die Stellenausschreibungen ordnungsgemäß sichtbar sind, damit wir die Leute wieder regional beschulen können. Das sind die ersten Grundlagen, die definitiv fehlen. Damit müssen Sie anfangen und nicht weitere Projekte starten. In meinen Augen erst einmal das Erste beenden.

(Zustimmung von Lothar Waehler, AfD)

Zu den Punkten 3 und 4 möchte ich sagen: Hierin sehe ich eher Prüfaufträge. Ehe irgendwelche Ergebnisse vorliegen oder das wirklich umgesetzt worden ist, wird sehr viel Wasser die Elbe hinunterlaufen. Aus diesen Gründen, weil darin keine konkreten Forderungen sind, können wir uns im Moment zu Ihrem Antrag nur der Stimme enthalten. Wir hätten gern zugestimmt. Dann hätten Sie aber wirklich konkreter sein müssen in dem, was Sie genau fordern. Das fehlt uns hierin. 

Nicht zu vergessen ist natürlich, dass Sie mit diesem Antrag zwar schön dastehen, aber Sie selbst, speziell die CDU, diesen Mangel über Jahre verursacht haben.

(Beifall bei der AfD)