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Plenarsitzung

Transkript

Jörg Bernstein (FDP):

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über den Antrag der Fraktion DIE LINKE zu einem Rettungsschirm für Schulen in Sachsen-Anhalt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der antragstellenden Fraktion, sicherlich können wir heute feststellen, dass die Unterrichtsversorgung in öffentlichen Schulen beständig sinkt; dieses Problem dürfte auch für die Schulen in freier Trägerschaft aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs um die knappe Ressource Lehrkräfte ähnlich bestehen. Dass die gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Perspektiven des Landes dadurch nachhaltig beeinträchtigt werden und dass der Lehrkräftemangel auf massiven Fehlprognosen der Vergangenheit beruht - diesbezüglich darf ich mich als Mitglied der FDP-Fraktion einmal ausnehmen; wir waren es nicht  , stehen wir uns selbstverständlich auch in der Pflicht, alles tun, um diesem aktuellen Trend entgegenzuwirken.

Abschließend möchte ich sagen, dass es mittelfristig schwierig sein dürfte, alle Stellen zu besetzen. Das kann man sicherlich alles feststellen, nur würde sich an der Gesamtsituation nichts ändern. Dieser Umstand ist allen bekannt und bedarf keiner erneuten Feststellung.

Es wurde bereits gesagt: Auch eine pauschale Ausweitung der Kapazitäten der Lehramtsausbildung würde an dieser Situation aus meiner Sicht nichts ändern, solange es an motivierten Bewerberinnen und Bewerbern um diese Studienplätze mangelt. Das ist mein ganz persönlicher Eindruck. Hier müssen wir auf jeden Fall das gesellschaftliche Ansehen des Lehrerberufs stärken, wenn man sicherlich auch aufgrund der coronabedingten Maßnahmen an den Schulen zugestehen muss, dass viele Menschen begriffen haben, welchen verantwortungsvollen Beruf Lehrerinnen und Lehrer ausüben.

Wir brauchen junge Menschen, die diesen Beruf aus voller Überzeugung wählen und nicht nur als Plan-B-Option ergreifen wollen. Dafür ist es ganz besonders wichtig, in den Schulen auch Lehrer zu haben, die ihren Beruf lieben - die meisten Kollegen tun das auch - und mit ihrer positiven Vorbildrolle junge Leute dazu motivieren, ein solchen Beruf zu ergreifen.

Unter Umständen ist es in der Lehrerausbildung vielleicht auch angezeigt, eventuell neue Wege zu gehen, also die eingefahrenen Wege zu verlassen. Die Hochschule Anhalt hat hierzu mit ihrem Konzept Lerncampus Bauhaus interessante Ansätze formuliert, die aus meiner Sicht eine wohlwollende Auseinandersetzung und Diskussion verdient haben. Künftige Lehrkräfte sollen dort auf die gleiche Art und Weise lernen, wie Schülerinnen und Schüler in der Schule der Zukunft lernen sollen, ja müssen, gemäß eigener Lernzieldefinition und eigenem Lerntempo. Das ist ein aus meiner Sicht überdenkenswerter Ansatz, nicht nur, weil ich Dessau-Roßlauer bin.

(Zuruf)

- Ja, sehr schön, Kollegin Schneider. - Gewiss kann auch der Einsatz zusätzlicher pädagogischer Fach- und Hilfskräfte zu einer Entspannung beitragen. Aber genau das wird zum Beispiel mit den Maßnahmen des heute beschlossenen Sondervermögens auch ermöglicht. Danach ist es zum Beispiel möglich, gemeinsamen Unterricht via Livestream unter Aufsicht pädagogischer Mitarbeiter durchzuführen. Es soll ja nicht so sein, dass die Schüler vor dem Bildschirm geparkt werden und völlig ohne Aufsicht sind. Dazu haben Sie, Kollege Lippmann, aber erklärt, wenn ich mich recht erinnere, dass das eine Bankrotterklärung des Bildungssystems wäre. - Das war ein kleiner Einwurf, denn es hat niemand davon geredet, dass man nun grundsätzlich diese Art von Unterricht durchführen soll. Es wäre aber zumindest ein Ansatz.

Eines muss bei diesen zusätzlichen Mitarbeitern, die quasi, ich will jetzt nicht sagen, Hilfstätigkeiten ausführen, aber zumindest Unterstützungstätigkeiten leisten, klar sein: Der Einsatz des zusätzlichen Personals wird dann aber auch zu einem Wegfall von Anrechnungsstunden für besondere Belastungen führen müssen. Wenn der Digitalassistent die Pflege der schulischen Webseite und der Lernplattform übernimmt, sind die gewonnenen Stunden der Unterrichtsversorgung zuzuführen. Auch an dieser Stelle gehört es zur Wahrheit, dass die Besetzung der soeben angesprochenen Stellen eine enorme Herausforderung sein wird; denn auch hier werden Bewerberinnen und Bewerber, wie aktuell in sämtlichen Bereichen unserer Wirtschaft, nicht unbedingt Schlange stehen.

Überhaupt ist zur Lösung der Probleme mit der Unterrichtsversorgung Kreativität gefragt. Ich denke hierbei zum Beispiel an Modelle der Zeitplanung, wie sie uns kürzlich von einer engagierten und motivierten Gesamtschulleiterin vorgestellt wurde. Frau Ministerin hatte auch schon das Konzept der Arbeitszeitkonten vorgestellt. Wir als FDP-Fraktion arbeiten hierzu konzentriert an eigenen Vorstellungen zu solchen neuen Arbeitszeitmodellen, die ergänzend zur aktuell gültigen Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte und den Flexi-Erlass ihre Wirkung entfalten sollen.

Es sollte doch in einem partnerschaftlichen Dialog mit Lehrkräften, Personalvertretungen und den zuständigen Ministerien möglich sein, Flexibilität bei der Arbeitszeit über die aufeinanderfolgenden Schuljahre hinaus zu ermöglichen. Lassen Sie uns also an echten Vorschlägen für ein echtes Lebensarbeitszeitkonto arbeiten.

(Zustimmung)

Ich denke auch, dass sich der Finanzminister mit diesem Gedanken freundlich befassen wird, weil unsere Vorstellungen dazu gar nicht so sehr in die Richtung gehen, dass quasi ein fiskalisches Damoklesschwert über dem Haushalt schwebt. Vielmehr zeigt meine persönliche Erfahrung, dass für einen Lehrer nicht so sehr der monetäre Anreiz besteht, Mehrarbeit zu leisten, sondern eher der Anreiz, dass dann in seiner Freizeitgestaltung und Lebenszeitplanung gegebenenfalls mehr Flexibilität möglich wäre.

Ein Gedanke geht mir schon seit einiger Zeit durch den Kopf. Warum soll es nicht möglich sein, dass man als Abgeordneter mit pädagogischer Ausbildung für einen gewissen Stundenumfang als Vertretungslehrkraft zur Verfügung stehen sollte?

(Lachen und Zurufe)

Für die Schulverwaltung wäre es kostenneutral und selbst würde man den Praxisbezug nicht verlieren.

(Unruhe)

Ich jedenfalls stehe auf jeden Fall für den Einsatz zur Verfügung

(Zustimmung)

und würde mich freuen, wenn Pädagoginnen und Pädagogen unter uns wären, die es mir gleichtun würden.

(Unruhe)

Zurück zum Antrag: Er ist aus der Sicht der FDP-Fraktion nicht zielführend. Wir werden ihn deshalb ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)